Kältezeit schrieb:"Warum Mädel, verhütest du dann nicht anständig?!"
Zur Verhütung gehören beide Parteien (oder auch mehr als zwei) und allein die Tatsache, dass einige Männer grundsätzlich davon ausgehen, dass man als Frau schon die Pille nehmen wird, ist einfach lächerlich. Dann gibt es noch allgemeine Unwissenheit, denn – Religion sei Dank – Aufklärungsarbeit an Schulen wird noch immer scharf kritisiert. Selbst wenn Lehrer oder geschultes Personal wollten; sie könnte gar nicht so, wie es vielleicht angebracht wäre. Ich persönlich kann mich an die sechste Klasse erinnern, als Mädchen und Jungen getrennt wurden. Uns hat man über die Periode aufgeklärt, die Jungen über feuchte Träume und warum man mit einer Erektion nicht gleich zum Arzt rennen muss. Später in der Oberstufe haben wir uns genauer mit der Evolution und Fortpflanzung von Säugetieren befasst, aber eben aus rein wissenschaftlicher Sicht und sehr verallgemeinert. Niemand hat uns über Verhütung aufgeklärt. Uns wurde gesagt, dass Verhütung wichtig ist, wir haben beim Anblick der Kondompackung im Supermarkt natürlich wie blöde gekichert, aber niemand hat uns die richtige Anwendung aufgezeigt. Niemand hat uns von der Pille, der Spirale, Hormonen oder anderen Dingen erzählt. Als das erste Mädchen in unserer Stufe sexuell aktiv wurde, haben wir sie ausgequetscht und bis man sich überwindet auch mal zum Frauenarzt zu gehen... Wenn es etwas gibt, an das ich mich für immer erinnern werde, dann ist es meine ehemalige Deutschlehrerin, die eines unserer Gespräche aufgeschnappt hatte (Freund will kein Kondom benutzen, weil das zu eng ist) und am nächsten Tag mit einem Gummi zu uns kam, sich das bis hoch zum Ellbogen gezogen hat und uns aufgezeigt hat, was für ein Bullshit diese Ausrede doch ist. Ich bin jetzt zwanzig und der Gedanke, dass es wohl vielen in meinem Alter ähnlich ergangen ist, liegt da recht nahe. Ich meine, ich habe erst vor ein paar Monaten herausgefunden, dass es auch ein Kondom für Frauen gibt – kein Arzt hat mir je davon erzählt. Das Problem ist einfach, dass wir als Gesellschaft keinen Bock auf Aufklärung haben. Anstatt hier also die Schuld bei Mädchen und Frauen abzuladen, sollte man mal über die vielen Hindernisse nachdenken, die einem als interessierte Person das Leben schwer machen.
AgathaChristo schrieb:Aber ich kenne nun genügend, meist junge Mädchen, die sich mit Hanz und Kunz abgeben, keine Verhütung nehmen und sich dann wundern, wenn sie schwanger werden.
Wo genau treiben sich die Leute denn immer herum? Beobachtet ihr jeden Tag ein halbes Dutzend Schülerinnen? Fragt ihr sie nach ihrem Sexualleben? Wie jung ist jung? Wo trefft ihr die? Und was noch viel wichtiger ist: Versucht ihr dann auch, diesen Mädchen zu helfen?
Kältezeit schrieb:1. Den Mann darüber überhaupt informierten bzw. in die Entscheidungsfindung mit eingebunden haben und
2. Ob danach Konsequenzen erfolgten. Doppelte Verhütung, Verhütungsmethodenwechsel, etc.
3. Ob eher ein schlechtes Gewissen überwiegt oder man voll und ganz hinter seiner Entscheidung steht.
1. Nope, da es eine Vergewaltigung war (fünf Jahre Haft, sollte sich jemand mit dem Strafrecht auskennen wird er wissen, was das bedeutet) habe ich mich lediglich bei meinem Anwalt erkundigt, ob es auch nur ansatzweise Probleme geben könnte. Zumal ich damals knapp achtzehn, er aber bereits volljährig war. Damals habe ich auch erfahren dass ich – hätte ich die Schwangerschaft durchgezogen – an den „Vater“ gebunden gewesen wäre, da er seine „Rechte“ hätte einklagen können. In DE werden die einem nämlich nicht so konsequent abgesprochen wie z.B. in den USA. Selbst bei einer Adoption hätte er sich – nach seiner Entlassung – bei den neuen Eltern melden dürfen.
2. Nö. Warum auch?
3. Ich stehe voll hinter meiner Entscheidung und würde es unter diesen Umständen auch wieder tun. Ganz abgesehen davon, dass ich zum damaligen Zeitpunkt niemals auf die Idee gekommen wäre Mutter zu spielen (Teenie-Eltern haben es so schon schwer, Alleinerziehende erfahren leider wenig bis gar keine Unterstützung), habe ich mir sehr viel Zeit für meine Entscheidung genommen (bis zur zwölften Woche, war also auch ein größerer Eingriff). Ich habe mir damals sehr von den Geburtsfanatikern reinreden lassen und festgestellt, dass es ihnen nicht um mich – die „werdende Mutter“ - ging und dass sich auch niemand für meine Gesundheit, meine Wünsche und Pläne interessiert hat. Das hatte zur Folge, dass ich das Thema Abtreibung zu „meinem“ Thema gemacht habe und den Terrorismus der Gegenseite eben als solchen adressiere.