Sechs Antworten zum Peggy-Prozess
Freispruch für Ulvi K. - und jetzt?
Aktualisiert: 15.05.2014 - 13:10
München - In der Wiederaufnahme des Peggy-Prozesses ist der bisherige Tatverdächtige Ulvi K. freigesprochen worden. Die Suche nach dem Mörder geht damit von vorne los. Und es ergeben sich Fragen:
Das Urteil im Bayreuther Peggy-Prozess kam nicht mehr überraschend. Mit einem Freispruch für den geistig Behinderten Ulvi K. ist Mittwoch der erneute Mordprozess um die seit 13 Jahren spurlos verschwundene Schülerin aus Lichtenberg zu Ende gegangen. „Er ist aus tatsächlichen Gründen freizusprechen; ein Tatnachweis ist nicht möglich“, sagte der Vorsitzende Richter Michael Eckstein. Zuschauer applaudierten, die Suche nach dem Mörder geht damit von vorne los. Und es ergeben sich Fragen:
Kommt Ulvi jetzt frei?
Nicht sofort. Vorbei an Glückwunsch-Schildern wurde er zurück ins Bezirkskrankenhaus Bayreuth gefahren. Dort sitzt er seit 2001, weil er sich vor Kindern in Lichtenberg entblößt hatte. Nach dem Freispruch hat das Landgericht Bayreuth aber seine erneute psychiatrische Untersuchung verfügt. Laut Landgerichtssprecher Thomas Goger könnten sich wesentliche Gesichtspunkte für die Gefährlichkeitsprognose geändert haben. Im Januar entscheidet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts, ob Ulvi K. aus der Psychiatrie entlassen wird.
Bekommt er Haftentschädigung?
Nein. Ulvi K. wurde zwar vom Landgericht Hof am 30. April 2004 wegen Mordes an Peggy Knobloch schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Tatsächlich hat er aber bis heute keinen einzigen Tag dieser Strafe abgesessen. Das ist auch der Grund, warum Ulvis Anwalt Michael Euler bisher keinen Antrag auf Entlassung aus der Psychiatrie gestellt hat – ohne Freispruch wäre Ulvi sofort ins Gefängnis gekommen.
Müssen sich Ermittler verantworten?
Nein. Richter Michael Eckstein ließ in seinem Urteil keine Kritik an der polizeilichen Ermittlungsarbeit erkennen. Ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Soko-Beamte wegen Aussageerpressung und angeblicher Gewaltandrohungen wurde bereits vor einiger Zeit eingestellt. Die Polizisten von damals sind größtenteils weiter im Polizeidienst, Der Soko-II-Chef Wolfgang Geier leitet die Kripo in Würzburg.
Wie ist der Stand der neuen Ermittlungen?
Aktuell laufen Ermittlungsverfahren gegen drei Verdächtige: Holger E. (30) aus Halle – er bezeichnete Peggy als seine „Schwester“ und trug ein Amulett mit ihrem Foto. Holger E. sitzt wegen Missbrauchs seiner Tochter in Haft. Sein Halbbruder Jens B. (41), der Nachbar von Peggy, gilt ebenfalls als verdächtig, für den Zeitpunkt von Peggys Verschwinden am 7. Mai 2001 besitzt er kein Alibi. Und dann gibt es noch Robert E. (67), ein weiterer Nachbar von Peggy, der Kinder missbraucht hatte. Sein Garten wurde im April 2013 auf der Suche nach Peggys Leiche ausgehoben – ohne Ergebnis.
Wie geht es Peggys Mutter, und was sagt sie?
Als Susanne Knobloch (41) dies Mittwoch vor dem Landgericht Bayreuth gefragt wurde, stiegen ihr Tränen in die Augen. Da sie bis heute nicht weiß, wo ihre Tochter ist, war das erste Urteil gegen Ulvi aus dem Jahr 2004 das einzige, woran sie sich klammern konnte. Nun sagt sie: „Die Hoffnung bleibt, dass trotz allem weiter gesucht wird, dass die Arbeit, die seit 2012 aufgenommen wurde, weitergeht.“
Wie reagierten Ulvis Eltern auf den Freispruch?
Sie luden den Unterstützerkreis zu einer großen Feier ins Restaurant Bürgerreuth auf dem Festspielhügel ein. Dass ihr Sohn zu ihnen nach Lichtenberg zurückkehrt, wünschen sie sich zwar, aber: „Die Jugend dort“, sagen sie, „die nervt ihn.“
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