Mein folgendes, etwas längeres Post hat eigentlich zwei Hauptinhalte: 1. Motiv, 2.Ortskenntnisse des Blonden
1. MordmotivIch bin ja nicht als Freund der Raubmordhypothese bekannt, aber mir ist etwas aufgefallen, was diese wahrscheinlicher macht.
Auf seinem Fluchtweg vom brennenden Wohnmobil ins Zentrum von Altenfurt, wo er dann ein Taxi bestieg, entledigte sich der Blonde ja diverser gestohlener Dinge (z.B. Fotoapparat, Tasche, Geldbeutel der Langendonks). Vermutlich, weil er die Einsatzkräfte bemerkte, die schneller als vom ihm erwartet den Brand bemerkt hatten und heraneilten - übrigens ausgerechnet über die Oelser Straße (bzw. "St2401"), der auch er selbst entlangtaumelte. Logischerweise warf er ihn belastende Dinge weg, die ihn mit dem Geschehen im Wald in Verbindung hätten bringen können.
Interessant ist aber die Reihenfolge, in der er sich von den Objekten trennte: Er warf sie nämlich nicht gleichzeitig weg, sondern nach und nach. Er legte damit geradezu eine Spur, die die Polizei später rekonstruieren konnte.
Original anzeigen (0,6 MB)Von drei Fundstellen ist uns bekannt (siehe Bild): Er kam vom Süden, aus Richtung des roten Pfeils. Irgendwas warf er bei (1) weg. Dann überquerte er auf Höhe der Tennisanlage von TSV Altenfurt die Straße und trennte sich bei (2) von einem weiteren Gegenstand (was jeweils, ist der Öffentlichkeit unbekannt). Bei (3), ein gutes Stück weiter, warf er schließlich den letzten Gegenstand über eine Gartenmauer. (Beim roten Punkt befindet sich die Telefonzelle, zu der er das Taxi rief).
Interessant ist, WAS er bei (3) wegwarf: Die Geldbeutel der Langendonks. Von den Geldbeuteln konnte er sich offenbar nur sehr schwer trennen. Konsequent wäre es gewesen, all das Zeug, das ihn belasten konnte, zugleich wegzuwerfen. Der hypothetische Hauptzweck, die Sachen vorher überhaupt mitzunehmen, nämlich ein Raubmotiv
vorzutäuschen, wäre trotzdem erfüllt gewesen. Aber anscheinend ging es ihm um die Dinge selbst, zumindest um die Portemonnaies.
Deshalb denke ich schon, dass ein Raubmotiv in Frage kommt.
Was spräche weiterhin dagegen:
1) Die merkwürdige Kleidung.
2) Das Wegwerfen von Geld.
3) Die hohen Ausgaben für die Rückfahrt.
4) Der unübliche Überfall am hellichten Tag.
Aber 2) geschah wohl aus (begründeter) Panik. Und 3) war nicht geplant. Auch der Mord war wohl nicht geplant. Und bekanntlich gibt man Geld, ob geraubt oder auf ehrliche Weise erworben, auch mal wieder aus. Und so schlecht angelegt war das Geld ja nicht, wenn der Blonde sich damit 20 Jahre Gefängnis hatte ersparen können. Für 1) und 4) habe ich nach wie vor keine Erklärung, aber vielleicht findet sich die noch.
Was die weite Fahrt betrifft: Ich neige mittlerweile auch zu der Interpretation, dass die weite Fahrt aus Sicht des Täters nicht notwendig gewesen wäre, wenn es nur darum gegangen wäre, den unmittelbaren Tatort zu verschleiern. 20 Kilometer hätten wohl wirklich gereicht. Denn der Täter hat ja um 20 Uhr mitbekommen, dass den Mord keiner wirklich mitbekommen hat, sonst wäre ja längst die Polizei vor Ort gewesen. Unter diesen Umständen wäre es wohl nicht wirklich notwendig gewesen, 300 km zu fahren, zumal wenn man den ganzen Stress und den Zeitdruck betrachtet.
Warum dennoch bis nach Nürnberg? Dass der Blonde in Nürnberg irgendwelche Geschäfte zu erledigen hatte, halte ich nach wie vor für Quatsch. Dazu hatte er gar keine Zeit. Ich glaube eher - das habe ich neulich schon mal geschrieben -, dass er von Oberbayern insgesamt ablenken wollte. Er (und/oder seine Bande) war schon länger im Voralpenland im Rahmen von Wohnmobilaufbrüchen aktiv. Das geschieht ja nicht so selten, auch die Polizei hat darum vielleicht nicht allzu viel Aufhebens gemacht, um den Tourismus nicht zu gefährden. Aber an diesem Tag ist gehörig was aus dem Ruder gelaufen, ein Doppelmord! Dadurch hätte sich der Fahndungsdruck erheblich erhöht, das ganze "Geschäftsmodell" in Oberbayern war gefährdet. Das könnte ich mir schon als Grund vorstellen, das Womo möglichst weit vom Tatort wegzubringen.
Ich bin nach wie vor vom Raubmotiv nicht
überzeugt, halte es aber für wahrscheinlicher als zuvor.
2. Ortskenntnisse des BlondenNoch ein paar Worte dazu, wo sich der Täter auskannte und wo nicht. Das Geschwafel des Täters, er fahre immer mit der Bahn und kenne sich nicht aus, kann man m.E. in die Tonne treten. Er war ein Verbrecher und wollte gerade seine Tat verschleiern, warum sollte man ihm nur ein Wort glauben? Außerdem hat er nachweislich gelogen: Er war die Strecke in Gegenrichtung nachweislich kurz zuvor mit dem Auto gefahren (sogar mit einem ziemlich großen, war also eher ein geübter Autofahrer), er hatte also den Weg sehr wohl gekannt, stellte sich gegenüber dem Taxifahrer aber dumm. Dass er sich im Chiemgau nach Meinung des Taxifahrers viel besser auskannte als anderswo, hat auch nichts zu bedeuten: Er musste den Fahrer ja den Weg zum Hölzl weisen, da musste er seine "geographischen" Kenntnisse notgedrungen offenbaren. Aber er hätte sicher auch den ganzen Weg gefunden. Hatte er ja auch schon, als er alleine unterwegs war. Um so eher hätte er den Weg gekannt, als er ihn zum zweiten Mal fuhr. Also vergessen wir die Aussage einfach, er kenne sich nur mit Bahnstrecken aus.
Dennoch: Wo verfügte der Blonde über Ortskenntnisse? Folgende Überlegungen dazu:
GUTE Ortskenntnisse:
- Im Chiemgau. Er wies den Taxifahrer den Weg über mehrere Landstraßen, das Hölzl war nicht großartig ausgeschildert, wir können dem Eindruck des Taxerers also wohl unbesehen glauben.
SCHLECHTE Ortskenntnisse: In Nürnberg-Altenfurt. Nach wie vor halte ich es für eine bescheuerte Idee, die (gehweglose) Oelser Straße (=St2401) entlangzuhatschen. Kein Ortskundiger käme auf einen solchen Gedanken, schon gar nicht, wenn er auf der Flucht ist und sich eigentlich verstecken will. Denn über besagte Straße musste die Polizei heranfahren und es gibt keinerlei Deckung. Und ein Fußgänger mitten in der Nacht fällt total auf, weil dort eben nie jemand entlanggeht.
Das heißt aber nicht, dass er sich in Nürnberg insgesamt nicht auskannte. Ich zitiere mal:
theodoraheuss schrieb am 02.04.2019:N ist so groß, dass man in ein paar Jahren dort lebend nicht alle Ecken so gut kennenlernt, dass man von jedem x beliebigen Ort die schnellste Route navigieren kann oder meinst du nicht?
Das ist durchaus zutreffend. Man kann in Nürnberg jahrelang leben, ohne je in Altenfurt gewesen zu sein. Denn an manchen Stellen kannte er sich möglicherweise recht gut aus:
EVENTUELL GUTE Ortskenntnisse: Nürnberger Hauptbahnhof.
Der Blonde durchquerte den Hauptbahnhof, verließ ihn durch den sogenannten "Südausgang" und bestieg dort das zweite Taxi. Es ist nicht einfach, vom Haupteingang kommend den Südausgang überhaupt zu finden. Außerdem muss man vorher wissen, dass man dort einen weiteren Taxistand vorfinden wird. Das wüsste nicht einmal ich, obwohl ich nicht weit davon entfernt wohne (allerdings bin ich auch zu meist zu geizig zum Taxifahren). Der Blonde wusste es aber möglicherweise. Einschränkend muss man allerdings sagen, dass fast alle großen Bahnhöfe einen Hinterausgang haben inklusive Taxistand. Vielleicht
vermutete es der Blonde auch nur und suchte gezielt danach. Absolute Gewissheit kann man hier also nicht erlangen.
EVENTUELL GUTE Ortskenntnisse: Nürnberg insgesamt
Dennoch glaube ich, dass ihm Nürnberg nicht ganz fremd war. Zunächst aus allgemeinen Überlegungen heraus: In einer solchen Nacht steuert man einfach kein Ziel an, das einem vollkommen fremd ist. Immerhin fand er mit dem Wald bei Altenfurt auch eine Stelle, die nahe an der Autobahn war, aber auch nicht so weit von einem großen Bahnhof, um zurückzukommen. (Wäre er nur eine Stunde früher drangewesen, hätte er von dort aus sogar bequem mit der S-Bahn fahren können.) Ferner erwähnte er gegenüber dem Taxifahrer einen "Münchener Nordostbahnhof". In München gibt es keinen "Nordostbahnhof", auch sonst praktisch in keiner Stadt, wohl aber in Nürnberg. Wenn also jemand von einem "Nordostbahnhof" redet, kann man vermuten, dass er einen Bezug zu Nürnberg hat. Und zwar nicht nur als Besucher, denn der Nordostbahnhof ist ein kleiner Regionalbahnhof, Touristen oder Geschäftsleute kommen mit ihm gewöhnlich nicht in Berühung.
SCHLECHTE Ortskenntnisse: München
Wer von einem "Münchener Nordostbahnhof" faselt (der wie gesagt nicht existiert), kommt garantiert nicht aus München und Umgebung. Und ein großer Bahnfahrer ist er auch nicht, jedenfalls nicht innerhalb Bayerns.