Quelle
Süddeutsche Zeitung
Datum
11.05.1996
Gestern früh in Neuhausen: Mieter entdeckt Mordopfer vor Tiefgarageneinfahrt
Mit durchschnittener Kehle am Steuer
Bankierssohn im Sportwagen wollte Geschäftsfreund treffen und Discos besuchen
Ärgerlich stoppte der Mieter der Blutenburgstraße 120 gestern um 6 Uhr seinen Wagen auf der Ausfahrt seiner Tiefgarage: Ein roter Honda-Sportwagen parkte in der Einfahrt. Durch die beschlagenen Scheiben sah er einen jungen Mann hinter dem Steuer, der im Gurt mit der Aufschrift 'remove before flight', seitwärts gekippt, über den Beifahrersitz hing. Auf sein Rufen antwortete der Fahrer nicht. Der Passant öffnete die Wagentür und sah Blut, das sich über einen Faltplan, eine Zeitschrift und das schwarze Leder ergossen hatte. Der junge Mann war tot. Seine Kehle war durchschnitten, und er war mehrfach mit einer Waffe gestochen worden. Ein etwa 25 Zentimeter langes Küchenmesser mit schwarzem Griff und gebogener Klinge lag daneben. Der entsetzte Mieter rief die Polizei.
Von Dieter Fabritius
Die dritte Mordkommission ermittelte den Halter des Civic 'del Sol' mit dem Kennzeichen M-SP 9998. Es handelt sich um Stefan Pecher, den 22jährigen Sohn des leitenden Angestellten einer Privatbank aus Trudering. Dort, wo das Einzelkind noch bei den Eltern wohnte, die ihn finanziell unterstützten, hatte er vor Monaten einen Groß- und Einzelhandel mit erstaunlich breiter Produktpalette angemeldet: von Arzneimittel-Kurierdiensten über den Handel mit Edelmetallen, Kunst und Kraftfahrzeugen, die Vermittlung von Kapitalanlagen und Immobilien bis zu Musik- und Werbe-Veranstaltungen in Diskotheken. Mehrere Discos wollte er am Donnerstagabend besuchen, nach einem Geschäftsessen mit Unbekannten. Das hatte er den Eltern beim Abschied um 20 Uhr angegeben. Nach deren Wissen hatte Stefan Pecher, seit er sich vor über einem Jahr von seiner Geliebten friedlich getrennt hatte, keine Freundin mehr.
Er fuhr allein los mit dem roten Honda, den er im Mai 1994 einem von seiner Luftwaffen-Ausbildung in Texas zurückgekehrten Bundeswehrsoldaten abgekauft hatte. Bis sie gestern mittag verständigt wurden, erhielten die Eltern keinen Hinweis auf den Verbleib ihres Sohnes. Auch die Mordkommission (Rufnummer 55172-103) weiß noch nicht, wo er sich mit wem getroffen hat, und bittet um Hinweise. Die umliegenden Häuser, Werkstätten, eine Moschee, ein Tempel der Zeugen Jehovas, ein Postwohnheim für Azubis wurden abgeklappert. Ergebnis: Der auffällige rote Honda mit dem Aufkleber 'mir san mir' war schon seit Tagen gelegentlich in der Blutenburgstraße gesehen worden - in der Mordnacht dreimal in der Einfahrt: einmal um 23.30 Uhr und dann um 0.30 Uhr. Ob jemand im Wageninneren saß, wurde nicht bemerkt.
Um drei Uhr etwa kam der dritte Zeuge, ein Anwohner des Hauses Blutenburgstraße 120 mit seinem Wagen heim. Auch er hatte den roten Sportwagen gesehen, der ihm die Einfahrt in seine Tiefgarage versperrte. Trotz seiner Wut stieg er nicht aus, konnte auch wegen der beschlagenen Scheiben von seinem Fahrersitz aus keine Insassen erkennen. Er parkte um die Ecke. Auch bei der Rückkehr zu Fuß zum Hauseingang will er sich nicht um den Falschparker gekümmert haben. Selbst als er in seiner Wohnung eintraf, verzichtete er darauf, wegen eines Abschleppdienstes die Polizei anzurufen, die möglicherweise die Bluttat vereitelt hätte. Denn ungefähr auf diese Zeit wird der Eintritt des Todes von den Rechtsmedizinern nach der Leichenöffnung geschätzt.
Es wird vermutet, daß der Täter oder die Täterin das Messer aus einer nahen Wohnung geholt habe. Einen Hinweis könnte das einzige nicht blutverschmierte Beweisstück im Mordauto liefern: Ein beiges, leinengebundenes, eventuell antiquarisches Buch. Der Täter könnte es vergessen haben, denn es lag auf seiner, der Beifahrerseite, eingeklemmt zwischen Sitz und der unverschlossenen Tür.
Quelle
Süddeutsche Zeitung
Datum
14.05.1996
Das Verbrechen an dem Bankierssohn Stefan Pecher
Rätsel um Mussolini-Buch
15 Zeugen, aber keine heiße Spur / Offenbar kein Raubmord
Von Dieter Fabritius
Im Mordfall des tot am Steuer seines roten Honda entdeckten Bankierssohnes Stefan Pecher, 22, kommt die Kripo inzwischen voran, obwohl die Hinweise aus der Bevölkerung im Vergleich zu anderen spektakulären Verbrechen spärlich eingehen. Nur 15 Zeugen haben sich in vier Tagen unter der Rufnummer der Mordkommission (55172-103) gemeldet. Daraus ergaben sich für die Ermittler aber durchaus interessante Spuren. Sie betreffen vor allem den Bekanntenkreis des jungen Mannes, der von seinen früheren Freunden als dubios eingeschätzt wird.
Sein Geld fehlte nicht
Eine konkrete Spur in die Blutenburgstraße, den Tatort, ergab sich dadurch nicht, auch wenn einige Anwohner den roten Sportwagen in den letzten Wochen dort gesehen haben wollen. Daß Pecher in dem der Hausnummer 120 schräg gegenüberliegenden chinesischen Restaurant beim Essen beobachtet worden sei, bestätigte die Polizei nicht. Pecher hat nach der Realschule eine Ausbildung zum Hotelkaufmann bei der Restaurantkette Mövenpick und im Hotel 'Vier Jahreszeiten' absolviert und zu einigen Kollegen dieser Zeit Kontakt gehalten.
Fest steht, daß der Bankierssohn wohl kaum Opfer eines Raubmörders geworden ist. In der Kleidung des Toten wurden am Freitag, als er um sechs Uhr früh mit durchschnittener Kehle auf dem Fahrersitz seines in einer Einfahrt geparkten Wagens entdeckt wurde, 600 Mark gefunden, die er lose in der Tasche trug. Beim Abschied von den Eltern in Trudering, wo der am Anfang einer selbständigen Kaufmannstätigkeit stehende Mann wohnte und von ihnen finanziell unterstützt wurde, hat er seinem Vater exakt diese Summe vorgewiesen.
Daraus kann nun geschlossen werden, daß Stefan Pecher seine den Eltern verkündete Absicht, zu einem Geschäftsessen zu fahren und anschließend mehrere Diskotheken zu besuchen, nicht oder zumindest nicht in spendabler Weise verwirklicht hat. Die Abklärung seiner Kredit- und Scheckkartenbelastungen ergab dafür auch keine Erkenntnisse. Mit wem er tatsächlich zwischen 20 Uhr am Donnerstagabend und den frühen Freitagsstunden in Kontakt getreten ist, versucht die Mordkommission - auch durch Hinweise aus der Bevölkerung - immer noch herauszufinden.
Keiner Person konnte die Kripo bislang das in beiges Leinen gebundene Buch zuordnen, das zwischen Beifahrersitz und -tür geklemmt sichergestellt wurde. Stefan Pecher, ein lebenslustiger Porsche- und Motorradfan, war jedenfalls an Militaria und der Geschichte des italienischen Faschismus nicht erkennbar interessiert, und auch von Freunden mit solchen Neigungen ist nichts bekannt. Der abgegriffene Band behandelt nämlich in deutscher Sprache Mussolinis Kriegsführung.
Quelle
Süddeutsche Zeitung
Datum
15.05.1996
Mordfall Stefan Pecher: Hinweise auf Handel mit Ecstasy
Neue Spuren führen die Kripo ins Drogenmilieu
Wenige Stunden vor der Bluttat erschien das Opfer nicht zu einem geplanten Geschäftsessen / Weiter Zeugen gesucht
Von Dieter Fabritius
Im Mordfall Stefan Pecher, dem 22jährigen Bankierssohn, der mit durchschnittener Kehle und zahlreichen Messerstichen Freitagfrüh in der Blutenburgstraße tot in seinem Sportwagen entdeckt wurde, verfolgt die Mordkommission eine Spur, die laut Kripo ins Drogenmilieu rund um die Discothek P 1 und in die Riemer Hallen führt. Der Kaufmann hat dort Zeugen zufolge mit Ecstasy und anderen Designerdrogen gehandelt. Oberstaatsanwalt Manfred Wick: 'Bei der Suche nach dem Täter wird jetzt verstärkt diesen Spuren nachgegangen.' In diesem Zusammenhang gewinnen einige Details aus dem Leben der 'schillernden Figur' an Bedeutung, wie Polizeisprecher Walter Renner den Toten aus Trudering schildert. Der als Realschüler, in seiner Ausbildung zum Hotelkaufmann und schließlich mit einem angemeldeten Gewerbe erfolglose Bankierssohn trug trotz ausbleibender legaler Einkommen in jüngster Zeit Luxuskleidung und Goldkettchen. Zuletzt ging er am Donnerstag, Stunden vor seinem Tod, shopping. Der Sportwagen-Fan, welcher das Kennzeichenschild seines roten Honda mit Porschewerbung schmückte, wurde in Trudering, wo er bei den Eltern wohnte, und in Riem mit gemieteten Nobelkarossen, wechselweise Jaguar und Mercedes der S-Klasse, gesehen. Drogendeals werden Insidern zufolge zunehmend auf Parkplätzen abgewickelt. Die äußerst mobilen Händler wechseln dabei häufig Standplätze und Fahrzeuge.
Ecstasy wird Experten des Landeskriminalamtes (LKA) zufolge meist aus den Niederlanden besorgt. Zusammen mit einem Spezl hat Stefan Pecher den Flugschein gemacht. Der zunächst nur merkwürdig anmutende Geschäftszweck seiner Firma erscheint nach den aufschlußreichen Zeugenverhören der dritten Mordkommission ebenfalls in anderem Licht: Handel mit Arzneimittel-Kurieren und Werbeveranstaltungen in Discos, Im- und Export sind eingetragen.
Mit einem Imex-Geschäftsmann, einem 40jährigen Deutschen, war Stefan Pecher am letzten Donnerstag für 22 Uhr in einer bayerischen Speisegaststätte der Innenstadt verabredet. Der Mann hat sich nach den Presseberichten über die Bluttat bei der Mordkommission gemeldet: Pecher, den er als zuverlässig kenne, sei nicht erschienen, habe das Geschäftsessen auch nicht abgesagt. Zu diesem Zeitpunkt - dafür hat die Kripo Zeugen - stand Pechers roter Honda noch nicht vor der Tiefgarage an der Blutenburgstraße 120 in Neuhausen, wo seine Leiche erst am nächsten Morgen entdeckt wurde.
Die Kripo geht davon aus, daß Pecher nach 20 Uhr, als er das Elternhaus in Trudering verließ, durch Unbekannte an der Wahrnehmung des Geschäftstermins gehindert wurde. Zwischen 22 und 23.30 Uhr traf er dann erst in der Blutenburgstraße ein, wo im weiteren Verlauf der Nacht der Mord im Auto begangen wurde. Lokale rund um den Tatort, in denen mit Ecstasy gehandelt würde, sind dem nahegelegenen LKA-Rauschgiftdezernat nicht aufgefallen. Doch wie ein Experte dazu anmerkt, gebe es Lieferungen frei Haus. Die Kripo bittet nach wie vor um Hinweise unter der Rufnummer 555172-103.
@DieKräheDie Betreiber des P1 praktizieren diese selektive Gästeauswahl natürlich nicht aus Bosheit, sondern sind stets bemüht, das über lange Zeit aufgebaute Image des Clubs als DER Nobel- und Prominentendiskothek in München zu bewahren. Schließlich trifft man hier regelmäßig Größen der Münchner Wirtschaft, trendig gekleidete Mitarbeiter aus der Werbung und öfters auch den einen oder anderen Fußballprofi des FC Bayern München.
Hm... da würde mich doch mal interessieren ob dieser Pecher nicht auch den Studenten mit der Rose gekannt hat...