@muscariamuscaria schrieb:Hier wurde ja nun ausführlich erklärt, warum die Lügen der HS kein Indiz für ihre Schuld sind. Was aber ist mit all den Zufällen?
Ausgerechnet in dieser Nacht schlafen 2 Töchter nicht zu Hause, sondern bei der Schwester. Warum? Wie oft kam das vor?
Ausgerechnet in dieser Nacht ist das Auto nicht da. Warum? Wie oft kam das vor?
Ausgerechnet wenige Stunden nach dem Tod der Schwiegereltern kommt HS auf die Idee dieses Überraschungsbesuchs. Hatte es einen solchen schon mal zuvor gegeben? Hätte WS sich darüber gefreut?
Ausgerechnet in den Tagen nach der Tat hat HS die verschiedenartigsten Schnittverletzungen an den Händen. Kam das häufiger vor?
HS gehört zufällig zu den 0,..% der Menschen, die sich so absonderlich verhalten beim Auffinden der Leichen. (Hierzu gibt es Erfahrungswerte.)
Der Mord geschieht ausgerechnet zu einer Zeit, als es nachweislich ernsthafte Konflikte mit den SE gab und sogar das Wort Enterbung gefallen ist.
Wenn es der große Unbekannte war: Warum schlägt er ausgerechnet in einer Nacht zu, in der HS kein Alibi hat? Er hätte es auch an 364 anderen Tagen des Jahres tun können.
Warum die Tatsache, dass zwei von drei Töchtern außer Haus nächtigen ein Indiz für ihre Tatbegehung sein soll, erschließt sich mir noch nicht so ganz.
Der Überraschungsbesuch ist auch ein äußerst schwaches Indiz. Erstens hatte WS Geburtstag, folglich gab es dafür einen konkreten Anlass. Zweitens könnte man den Besuch auch gerade als Indiz für ihre Unschuld werten: Wenn sie tatsächlich die Tat begangen hätte, wäre es doch wesentlich sinnvoller die Entdeckung der Tat hinauszuzögern.
Hast Du konkrete wissenschaftliche Studien, die ich mit der Frage beschäftigt wie sich Menschen bei der Entdeckung ermordeter naher Angehöriger normalerweise verhalten, insbesonder Deine Einschätzung des absonderlichen Verhaltens und die Prozentzahl belegen? Eine Quellenangabe wäre großartig, weil ich mich sehr dafür interessiere. Ich hatte bislang noch nicht die Gelegenheit, so eine Studie in den Händen zu halten. Darf auch gern in Englisch sein.
Der letzte Punkt ist natürlich die Pointe des Zufalls. Zufälle ereignen sich eben grundlos, das macht sie gerade zum Zufall. Wenn Du allerdings fragst, warum der Mörder ausgerechnet an dem Tag zuschlagen sollte, an dem HS kein Alibi hat: Wenn er das weiß, dann ist das doch der beste Tag um zuzuschlagen. Denn wie man sieht, lenkt dieser Umstand dann von ihm ab und auf HS hin.
Ein Liste legitimer Indizien (und auch was gegen diese Indizien sprechen könnte) hatte ich schon vor ein paar Beiträgen geliefert. Ich muss diese Liste korrigieren. Das fehlende Alibi ist laut BGH-Rechtsprechung kein Belastungsindiz. Tatsächlich ist ein bestehendes Alibi nur ein Entlastungsindiz, das alle anderen belastenden Indizien ausräumen kann. Auf der anderen Seite kann aus seinem Fehlen aber keine Belastung hergeleitet werden. Das ist letztlich auch logisch. Man kann schließlich auch kein Alibi haben, ohne Täter zu sein.
Noch ein Hinweis zum Geständnis,
@jaska hatte es schon richtgerweise angesprochen: Der BGH hat klargestellt, dass sich ein Urteil nicht einfach nur auf ein Geständnis stützen kann. Nicht nur muss klargestellt werden, dass das Geständnis freiwillig und unter entsprechender geistiger Befähigung abgegeben wurde. Der BGH hat auch festgestellt, dass das erkennende Gericht überprüfen muss, ob das Geständnis der Wahrheit entspricht, weil Angeklagte aus verschiedenen Gründen auch falsche Geständnisse abgeben könnten, zB um den wahren Täter zu decken oder aus Angst vor Repressalien gegen die eigenen Angehörigen.