Intemporal schrieb:Das ist der Punkt, der mich an diesen 'Pro-Life'-People stört. Die Situation und die damit einhergehenden Gefühle und Wünsche der Frau wird einfach nur auf die Tatsache reduziert, dass etwas in ihr heranwächst und dementsprechend behandelt. Was in ihr vorgeht, ihre Pläne, ihre Wünsche und Gefühle werden konsequent ignoriert. Ihre Unsicherheit wird dahingehend ausgenutzt, ihr deutlich einzutrichtern, dass sie gar keine andere Wahl hat, als das Ungeborene auszutragen. Was es anschließend mit ihr macht und inwiefern ihr Leben dadurch beeinflusst wird, spielt keine Rolle.
Diese ganze Gruppierung mauert bei dem Thema. Was mich aber größtenteils an ihnen stört ist auch diese Arroganz und dass sie sich in Angelegenheiten einmischen, die sie in keinster Weise betreffen. Leider meint man als verblendete Person dann von Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen. Dass es eigentlich Belästigung ist, will niemand hören.
Kältezeit schrieb:Ich habe übrigens öfters hier erwähnt, dass ich Vergewaltigungsopfer oder Frauen, die aus medizinischen Gründen abtreiben, in meiner Argumentation außen vor lasse. Es ändert nichts am Prozess der Abtreibung an sich, aber die Beweggründe sind nachvollziehbar
Dazu passt eigentlich der gesamte Beitrag von FF aber besonders dieser Absatz:
FF schrieb:In solchen Dingen salopp auf die Umgangssprache zu verweisen, funktioniert nicht, denn der Begriff enthält eben jene Verurteilung zum schwersten Verbrechen, da bräuchte es dann gar keine Diskussion mehr. Wenn man von "Mord" oder "Massenmord" spricht, kann es überhaupt keine Begründung für einen Schwangerschaftsabbruch geben. Wie ich aber bereits auch schon hinwies, wäre dann aber die Ausnahme, die die meisten machen (Schwangerschaft durch Vergewaltigung darf abgebrochen werden), auch hinfällig. Mord bleibt Mord, das Leben kann ja nichts für die Umstände der Entstehung.
Aber da trifft man auf eine weithin verbreitete Doppelmoral: Als ein mir bekanntes Paar ein Kind adoptieren wollte und den Freunden erzählten, dass sie auch ein Kind aus problematischen Umständen oder eines, das bei einer Vergewaltigung entstanden sei adoptieren würden, da reagierten viele verständnislos bis entsetzt. Das Kind habe doch auch das Erbgut vom Vater!!!
Für solche Kinder hat man dann doch kein Herz.
Seitdem betrachte ich solches Moralisieren mit sehr viel Skepsis.
Entweder man ist der (ganz offensichtlich falschen) Meinung, dass Abtreibung Mord ist, alle Befürworter Teil der geheimen Massenmordverschwörung sind und jeder der sich nicht dagegen ausspricht, ebenfalls Unterstützer ist, oder nicht. Da gibt es keine Grauzone. Man pickt sich nicht die Teile heraus, die einem gefallen, denn genau da hört es dann auch mit der Logik auf. Ich kann einfach überhaupt nicht nachvollziehen, wie man nicht Pro-Choice sein kann. Pro-Choice ist Pro-Schwangerschaft – solange Frau das will. Pro-Choice ist Pro-Adoption – solange Frau das will. Pro-Choice ist Pro-Abtreibung – solange Frau das will. Pro-Choice ist Pro-Wahlmöglichkeit, während Pro-Life* ganz klar diktiert „Du tust was ich dir sage, egal ob dir das gefällt oder nicht, ob es dir schadet oder nicht, ob ich dich damit in den Suizid treibe oder nicht. Ich sage, was dein Körper zu tun und zu lassen hat“
Man wird auch keine Frau finden, die mehrmals abreibt, weil sie keine Lust auf Verhütung hat. Damit sind Kosten verbunden, die nicht zwangsläufig von der Krankenkasse übernommen werden müssen – schon gar nicht, wenn sich diese Eingriffe häufen. Damit ist Seelsorge verbunden. Vor- und Nachbesprechungen. In vielen Fällen auch eine Anreise, die in keinem Fall bezahlt wird. Und natürlich der Hass der Gesellschaft. Wenn sich also jemand hinstellt und behauptet, dass er gaaaanz viele junge Frauen kennt, die einfach mal so abtreiben, dann ist das eine Lüge, aber sicher gute Propaganda.
Ich kenne durchaus Frauen, die ihre Geschichte „stolz“ erzählen, aber das muss man. Wer weder Selbstbewusstsein noch Gleichgültigkeit vortäuschen kann, der wird zerfetzt und genau daran sollte man mal denken, wenn man glaubt eine Frau vor sich zu haben, die „ganz locker“ davon erzählt. Frauen denen das überhaupt nichts aus macht/die sich keine Gedanken gemacht haben, gibt es nicht. Manche nehmen sich ein paar Tage Zeit und haben dann damit abgeschlossen – die gibt es, ja. Andere brauchen Wochen, Monate, manchmal auch Jahre. Schon allein die Frage „Hast du dir das damals denn überhaupt richtig überlegt?“ ist blanker Hohn. Ich behaupte nicht, dass es nicht auch Frauen gibt, die es mit der Verhütung zu locker sehen, aber ich kann ganz klar sagen, dass ich da kein Mitsprachrecht habe.
FF schrieb:Wenn man für die Entscheidungsfreiheit ist und nicht grundsätzlich gegen Abtreibung, dann verteidigt man das natürlich - aber man verteidigt nicht Mord, weil man eine frühe Abtreibung eben nicht als Mord betrachtet.
*Pro-Life/Geburtsfanatiker/Abtreibungsgegner machen gerne falsche Anschuldigungen, obwohl ganz klar ist, dass sie die Morde und Anschläge begehen:
Wikipedia: Anti-abortion violenceIch meine:
"August 1982: Three men identifying as the Army of God kidnapped Hector Zevallos (a doctor and clinic owner) and his wife, Rosalee Jean, holding them for eight days."Ihr habt eine ganze Wiki-Kategorie. Pro-Life entführt Menschen, tötet sie, verletzt sie, zündet Bomben, greift zu gefährlichen Chemikalien - wo genau wird denn da das "Life" vertreten? Da hilft auch kein „Ach, sind ja gar nicht alle die so denken/Na dafür stehe ich natürlich nicht ein/Das ist nur ein kleiner Teil“. Wer Pro-Life ist, der ist leider auch Teil einer sehr brutalen Gruppe, die offenbar keinen Respekt vor dem Leben hat.