Justsaying schrieb:Mit dem Brief sind zudem neue Informationen an die Oeffentlichkeit gelangt. Vielleicht erinnert sich ja jemand an ein Auto (ob Renault oder Ford), bei dem sich zum Zeitpunkt des Mordes von CW die Beifahrertuer von innen nicht oeffnen liess und kann der Polizei hier einen hilfreichen Tipp geben.
Die Extrem unterschiedlichen Beschreibungen des Täterfahrzeugs gehören für mich zu den größten Ungereimtheiten in diesem Fall.
Da sind auf der einen Seite die Schilderungen der Zeigen aus dem Jahr 1979, die ein hellfarbenes Auto -favorisiert wird hier ein Renault 6- in Rheinbach gesehen haben wollen.
Auf der anderen Seite sind da die „Assoziationen“ des anonymen Briefautors, der aus den angeblichen Angaben eines sterbenden Verwandten auf einen Ford (Granada oder Taunus) schließt.
Besonders intensiv wahrgenommen hat an dem Tattag eine Mitschülerin von Claudia Wilbert den Wagen des mutmaßlichen Täters. Sie wurde auf dem Nachhauseweg vom Pkw des Mannes verfolgt und mehrmals überholt, bevor sie sich in das Elternhaus retten konnte.
Sie konnte der Polizei detaillierte Hinweise geben, weil sie das Auto wohl von vorne, von hinten und von der Seite sehen konnte. Eine halbe Stunde nach diesem Zwischenfall wurde dann Claudia Wilbert in unmittelbarer Nähe von einem jungen Mann in ein hellfarbenes Auto gezerrt und entführt.
Die Polizei geht davon aus, dass in den beiden Fällen der Täter und der Wagen identisch waren.
Zwar konnte der Fahrzeugtyp nie eindeutig identifiziert werden, doch fasste die Polizei in einem Fahndungsaufruf des Bundeskriminalamtes von September 2024 die Zeugenaussagen so zusammen, dass das Tatauto „einem Renault 6 ähnlich war“.
Es verfügte demnach unter anderem über ein schräges Heck, einen waagerecht verlaufenden Kühlergrill, abgesetzte kleine Fenster an den Seiten und senkrecht übereinander liegende Rücklichter.
Neben dem bevorzugten Modell R 6 mochte die Polizei jedoch auch einen Opel Kadett, einen Peugeot 104 und einen VW Golf nicht gänzlich als Täterfahrzeug ausschließen.
So heißt es denn auch in einem Bericht des „Express“ vom 1.11. 2012, nach dem Überfall auf Claudia Wilbert habe die Polizei Hunderte hellfarbener Renault und Opel mit Euskirchner Kennzeichen überprüft.
Von einem Ford (Granada oder Taunus) war jedoch nie die Rede - bis der anonyme Briefautor diese Fahrzeugtypen ins Spiel brachte.
Nach meinem Wissen haben die Ermittler die Aussagen der Zeugen nie bezweifelt. Warum auch? Sie waren am Tatabend unmittelbar vor Ort und wurden entweder vom vermeintlichen Täter mit dessen Wagen verfolgt oder mussten mit ansehen, wie der Täter Claudia Wilbert in sein Auto verfrachtete und flüchtete.
Dass dies offenbar gegen den Willen der 17-Jährigen geschah, konnte ein Spaziergänger auch daraus schlussfolgern, dass die Handtasche der jungen Frau am Tatort liegenblieb. Welche Frau lässt schon ihre Handtasche am Weg zurück, wenn sie unter normalen Umständen zu jemandem ins Auto steigt?
Mithin: Die Zeugenangaben waren plausibel, auch wenn sie nicht völlig detailscharf waren (exakter Fahrzeugtyp, kein volles Kennzeichen erkannt).
Dem stehen die Aussagen des anonymen Schreibers gegenüber. Er beruft sich ja auf Angaben aus zweiter Hand, aber seine Schilderungen könnten auch insgesamt erfunden sein - aus welchem Grund auch immer.
Ich bin mir sicher, dass die Polizei akribisch alle Behauptungen und Mutmaßungen in dem Brief überprüft hat. Dazu gehörte bestimmt auch ein Abgleich seine Angaben und denen der Zeugen zum Fahrzeugtyp.
Mir ist bei einer schnellen Durchsicht alter Fordmodelle zum Beispiel aufgefallen, dass der Granada damals offenbar nicht über abgesetzte kleine Fenster an den Seiten verfügte. Und ob die Beschreibung der Rückleuchten zu einem Taunus passt, wage ich auch zu bezweifeln.
Vielleicht hat die Polizei also ermitteln können, dass die Hinweise des anonymen Autors zu dem Tatfahrzeug objektiv nicht stimmen können. Womöglich hat dies mit dazu beigetragen, Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit insgesamt zu nähren und nach seiner ausbleibenden Rückmeldung mit dem anonymen Brief in die Offensive zu gehen.