Falls noch jemand Interesse hat, diesen alten thread wiederzubeleben, hier ein paar Bemerkungen. Ich habe mir erst einmal den kompletten thread durchgelesen, aber festgestellt, dass ein paar Dinge von Anfang an nicht ganz exakt dargestellt wurden.
Beginnen wir mal mit den genannten Örtlichkeiten. Der Auffindeort der Leiche an der Rienz liegt zwischen Ehrenburg (Casteldarne) und Bruneck (Brunico), das ist östlich von Kiens (Chienes - Ich benutze fortan der Einfachheit halber nur die deutschen Ortsnamen).
Nun wird im thread immer wieder gesagt, Ulrike sei in Ehrenburg in ein Cafe gegangen, und es wird spekuliert, ob sie in Ehrenburg aus dem Zug gestiegen sei. Ehrenburg liegt an der Strecke der Pustertalbahn zwischen Franzensfeste (Fortezza) und Bruneck. Franzensfeste wiederum liegt an der Hauptstrecke von Deutschland und Tirol nach Venetien, der Strecke Innsbruck-Verona.
Folgt man aber der XY Sendung, und zwar nicht der filmischen Darstellung, sondern der Zusammenfassung durch den Major des Landesgendarmeriekommandos Steiermark, dann betont dieser, dass Ulrike in
Kiens das Cafe aufgesucht hat.
Warum ist dies ein wichtiger Unterschied? Weil Kiens keinen Bahnhof hat! Vom Bahnhof in Ehrenburg sind es etwas über einen Kilometer zurück nach Westen bis nach Kiens.
Umgekehrt ist aber bereits festgestellt, dass der Bahnhof in Ehrenburg im Ortszentrum liegt, und nicht an der Staatsstrasse von Brixen (Bressanone) nach Bruneck.
Es gibt auch in der Umgebung des Bahnhofs Hotels mit Restaurants.
Wenn Ulrike also warum auch immer in Ehrenburg den Zug verlassen hat, macht es eigentlich keinen Sinn, dass sie bis nach Kiens zurück läuft, um etwas zu Essen zu erwerben (Ehrenburg ist auch weit grösser als Kiens) und auch keinen Sinn, wenn sie an der Staatsstrasse weiter nach Osten in Richtung Lienz und Graz trampen will. Dazu hätte sie einfach an der Rienzbrücke in Ehrenburg stehen bleiben können.
Ergo: Es ist unwahrscheinlich, dass Ulrike mit dem Zug nach Ehrenburg gekommen ist. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass sie bereits mit einem Auto auf der Staatsstrasse unterwegs war und in Kiens angehalten wurde. Dort liegen die Restaurants direkt an der Staatsstrasse, was in Ehrenburg nicht der Fall ist.
Was bisher nicht genau diskutiert wurde, ist die Frage, warum sie ausgerechnet in dem kleinen Kaff angehalten haben - wer auch immer "sie" sind. Eine Antwort, die nicht gegeben wurde bis hierher ist, dass Ulrike eventuell austreten musste. Ich kenne einige dieser Restaurants/Hotels, in welchen der Zugang zur Toilette nahe der Eingangstür ist, so dass das Personal im Gastraum nicht bemerkt, wenn jemand direkt von draussen auf Toilette geht. Das wiederum gäbe einen guten Grund warum hier gehalten wurde und nicht gewartet wurde, im weitaus grösseren Bruneck etwas zu essen zu kaufen.
So.
Weiterhin gibt es ein paar andere Indizien, die eine Fahrt mit dem PKW nahelegen.
Nach heutigem Fahrplan würde der letzte Zug der Pustertalbahn nach Lienz Franzensfeste bereits um 18.50 verlassen. Wenn sie in Innsbruck erst gegen 17.30 Uhr abgefahren ist, kann sie diesen in Franzensfeste nicht erreichen. Ausserdem kommt sie in der Nacht von Lienz auch nicht weiter nach Graz. Das sind freilich die heutigen Fahrpläne, aber ich zweifle etwas, ob es damals noch spätere Verbindungen gab. Es wäre interessant, zu wissen, wie
@nephilimfield auf die Abfahrtzeiten eines Zuges nach Lienz von Innsbruck aus nach 18 Uhr gekommen ist.
Züge entlang der Hauptstrecke Innsbruck-Verona fahren Tag und Nacht, ich selbst bin oft mit diesen gefahren. Nur bringt Verona nichts, wenn man nach Graz will.
Ist sie also in einen falschen Zug gestiegen, der nach Süden fuhr, dann macht es Sinn entweder in Franzensfeste oder in Brixen auszusteigen. Dort würde sie festgestellt haben, dass in der Nacht nichts mehr per Bahn nach Graz geht. Es bliebe die Umkehr nach Innsbruck. Selbst von da wäre sie nicht vor morgens gegen 6 Uhr in Graz gewesen (nach heutigem Fahrplan).
Franzensfeste ist ein winziger Haltepunkt. Auch in den Orten nördlich ist abends absolut gar nichts mehr los, in Sterzing, Brennero oder auch in Matrei ist nachts rein gar nichts los und alles komplett verlassen (ich bin da nachts oft durchgefahren um morgens in Venedig zu sein). Da steht sie also nun, und fragt sich, wie sie nach Graz kommt.
Ich vermute an dieser Stelle, und ich gehe eher von Brixen aus, hat jemand sie angesprochen, der ein Auto hatte. Es sind ganze 105 km von Brixen bis nach Lienz in Osttirol (von dort ist es zwar immer noch ewig weit nach Graz, aber es wäre die richtige Richtung gewesen und es wäre wieder eine grössere Stadt in Österreich.)
Und genau: die Strasse führt durch das Pustertal, an Ehrenburg und Kiens vorbei.
Dies ist für mich das bei weitem naheliegende Szenario. Dass gegen abend noch relativ viele Leute von Brixen aus mit dem Wagen nach Hause in das Pustertal fahren, ist auch nicht unwahrscheinlich: es sind ca 65 km von Bozen (Bolzano) nach Ehrenbug und knapp 95km von Innsbruck, den beiden nächsten grossen Städten, wo "etwas los ist." Die Uhrzeit passt, dass Leute genau dann in der Gegend von Brixen sind, die abends im Pustertal zu Hause sein wollen.
Unwahrscheinlicher ist es, dass es noch viele Leute aus Lienz dort gibt, um diese Tageszeit, aber der oder die Täter können bereits hier Ulrike etwas vorgemacht haben.
2. Das Fahrzeug:
Im XY Bericht ist es etwas irreführend dargestellt, als ob der Fiat entgegen der Fahrtrichtung gestanden hätte. Das kann aber nicht sein. Handelt es sich um die Ausweiche am Flussufer, lag diese auf der rechten Seite in Fahrtrichtung Bruneck gesehen. Und wenn die linke Tür in den Verkehr geragt hat, dann muss das Fahrzeug ebenfalls in diese Richtung gestanden haben, also aus Ehrenburg/Brixen kommend. Das passt.
Wie schon bemerkt wurde, ist es auffällig, dass die hintere Tür offenstand. Ein plausibles Szenario ist, dass Ulrike dort sass, und in hoher Eile versuchte das Fahrzeug zu verlassen, worauf sie von anderen Fahrzeuginsassen verfolgt wurde, die ebenfalls in Eile, dann sich nicht um die hintere Tür gekümmert haben. Aber, dass sie hinten sass, deutet darauf hin, dass vorne vermutlich zwei Personen sassen. Das würde zwei Täter bedeuten.
Nun noch ein paar Spekulationen von mir:
3. Die Verweildauer am Tatort: Sehr merkwürdig ist, dass Zeugen jenen Fiat mehr als drei Stunden lang mit offener Tür dort gesehen haben wollen. Selbst wenn wir mal annehmen, die Zeugen sind da nicht ganz genau und es sind eher zwei Stunden, ist das merkwürdig lang. Dabei geht man aber instinktiv davon aus, dass Ulrike mehr oder weniger direkt nach dem sie eingeholt wurde, erschlagen wurde. Was aber wenn der oder die Täter sich noch mit ihr eine Zeitlang "beschäftigt" haben? Ich weiss, das ist etwas makaber, aber gerade wenn es zwei waren (die übrigens nicht bemerkt hatten, dass ihre Autotür offen war), könnten sie sich sicher genug gefühlt haben - was zu tun? Ich denke, geplant war eine Vergewaltigung. Spuren dafür sind aber nicht vorhanden. Nun gibt es Sexualdelikte, in denen der oder die Täter nicht in der Lage sind, "Spuren" zurückzulassen, sie aber durchaus aus der ganzen Situation mit Angst ihres Opfers etc. eine gewisse Genugtuung erzielen. Sie könnten sich hier eine Zeit lang an der Angst und Hilflosigkeit Ulrikes ergötzt haben.
Dann aber kam es zum Mord. Warum? Naheliegend ist, dass sie sichergehen wollten, dass sie nicht identifiziert werden können. Der Stein als Tatwaffe weist darauf hin, dass der oder die Täter die ganze Tat spontan begangen haben, weder Erfahrung noch Planung vorzuweisen hatten. Aus dem m.o. ergeben sich wieder ein bis zwei Dinge, die Zeit gekostet haben könnten:
a) Die Leiche was extrem misshandelt, das Gesicht war komplett eingeschlagen. Das bedeutet es war eine sehr blutige Tat. Sie geschah am Flussufer: der Täter muss extrem viel Blut abbekommen haben, er hat sich eventuell im Fluss gewaschen - das kostet Zeit.
b) Auch kann ich mir gerade bei zwei Tätern vorstellen, dass nach der Tat ein gewisser Schock eingetreten ist. Eventuell war derjenige, der nicht den Stein geschwungen hat so geschockt, dass der andere ihn erst einmal beruhigen musste, oder umgekehrt. Vielleicht hat er gesagt, er wolle sich sofort in Bruneck den Carabinieri stellen, er hätte nie damit gerechnet, dass das ein Mord wird, usw usw. Der andere brauchte eine Weile, ihn zu beruhigen bis der einsah, dass ihm Gefängnis vielleicht doch nicht so erstrebenswert erscheint. Und schon waren 2 Stunden vergangen.
Ich weiss, nur Spekulation, aber möglich.
Fazit: Ich denke es sind sogar zwei Täter möglich. Der oder die Täter kommen aus dem Pustertal. Sie haben Ulrike vermutlich in Brixen am Bahnhof getroffen und ihr eine Mitfahrgelegenheit Richtung Lienz angeboten. Alternativ waren sie eventuell sogar im Zug von Innsbruck und hatten ihr Auto in Brixen geparkt. Alternativ zu Brixen geht auch Franzensfeste.
Ich glaube nicht, dass der oder die Täter Ulrike vor Innsbruck kannten und auch nicht, dass sie irgendetwas mit der Schweiz, irgendwelchen Raverparties usw. zu tun hatten.