Urlaubsfahrt in den Tod - Ungeklärter Mord im Chiemgau
25.01.2021 um 11:33
ich will mal versuchen, wieder ein wenig "back to basics" zu kommen, was mir, zugegebenermaßen, anhand der sich mittlerweile ob all der schilderungen hier auch in meinem kopf herumschwirrenden spekulativen szenarien, mal mehr, mal weniger, gelingen mag...
für mich gibt es mehrere große fragestellungen, deren behandlung allen entwürfen diverser szenarien vorausgehen sollten (den gefetteten punkten messe ich dabei eine erhöhte priorität bei, zumal sie sich auch z.t. gegenseitig bedingen können):
1) was veranlasste die langendonks zum ansteuern und zur rast am hölzl?
2) was veranlasste den täter zum aufenthalt am hölzl?
3) welche interaktion fand zwischen täter und opfer in der zeit zwischen ankunft und tat statt?
4) was veranlasste den täter zur tatortverschleierung?
5) was veranlasste den täter darüberhinaus zur fahrt nach altenfurt?
6) was veranlasste den täter zur überstürzten rückkehr an den tatort?
zu 1) was veranlasste die langendonks zum ansteuern und zur rast am hölzl?
die theorien reichen ja von der zufälligen, selbstveranlassten rast, über magenprobleme bis hin zu übernachtungsplatz, verabredetem treffpunkt und auch erzwungenes aufsuchen des späteren tatorts.
für mich stellt dieser waldrand nicht gerade den typischen rastplatz eines doch eher gesetzten und, nach auskunft der angehörigen, auf sicherheit bedachten älteren niederländischen ehepaares dar. da dürften sich selbst in näherer umgebung deutlich komfortablere und geeignetere örtlichkeiten anbieten, mit sanitäranlagen, stromanschluß und brötchenservice am morgen. von daher schließe ich die wahl als übernachtungsort schonmal kategorisch aus.
aber auch für eine zwischenzeitliche "kaffeepause" passt mir der geringe zeitliche abstand zum mittagessen in marquartstein eher wenig. zumal man ja hier so gerne darauf beharrt, dass kaffee und kuchen auf den liegestühlen eingenommen wurden. woher kam denn eigentlich der kuchen? der muss ja zuvor irgendwo gekauft worden sein (so der camper nicht auch über einen backofen verfügte :o) ). kann man wirklich vorstellen, dass truus lieber in der pantry des campers kaffee zubereitete, als dass man irgendwo gemütlich in einem der oftmals malerischen cafes der umgebung den nachmittag genossen hätte? waren die beiden etwa ausgewiesene sparfüchse auf budget-tour?
selbst bei magengrummeln und darmkrämpfen dürfte dem eingefleischtesten holländischen camper eine vollwertige toilette, ob am ausgebauten rastplatz, hinter der tanke oder eben in der gastro, doch deutlich lieber sein, als chemieklo und buschwerk.
bleiben für mich nur noch verabredung, bzw. lotsung, wobei spätestens bei einfahren in den für öffentlichen verkehr gesperrten wirtschaftsweg auch harry deutliche zweifel ob der lauterkeit des gegenübers gekommen sein dürften, oder eben erzwungenes ansteuern - für mich eigentlich der favorit...
zu 2) was veranlasste den täter zum aufenthalt am hölzl?
warum sollte sich ein angehender raubmörder bewaffnet mit offensichtlichen zeugen (modellflieger) in sichtweite an einem sommerlichen samstag nachmittag ausgerechnet im gottverlassenen hölzl herumtreiben? wären die langendonks nicht vorbeigekommen, würde er da noch heute auf beute lauern?
und der zufällig vorbeifahrende gewaltverbrecher mit tokarev im handschuhfach, der im umgebauten kleinbus (und eben nicht im protzigen wohmobil mit ausfahrbarer garage, fahrradträger und satellitenschüssel) plötzlich voll die fette beute wittert, ist doch auch nicht wirklich überzeugend.
auch, sich dann von seinem autoabstellplatz durch den wald heranzupirschen zeitigt neben mehr als rudimentärer ortskenntnis zusätzlich ziemliche chuzpe und motivation.
dass er bei irgendwelchen illegalen aktivitäten, ob in zusammenhang mit der deponie, oder beim simplen vergraben von leichen oder waffen, ausgerechnet durch die holländischen touristen gestört wurde, halte ich angesichts des bis dahin ohnehin eingegangenen risikos, am hellichten arbeitsfreien tag mit wahrnehmbaren möglichen zeugen und dem jederzeit möglichen auftauchen lokaler spaziergänger (oder im hochsommer auch des försters auf brandwache) für reichlich konstruiert.
für mich muss der täter bereits gewusst haben, dass er hier auf seine opfer treffen wird und das zusammentreffen war aus meiner sicht keinesfalls zufällig.
zu 3) welche interaktion fand zwischen täter und opfer in der zeit zwischen ankunft und tat statt?
so wenig wir eigentlich über die abläufe am hölzl wissen, so viel wird aber auch mit voller überzeugungskraft gewettert, dass die opfer dort im schatten waldrandseitig hinter ihrem camper die liegestühle aufgebaut hatten und sich kaffee und kuchen einverleibten. damit soll oftmals der erzwungenen anfahrt widersprochen werden, weil man dass ja nicht unter vorgehaltener waffe machen würde.
welche konkreten belege haben wir aber eigentlich für diese tätigkeiten? waren da wirklich campingmöbel aufgestellt, oder hat der täter sie zwecks verräumung der leichen kurzzeitig aus dem camper geladen, wodurch tischbein und einstiegshilfe zurückblieben und evtl. auch abdrücke (so nach 14 Tagen noch feststellbar) den eindruck aufgestellten mobiliars erweckten? augenzeugen gibt es bekanntlich ja keine, weil der blöde camper im weg stand...
zu 4) was veranlasste den täter zur tatortverschleierung?
eine aufwendige tatortverschleierung macht für einen täter eigentlich nur sinn, wenn durch das bekanntwerden des tatorts ein rückschluß auf seine identität möglich wird. so ist sicherlich ein tatort auf dem eigenen grundstück ein hinlänglicher grund, diesen zu verschleiern. auch, wenn der täter im näheren umfeld des tatorts persönlich bekannt ist, dürfte sich daraus eine genügende begründung ergeben.
für einen zufällig anwesenden täter jedoch, ja, bereits für einen, der zwar in der umgegend ansässig, aber ansonsten ohne jeden konkreten (auch zeitlichen!) bezug zum eigentlichen tatort ist, bringt dessen verschleierung hingegen eigentlich garnichts.
wenn aus dem hölzl kein rückschluß auf die person möglich ist, hätte der vermeintliche raubmörder entweder einfach abhauen können oder zwecks spurenbeseitigung den camper an ort und stelle abfackeln. dabei wäre das hölzl sogar als versteck und verdeckter fluchtweg sogar noch effektiver gewesen, als in altenfurt an einer hauptstraße entlang und durchs wohngebiet entfleuchen zu müssen, mit blaulicht und sirenen im rücken.
da der täter trotz bekanntwerdens des tatorts nicht mal ansatzweise ausfindig gemacht werden konnte, ja, wohl allem anschein nach auch in der zeit vor der tat wohl in der ganzen gegend niemandem überhaupt aufgefallen oder zu gesicht gekommen zu sein scheint, frage ich mich, welchen zur identifikation beitragenden tatortbezug man mit einer verschleierung von 10-14 tagen vollständig ausräumen konnte.
der täter stellt sich als phantom dar - vor der tat nirgends bemerkt und hinterher spurlos verschwunden. wäre es auch so, wenn der camper nicht nach altenfurt verbracht worden wäre? was wurde duch die mit der verschleierung gewonnen zeit denn verdeckt?
zu 5) was veranlasste den täter darüberhinaus zur fahrt nach altenfurt?
was zeichnet altenfurt gegenüber allen näher gelegenen potenziellen verschleierungsorten aus? war es wirklich nur das bestreben, möglichst viel distanz zwischen sich und den tatort zu bringen? warum dann aber entweder über bundesstraßen nach norden oder über den münchner autobahnring, anstatt strikt zurück nach westen? warum überhaupt das für nicht gerade gründliche professionelle ermittlungsarbeit bekannte ländliche umfeld gegen mit kapitalverbrechen vertrautere großstadtermittler eintauschen?
und wie konnte der durch die sich auf reserve befindlichen tanknadel unter druck stehende täter so sicher sein, direkt nach verlassen der autobahn einen genügend abgelegenen, aber dennoch leicht unentdeckt zu verlassenden, ort vorzufinden, wo er sich des campers und der leichen per feuer entledigen konnte? warum dann aber nicht eher im großraum münchen, von wo eine rückkehr oder aber auch ein weiteres absetzen, womöglich auch nur untertauchen, deutlich einfacher gewesen wäre? er wollte ja, so man nicht wirre verschleierung unterstellt, mit dem taxi anfangs sogar nach münchen und dann nach marquartstein. warum also nicht den camper dort in der nähe beseitigen?
und komme mir keiner mit polizeibezirksgrenzen... die kennt doch gerade ein spontantäter überhaupt nicht! wer hätte den gewusst, dass im hölzl eine kripo traunstein ermittelt und nicht die kollegen aus münchen?
meiner meinung nach stand das ziel altenfurt bereits fest, als der täter mit dem camper das hölzl verließ.
zu 6) was veranlasste den täter zur überstürzten rückkehr an den tatort?
der täter, und ich gehe davon aus, dass der taxigast der täter war - wie wahrscheinlich ist eine nächtliche fahrt von nürnberg nach litzlwalchen denn? wieviele der rund 2500 einwohner der gemeinde nußdorf kommen denn als mögliche fahrgäste sonst in frage - lässt sich ja letztlich nicht mal bis zum eigentlich tatort fahren, sondern bis zu einer bushaltestelle mitten im nirgendwo, auf freier strecke außerhalb der ortschaften gelegen.
mit etwas glück dürfte gerade die sonne im aufgehen begriffen gewesen sein. denkbar schlechtestes licht, um am tatort irgendwelche spuren verwischen zu wollen; wie auch immer die ausgesehen haben mögen, da ja weder die einstiegshilfe wirklich entfernt wurde, noch das tischbein. truus brille und die patronenhülsen im gras aufzusammeln konnte so auch nicht gelingen.
bleibt also eigentlich nur noch, dass entweder verräterisches eigentum des täter zurückgeblieben war, was er sogar gefunden und mitgenommen hat (wozu dann aber die eile, hatte er doch den tatort gerade erst aufwendig verschleiert?), ein in tatortnähe verbliebenes fahrzeug (s.u.) oder tatsächlich ein lebensmittelpunkt in direkter umgebung. wobei bei letzterem ein direktes absetzen dort sogar noch unauffälliger gewesen wäre und ein bezug zum waldrand erst gar nicht aufgekommen.
mit dem verbliebenen fahrzeug des täter tue ich mich bekanntlich sehr schwer. warum hätte dieses ausgerechnet in den frühen morgenstunden des angebrochenen sonntags dort entfernt werden müssen?
verräterisch ist doch alleine der umstand, dass das fahrzeug zur tatzeit dort gestanden hat, nicht, dass es am nächsten tag dort steht.
insofern wäre es für den täter sinnvoller gewesen, es sogar noch bis zum sonntag abend dort stehen zu lassen und dann, als normaler tourist oder wochenendpendler wieder abzufahren. keiner hätte einen zusammenhang hergestellt, wenn das auto schon deutlich vor der tat dort stand und auch noch länger danach. einzig die parkzeitbegrenzung auf direkte tatzeitnähe hätte es verdächtig erscheinen lassen - somit genau das, was der täter vorgenommen haben soll.
zudem, was ist wohl auffälliger, ein auto, dass nachmittags oder am frühen abend aus einem waldweg abfährt, oder ein auto, das bei sonnenaufgang frühmorgens dort auf die bundesstraße fährt?
diese rückkehr ans hölzl stellt für mich das größte rätsel im ganzen fall dar, weil sie so unnütz und sogar kontraproduktiv erscheint, gerade duch den mit ihr vermittelten zeitdruck des täters, der aber trotz allem im chiemgau ein phantom war und bleibt.