MisterEko schrieb am 18.11.2021:Nur wenn ich in meinem irrwitzigen "Kampf" gegen den sog. "Justizirrtum" nicht mehr vorzuweisen habe, als meine Beteuerung, dass meine Frau ja zu so etwas nicht fähig ist...ja dann wird die Luft halt verdammt dünn.
Da wird die Luft juristisch gesehen dünn, da stimme ich zu.
Aber ich kann mir schon vorstellen, dass die persönliche Überzeugung daran, dass die eigene Frau "zu sowas gar nicht in der Lage ist" psychologisch ausreicht, im vor sich selber zu rechtfertigen, weiter an deren Unschuld zu glauben. Man muss sich vorstellen, was daran hängt, wenn man diese Prämisse für sich selber aufgeben müsste: man müsste sich eingestehen, dass man sich Jahrzehnte seines Lebens lang in dem Menschen getäuscht hat, der einem am nächsten stand. Dass der die eigenen Eltern umgebracht hat. Dass man vielleicht sogar so etwas wie eine moralische Mitschuld daran trägt, weil man den Plan für den Mord nicht mitbekommen hat, den Partner nicht durchschaut hat. Weil man in dem Konflikt, der dem Mord vorausging, den Ehepartner darin bestärkt hat, dass er von den Eltern ungerecht behandelt wurde. Und natürlich, dass man man den wahren Charakter des anderen und die Gefahr für die Eltern hätte erkennen müssen.
Psychologisch gesehen ist das dann keine dünne Luft, sondern vielmehr ein dickes Brett. Für BS steht damit viel auf dem Spiel, nicht juristisch oder finanziell gesehen, aber er müsste schon einen sehr dicken Haken an sein bisheriges Leben machen. Da sieht man die eigene Frau doch lieber als Justizopfer, als dass man sich über Jahrzehnte in ihrem Charakter getäuscht hat oder noch schlimmer, sich von ihr darüber, wie sie wirklich ist, hat hinters Licht führen lassen.
Versteht mich nicht falsch, BS ist erwiesenermaßen unschuldig, die Polizei hat sehr gründlich geprüft, ob er Mittäter oder auch nur Mitwisser war. Durch die Telefonprotokolle geht eindeutig hervor, dass er nach der Tat nicht die geringste Ahnung hatte, was wirklich in Koblenz passiert ist. Aber dass man juristisch gesehen unschuldig an der Ermordung seiner Eltern ist, befreit einen nicht vor Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen, dass man die Tat, hätte man das eher durchschaut, hätte verhindern können. Wenn die Eltern im 300 km entfernten Koblenz dagegen von völlig fremden, geldgierigen Einbrechern ermordet worden wären, wäre das auch schlimm gewesen, auch daran hat man schwer zu tragen, aber es wäre halt ein tragischer Schicksalsschlag gewesen, den man gemeinsam mit der Ehefrau hätte verarbeiten können.