Bei allen Überlegungen, wie die Tat oder der Tattag sich abgespielt haben könnte, finde ich eine Frage sehr entscheidend:
Was macht KHG an der Steinkopfinsel im Industriegebiet Rothensee im Magdeburger Norden? Einem Ort, der auch von den Ermittlern in den verschiedenen Filmbeiträgen als trostlos beschrieben wird. Brachliegende Industriegelände, zahlreiche geschlossene Betriebe in Verbindung mit leerstehenden Hallenkomplexen und Gebäuden?!
Ich versuche mal eine andere Szenerie der Geschehnisse zu skizzieren. M.E. ging diesem Tötungsdelikt kein Verkehrsunfall voraus. Weder versehentlich noch bewusst, der zu den Quetschungen und Brüchen im Bereich des Oberkörpers führte. ich gehe zunächst davon aus, dass sich KHG bewusst an diesem Ort mit dem späteren Täter oder mehreren Personen traf. Daraus ergibt sich die Frage nach dem Warum? Warum trifft man sich dort? An einem derart abgelegenen Ort?
M.M.n. wählt man einen solchen Ort immer dann, wenn man unbeobachtet sein möchte, also versucht sicherzustellen, dass man unbemerkt bleibt. Dieses Treffen könnte somit mit jemandem aus dem geschäftlichen oder privaten Umfeld erfolgt sein, wo ein öffentlicher Ort, wie ein Restaurant, Bar o.ä. aufgrund der Öffentlichkeit und möglicher Zeugen ausschied. Zudem muss es eine Person oder ein Personenkreis sein, die/der an Geld nicht interessiert war, denn Geld und Wertgegenstände wurden ja von der Polizei später sichergestellt.
Gehen wir also davon aus, KHG trifft sich dort mit einer oder mehreren Personen. Daran schließt sich die Frage an, wie er dort hin kam? Er verfügte vermutlich über keine besonderen Ortskenntnisse, war also auf Dritte angewiesen. Ich vermute daher, dass er vom Täter oder den Tätern andernorts (ggf. am Hotel) abgeholt wurde und man an die Steinkopfinsel gemeinsam fuhr oder, dass er mit einer Taxe dort hin kam. Die Tatsache, dass er keine Schmutzanhaftungen an den Schuhsohlen hatte, belegt m.E., dass er keine weitere Strecke zu Fuß zurücklegte.
Bei dieser Begegnung kam es, aus nicht bekanntem Grund, möglicherweise zum Streit in dessen Folge KHG Schläge mit einem stumpfen Gegenstand gegen den Kopf erhielt. Die massiven Knochenbrüche der Finger stammen m.A.n. nicht von klassischem Abwehrverhalten durch die kommenden Schläge auf den Kopf. Ungeübte ziehen bei einer solchen Bedrohungslage eher den Unterarm schützend hoch und verdrehen den Kopf instinktiv zum Schutz zur Seite nach unten. Obwohl dies in Selbstverteidigungskursen stets als fehlerhaft bezeichnet wird, da der Unterarm durch die Wucht des Schlages nicht selten bricht, neigen nicht trainierte Personen dazu diese Schutzhaltung unbewusst einzunehmen.
Bei den Brüchen der Finger könnte es auch eine ganz bewusst herbeigeführte Verletzung im Rahmen der Auseinandersetzung durch den oder die Täter gekommen sein. In bestimmten Kreisen oder bei besonders brutal agierenden Tätern wird diese Methode mitunter eingesetzt, um eine Person massiv einzuschüchtern.
Es ist im übrigen nicht auszuschließen, dass auch KHG durch sein Verhalten den oder die Täter provozierte und die verbale Auseinandersetzung im Anschluss eskalierte. Die in den Filmbeiträgen immer wieder genannten Beschreibungen zu seiner Person waren "aufbrausend", "impulsiv" bis hin zu "aggressiv". Gerate ich mit dieser Haltung an den Falschen, kann es durchaus zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen, wenngleich der Bruder im Filmbeitrag betont, dass er sich nicht daran erinnern könne, dass KHG in Schlägereien verwickelt war, was nicht bedeutet, dass es diese nicht gab.
Somit könnten die Knochenbrüche der Finger als eine bewusst zugefügte Verletzung mit dem Ziel der Einschüchterung erfolgt sein. In meiner Überlegung folgten die Schläge mit dem stumpfen Gegenstand gegen den Kopf, was ihn auch zu Fall brachte. Die Quetschungen des Oberkörperbereiches könnten sodann von dem gezielten Überfahren mit einem Auto am Ende der Tatausführung erfolgt sein.
@EDGARallanPOE hatte ja beschrieben, dass die Gerichtsmedizin "einen Unfall infolge einer Kollision mit einem Fahrzeug" ausschließt. Eine Kollision ist für mich ein beabsichtigter oder unbeabsichtigter Zusammenstoß eines Fahrzeugs mit einer Person oder einem anderen Fahrzeug. Das schließt aber ein gezieltes Überrollen nicht aus, womit sich m.E. auch die Quetschungen erklären ließen. Hier bliebe die Frage, ob dies ohne dem Hinterlassen von Reifenspuren möglich ist, der Regen dazu beigetragen haben könnte, dass keine verwertbaren Spuren vorlagen oder ob es diese Spuren möglicherweise gibt, aber von der Polizei als Täterwissen eingestuft und zurückgehalten werden?
Aber gäbe es Gründe, die für eine solche Brutalität in der Tatausführung sprechen? Also Hass, Wut sowie tiefe Enttäuschung, oder kriminelle Energie dubioser Kreise oder Personen?
KHG übernahm Anfang 1998 das Management von dem langjährigen Band-Manager Mazagg. In einem Interview mit dem Ex-Produzenten der Kastelruther Spatzen, Walter Widemar in der NEWS.AT vom 11.12.2012 äußert er sich auch zu der Behauptung Mazaggs, dass KHG wahrscheinlich noch leben würde, wenn er den Merchandising-Stand nicht aufgegeben und ins Management gewechselt wäre. Widemar vermutet, dass sowohl Mazagg, als auch die Bandmitglieder möglicherweise mehr wissen, als sie sagen und verweist darauf, dass wenn man 120 Tage im Jahr zusammen ist, so ziemlich alles voneinander weiß. Er äußert sich zudem zu Frauengeschichten der Band und zu Besuchen im Rotlicht-Milieu und moniert die Doppelmoral der Band im Hinblick auf die Songtexte im Vergleich zu ihrem Lebenswandel.
Erfahrungsgemäß wird nach dem Ende einer langjährigen Zusammenarbeit häufig auch schmutzige Wäsche gewaschen. Das ist ja nicht nur in der Musikbranche so. Dennoch könnten solche Entwicklungen und Lebensumstände an unterschiedlichen Stellen für Hass und Wut gesorgt haben. Schließlich hat Widemar unter dem Titel "Wenn Berge nicht mehr schweigen" seine Erlebnisse und Enttäuschungen aus der Zeit als Produzent der Kastelruther Spatzen in einem Buch veröffentlicht, in dem er auch beschreibt, das die Katzelruther Spatzen schon seit Beginn der 90er Jahre bei Studio-Aufnahmen nicht selber spielen, was für erheblichen Wirbel in der Branche sorgte. Da auch er davon spricht, dass er sich seit der Veröffentlichung z.T. massiven Drohungen ausgesetzt sieht, ist es nahe liegend, dass 1998 auch KHG mit solchen Umständen, ggf. aus anderen Gründen, zu kämpfen gehabt haben könnte.
M.E. ist Tatort gleich Fundort und ich vermute, dass es sich um eine Beziehungstat handelte, die sich gezielt gegen die Person KHG oder die Band als ganzes richtete.