@fravd @escalade Zu eurer schönen, sachlichen Diskussion möchte ich auch meinen Teil beitragen:
RAIDHO schrieb:1. Er hat die Toten an einen anderen Ort verbracht (Täuschungsmanöver und Tatortverschleierung)
fravd schrieb:zu 1.) was hätte er mit den leichen denn machen sollen? sie einfach liegen lassen? es scheint eine natürliche reaktion zu sein, diese zumindest erstmal in den camper - und damit auch aus der eigenen primärwahrnehmung zu räumen (selbstdistanzierung von der tat - kommt selbst bei profikillern immer wieder vor).
Es ging
@RAIDHO ja nicht primär darum, dass er sie in den Camper geladen hat, sondern dass er sie 300 km durch die Gegend fuhr. DAS ist KEINE "natürliche Reaktion".
RAIDHO schrieb:2. Sie mitsamt ihrem Wohnwagen verbrannt (Spurenvernichtung, Erschwerung der Obduktionen)
fravd schrieb:zu 2.) auch hier die frage: hätte er den camper einfach abstellen sollen? auch wenn das thema DNS noch ende der 90er noch nicht so präsent war, wurden doch so zumindest die damals einschlägig bekannten fingerabdrücke und faserspuren relativ sicher vernichtet.
Natürlich wäre es riskant, nichts zu unternehmen. Aber viele unbedachte Kriminelle hätten das trotzdem gemacht! Sie wäre einfach geflüchtet, trotz möglicher Spuren. Darum geht es doch.
fravd schrieb:6. Schon am Tatort selbst dafür gesorgt nicht aus unmittelbarer Nähe gesehen zu werden,
weder in einem Fahrzeug, noch zu Fuß kommend (Kalkül)
fravd schrieb:da handelt es sich doch letztlich tatsächlich um viel mehr glück als taktik
Ich denke, es handelt sich um beides.
RAIDHO schrieb:7. Durch das komplette Fehlen einer Zurückverfolgbarkeit zu seiner Person hat er sein wahres
Tatmotiv größtmöglichst kaschiert (Motivverschleierung)
fravd schrieb:zu 7.) das motiv wird doch nicht nur durch seine fehlende personalie kaschiert. der tathergang selbst lässt doch bzgl. eines motivs kaum eindeutige rückschlüsse zu.
Wir kennen den Tathergang doch gar nicht wirklich - eben weil der Täter so viele Spuren zerstört hat.
RAIDHO schrieb:8. Dadurch daß er den Hauptfokus der Polizei und Ermittler an einen anderen Ort gelockt hatte,
hatte er die Möglichkeit anderweitige Spuren am wahren Tatort zu beseitigen (siehe Punkt 1.)
fravd schrieb:zu 8.) welche spuren sind denn da überhaupt vorstellbar? immerhin hat er truus brille, die patronenhülsen, die einstiegshilfe, teile des liegestuhlrahmens,... zurückgelassen. außerdem läuft er ja mit jedem aufenthalt am hölzl letztlich wieder gefahr, gesehen und evtl. doch noch mit der tat in verbindung gebracht zu werden. tatsächlich würde ein planvoller täter danach den ort großräumig meiden.
Genau deshalb blieben ja die genannten Gegenstände auch zurück - weil er den Ort, so gut es ging, mied. Ob er trotzdem etwas Verdächtiges entfernt hat, das können wir naturgemäß nicht wissen.
RAIDHO schrieb:9. Er hat es vermieden Züge zu nehmen (Minimierung von Augenzeugen)
fravd schrieb:zu 9.) die züge wären aber weit anonymer gewesen und er damit viel unauffälliger.
Zugegeben, eine Zugfahrt hätte schon auch Vorteile gehabt. Aber er hatte eh keine Wahl mehr.
Aber noch ein Wort zu
@Flusspanther Flusspanther schrieb:Der Täter ist das große Risiko eingegangen, dass der Taxifahrer die Polizei ruft, während des Zwischenhalts zum Kauf einer Landkarte oder nach dem Aussteigen.
Warum?
Eine Taxifahrt nachts vom Nürnberger Hauptbahnhof zum Münchner Flughafen ist unverdächtig. Der Fahrgast will dort entweder einen Flieger nehmen oder jemand abholen.
Der erste Verdacht musste bei dem Taxifahrer entstehen, als der Fahrgast grundlos plötzlich zu einem Münchener Bahnhof gefahren werden wollte. Wolllte er einen gebuchten Flug nicht antreten oder plötzlich doch niemand abholen? Solche Gedanken mussten sich dem Taxifahrer aufdrängen. Plötzlich will der Fahrgast nach Marquartstein gefahren werden? Der Taxifahrer kannte die Gegend nicht und hätte sich eigentlich denken müssen, dass er anders als auf der Autobahn München Nürnberg oder im Stadtgebiet von München nachts mit dem seltsamen Fahrgast über Land Strecken fahren muss, die für einen unbeobachteten Überfall ideal sind. plötzlich will der Fahrgast nicht mehr nach Marquartstein, wo nachts vielleicht ein Überfall bemerkt worden wäre. Nein, der Fahrgast will auf freier Strecke urplötzlich aussteigen. Da muss sich jeder einigermaßen erfahrene Taxifahrer denken, dass jetzt ein Überfall extrem wahrscheinlich ist. Ich habe über diesen Punkt mit drei Taxifahrern gesprochen und jeder hätte in dieser Situation Panik bekommen und sich Gedanken gemacht, wie wir mit der Taxi-Technik Stand 1997 einen Notruf loswerden können.
Sehr interessante Überlegungen. Ich als Taxifahrer wäre auch besorgt gewesen.
Vor allem aber frage ich mich, wieso der Täter solche Angaben machte.
Nach VOX: Er sagte, er habe seine Freundin verpasst und wolle ihr hinterherfahren. Nach XY: Dazu will er entweder zum Münchener Flughafen oder zum (nicht existierenden) Münchener Nordostbahnhof. Das ergibt gar keinen Sinn. Wo ist die Freundin denn?
Ich kann mir den Ablauf nur etwa so erklären:
Täter: "Fahren Sie mich zum Münchener Nordost-Bahnhof."
Taxerer: "Den gibt's gar nicht!"
Täter (verwirrt): "Dann fahren sie mich halt zum Münchener Flughafen."
Als man sich langsam München nähert,
sagt der Täter: "Ach wissen sie was, fahren sie mich gleich nach Marquartstein."
Taxerer: "Wo soll denn das bitte sein?"
Täter: "Wie man da mit dem Auto hinkommt, weiß ich nicht, ich fahre sonst immer mit der Bahn."
Taxerer: "Dann muss ich mir eine Karte kaufen."
Er tut es und sie fahren auf der A8 Richtung Marquartstein; als sie sich nähern, meint der Täter sinngemäß:
"Ich will nicht direkt nach Marquartstein. Ich kann sie jetzt lotsen, wo genau ich hinwill."
Und mitten auf der Bundesstraße sagt der Täter plötzlich: "Sie können mich hier rauslassen!"
Ob man als Taxifahrer hier Angst bekommen muss oder ob man eher zum Schluss kommt, es mit einem extrem verpeilten Fahrgast zu tun zu haben, sei einmal dahingestellt.
Aber zugegeben wirken diese ständig wechselnden Fahrtziele extrem konzeptlos. Hier hatte der Täter nun wirklich keine "Strategie", das muss ich zugeben.
Ich nehme daher an, dass er eine Zugfahrt fest eingeplant hatte und durch die ungeplante Taxifahrt erheblich ins Schwimmen gekommen ist. Es zeigt auch, dass er sich in München sehr wenig auskannte, wenn er von einem "Nordostbahnhof" faselt, was auch seine Behauptung, er würde immer mit der Bahn fahren, als Lüge entlarvt. Andererseits kannte er auch die Fahrtstrecke mit dem Auto nach Marquartstein nicht, sonst hätte er den Taxifahrer ja nicht aussteigen lassen zwecks Kartenkaufs, was für ihn ein Risiko darstellte und seine eilige Rückfahrt außerdem verzögerte. Merkwürdig.
Auf sich allein gestellt hat er vieles richtig gemacht. Aber in der Kommunikation mit anderen erwies er sich in dieser Situation zumindest als recht ungeschickt, man könnte fast sagen, er war ein schlechter Lügner...