@meerminmeermin schrieb:Es mag ja sein, dass die Zeugin wirklich Frau Graf sah, aber alle Argumente die von Seiten der Polizei veröffentlicht wurden um die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin zu untermauern sind für mich anzweifelbar. Die Zeugin kann ihre profunden Beobachtungen ebensogut während der xy-Sendung getätigt und dann alles zu einem plausiblen Gesamtbild zusammengefügt haben.
Das ist in dieser Pauschalität falsch. Ich empfehle Dir dringend, Dich einmal mit Zeugen- und Vernehmungspsychologie auseinanderzusetzen. Dieses Buch halte ich für einen guten Einstieg: Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage: Theorie und Praxis der forensisch-psychologischen Begutachtung: Die Praxis der forensisch-psychologischen Begutachtung, erschienen im Beltz-Verlag.
Nochmals zum vorliegenden Fall. Drei Kriminalbeamte (Gargosch, Mertens, Östermann) haben die Zeugin als glaubwürdig eingestuft, nicht nur einer. Das gründet sich (vermutlich neben den der unmittelbaren Wahrnehmung des Verhaltens bei der Aussage) auf folgende Punkte:
* Die Zeugin kannte Nelli Graf persönlich.
* Die Zeugin konnte sich an den richtigen Aufdruck der Jacke erinnern.
* Die Zeugin konnte sich an Einzelheiten des Fahrrades erinnern, die nicht einmal mehr dem ermittelnden Kriminalbeamten so präsent waren (dess monatelanger Umgang mit dem Fall sicherlich nicht schlechter war als das, was man einmal im Fernsehen sieht).
* Der beobachtete Vorgang steht im Einklang mit den übrigen bekannten Fakten des Falles, insbesondere:
- Uhrzeit
- Richtung aus der Nelli Graf beobachtet wurde
- Richtung in die sie gefahren ist
* Die Zeugin hat jeden Freitag den gleichen Tagesablauf, der genau diese Beobachtung ermöglicht.
* Die Zeugin hat einen plausiblen Grund für Irritation angegeben (falsche Jacke in Zeitung) der zugleich ihre Beobachtungsgabe unterstreicht.
Um hier zu einem anderen Ergebnis zu kommen, müsst man nicht nur drei erfahrenen Kriminalbeamten (auch ausgebildet in Zeugenpsychologie) unterstellen, dass sie hier einen schweren Fehler begangen haben, sondern auch einer Frau, die Nelli Graf persönlich gekannt hat, unterstellen, ein elaboriertes Lügenkonstrukt aufgebaut zu haben, dieses in gewissem Sinne sogar eingeübt zu haben, um der Polizei sagen zu können, dass sie Nelli Graf hat auf die Pestalozzistr. abbiegen sehen, ohne davon im Übrigen irgendeinen Vorteil zu haben, etwas was sie auch gleich nach dem das Fahrrad gefunden wurde, hätte tun können, wenn es ihr nur darum gegangen wäre.
Anzweifeln kann man natürlich immer alles, die Frage ist immer, wie wahrscheinlich etwas ist. Und hier ist es - nicht nur aber auch - aufgrund der Feststellungen der vernehmenden Beamten, der Fülle der zusammenpassenden Details der Aussage und der völlig fehlenden Motivation für eine bewussten Falschaussage sehr, sehr wahrscheinlich, dass diese Zeugin die Wahrheit gesagt und eine wichtige Beobachtung gemacht hat.