Der Doppelmord von Horchheim (Koblenz)
23.09.2022 um 11:21maxxb74 schrieb:Tatsache ist: es ist nicht so einfach, jemanden wegen Mordes zu verurteilen. Da müssen schon so einige stichhaltige Beweise vorliegen oder aber eine lückenlose Indizienkette, es müssen auch gewisse Tatbestandsmerkmale erfüllt sein.Das stimmt so nicht. Es müssen eben keine Beweise vorliegen. Und das Konstrukt einer "lückenlosen Indizienkette" gibt es juristisch nicht. In den allermeisten Fällen hat ein Gericht keine Beweise, sondern nur Indizien. Einer der wenigen Beweise, die es gibt, wäre z.B. eine Videoaufnahme des Täters bei der Tat. Aber selbst das ist oft nicht eindeutig, z.B. muss dann auch sicher sein, dass das Video tatsächlich den Täter zeigt (z.B. bei einem maskierten Überfall oder einer Aufnahme, auf der der Täter nur von hinten zu sehen ist) und dass auch wirklich die Tat zu sehen ist (z.B. ob ein Opfer wirklich aufgrund der zu sehenden Handlungen des Täters gestorben ist oder nur schwer verletzt war).
Auch Zeugenaussagen sind nicht einfach ein Beweis, denn Zeugen können sich irren, bewusst etwas falsches sagen oder Zusammenhänge ganz anders deuten, als ein zweiter direkt daneben stehender Beobachter. Insofern werden die meisten Verurteilungen anhand von Indizien vorgenommen.
Für eine Verurteilung (egal für was) muss das Gericht nach Abwägung aller vorgebrachten Argumente zu der Überzeugung kommen, dass der oder die Angeklagte die Tat auf die angenommene Art und Weise begangen hat. Dazu braucht es keinen Beweis und die Indizien können durchaus auch lückenhaft sein (z.B. wenn man nicht genau sagen kann, wie das Opfer umgebracht wurde, weil man die Leiche erst nach Jahren findet).
Der Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" gilt für diese Gesamtschau, aber eben nicht für jedes einzelne Indiz. Zunächst werden in einem Prozess alle Indizien (und Beweise) verhandelt, die Für- und Gegenargumente gehört. Am Ende werden alle Argumente zusammen abgewogen und die Richter müssen sich fragen, ob ihnen nach Berücksichtigung aller Argumente (sowohl der be- wie auch der entlastenden) noch Zweifel bleiben.
Harbort dagegen pflückt sich jeweils ein Indiz heraus und stellt dann dar, welche Zweifel er an diesem einen Indiz hat. Allerdings kann ein Indiz für sich alleine genommen eine ganz andere Aussagekraft als in der Gesamtschau haben. Wieso muss man eine Ewigkeiten darauf verschwenden, ob der Schlüssel geworfen oder gelegt wurde, wenn nur das Ehepaar Schemmer senior und das Ehepaar Schemmer junio überhaupt einen Schlüssel hatten? Wieso ist es relevant, dass der Motorradfahrer nicht mit Harbort reden wollte? Er hat bei der Polizei und vor Gericht eine Aussage gemacht, nur weil er die jetzt nicht vor irgendwelchen selbst ernannten Profilern und Journalisten wiederholen will, wird die Aussage nicht unglaubwürdiger.
In der Gesamtwürdigung kommt eben nur Henrike Schemmer als Täterin in Frage, und damit handelt es sich um ein jurstisch sauberes Urteil.