emz schrieb:Das OLG scheint mir einzig auf die Verhältnismäßigkeit der Dauer abgestellt zu haben, nicht auf die Gefährlichkeit.
In die Abschätzung der Verhältnismäßigkeit geht aber doch die erwartete Gefährlichkeit mit ein. Müsste man sicher damit rechnen, dass der Untergebrachte darauf aus wäre, die erste sich ergebende Gelegenheit zu nutzen, um erhebliche sexuelle Übergriffe zu verüben, und die Gefahr groß wäre, eine solche Gelegenheit nicht verhindern zu können, wäre die Gefährlichkeit eben entsprechend höher einzuordnen gewesen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht es aber so gesehen, dass die Gefahr genügend gering ist, und daher zugunsten des Freiheitsanspruchs entschieden werden muss.
emz schrieb:Vielleicht liege ich ja falsch, aber ich meine, dass es den Gerichten eher nicht um die Erhaltung ihres Ansehens geht. Staatsanwälte und Richter sind Beamte, heißt also, sie werden nicht gewählt und können auch nicht gekündigt werden, so dass sie die Möglichkeit haben, sich einzig an das zu halten, was die §§ vorgeben, ohne dass ihnen da beispielsweise ein Politiker so richtig dazwischenquatschen kann. Und ob ihre Entscheidung dem gesunden Volksempfinden entspricht, dürfte ihnen eher am Selbigen vorbeigehen.
Naja, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit wird ihnen schon wichtig sein... so wie anderen Menschen eben auch. Niemand möchte wohl vorgeworfen bekommen, schlechte Arbeit geleistet zu haben. Vor allem dann, wenn diese schlechte Arbeit so gravierende Konsequenzen zur Folge hatte, wie die Verurteilung eines Unschuldigen wegen Mordes, und daraus u.U. resultierend eine jahrelange ungerechtfertigte Unterbringung im Maßregelvollzug.
Man muss doch mal eines sehen: Die Verurteilung wegen Mordes ist mittlerweile hinfällig. Und im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens sind einige gravierende Fehler und Versäumnisse zutage getreten, so dass man mittlerweile wohl sagen kann, dass es zu einer Verurteilung auch schon 2004 eigentlich nicht hätte kommen dürfen (und vermutlich
auch nicht zur Feststellung des sexuellen Missbrauchs an P.K., die NUR auf U.K.s Aussagen beruhte!). Wäre U.K. also nicht wegen anderer Vorkommnisse in der Psychiatrie gelandet, hätte er bis zur Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens bereits einige Jahre zu Unrecht in Haft verbracht. Und dass es überhaupt zur Wiederaufnahme kam, ist ja nun auch nicht der Justiz zu verdanken... wäre es nach ihr gegangen, hätte U.K. seine lebenslange Haftstrafe verbüßen müssen. So ein Fehler ist also ungefähr der Super-Gau schlechthin für die Justiz. Peinlich, peinlich.
Nun hat man hier aber einen Spezialfall: Der Verurteilte hatte mehrfachen sexuellen Missbrauch an Kindern verübt, weswegen er schon vor der Verurteilung in der forensischen Psychiatrie untergebracht war, und auch nach der Verurteilung dort untergebracht blieb. Man hatte also nach dem Freispruch die Möglichkeit einer einzigartigen Rechtfertigung und Relativierung... "Jaaa, die Verurteilung wegen Mordes hat ja gar keinen Unterschied gemacht...
deswegen ist er ja gar nicht in der Psychiatrie... ohne Verurteilung wäre es also genau so gelaufen für ihn"... usw.. Diese Rechtfertigung hat man aber eben nur, wenn U.K.
tatsächlich auch ohne Mordurteil so lange untergebracht gewesen wäre. Genau das glauben zu machen, könnte also sehr wohl das Bestreben derer sein, die nicht offen und ehrlich die Verantwortung dafür übernehmen wollen, einem Menschen fälschlicherweise jahrelange Unfreiheit beschert zu haben...