Kaietan schrieb:OK. Wir halten fest: Die Polizei definiert deiner Meinung nach immer die Wahrheit, die gerade am besten zu ihrer Arbeitshypothese passt. Zeugenaussagen werden in so zurechtgebogen, dass der Fall möglichst dramatisch wirkt und dringlicher wird.
Nein, es dürfte kaum um „zurechtbiegen“ gehen. Hier geht es um die Interpretation von Aussagen, welche vermutlich doch nicht so ganz klar waren und doch etwas Spielraum ließen, so dass die Interpretation doch zu diesem damaligen Zeitraum hieß, dass sie in die Stadt wollte. Wie es dazu kam, wissen wir hier heute nicht. Die Umstände waren damals so, dass Tanja jedenfalls nicht mehr dort oben vermutete wurde, das schloss man geradezu aus (weil man sie nicht gefunden hatte), was sich im Nachhinein als Irrtum herausstellte.
In einem solchen Kontext wird dann aber u.U. eine Bemerkung Tanjas, die beispielsweise während des Gesprächs gefallen war u.U. überbewertet und daraus wird dann eben ein – sie wollte in die Stadt.
Wir dürfen uns aber nicht vor den echten Fakten verschießen, wir wissen nun, dass Tanja erfahren hatte, dass die anderen Studenten nicht aus sie warten sondern sich ein Taxi nach Talforst nehmen wollten (sie waren nicht mehr am abgesprochenen Treffpunkt).
Fakt ist auch, dass von Seiten dieser Truppe keinerlei Anrufe mehr erfolgten, etwas mit der Frage „Wo bist Du“.
Es ist anzunehmen, dass Tanja nicht genug Geld für ein Taxi hatte.
Dann gibt es natürlich als Fakt nun auch den Fundort mit keinerlei Hinweisen eines Kaptaldelikts.
Eigentlich neu für die Ermittler nun der letzte Punkt.
Ob es zu einem Streit kam, wissen wir nicht und über diesen Punkt hatten wir schon vor der PK3 gerätselt, ob vielleicht Tanja nur gute Miene zum „bösen“ Spiel gemacht haben könnte und ihre wirklichen Absichten nicht gesagt hat oder es ihr erst nach dem Telefongespräch klar wurde. Wir hatten damals auch nicht gewusst, wann der erste Anrufversuch gestartet wurde. Fakt ist nun, von dieser Truppe ging kein Einziger aus und AH wähnte Tanja zu Hause, was ein ganz deutliches Zeichen ist, dass man sie gar nicht mehr erwartet hatte.
Wenn man aber andere Vermisstenfälle ansieht, ist für die Ermittler das Nichtauffinden einer Person nach einer gewissen Zeit ein äußerst schwerer Hinweis für ein Kapitaldelikt. Ja, ein gewisses „Dramatisieren“ kann man da schon erkennen, wie im Fall Birgit A. aus Lohmar, wo die Ermittler auch von einem Gewaltverbrechen ausgehen, obgleich es keinerlei echte Hinweise dafür gibt. In manchen Fällen stellt sich diese Annahme als fehlerhaft heraus, so wie im Fall Tanja Gräff. Die Ermittler mussten mit dem Auffinden wieder bei null anfangen, da Interpretationen, welche ursprünglich von einem Kapitaldelikt ausgingen, nun obsolet geworden waren. Genau das haben auch die Ermittler in der PK2 klar ausgedrückt. Alles musste nun neu gesichtet werden, was u.U. damals auf Grund der anderen Umstände anders interpretiert worden sein könnte.
Manch einer, der immer noch gern ein Kapitaldelikt dahinter sieht, wird sicherlich an diesen ursprünglichen Ansichten der Ermittler gerne festhalten, die aber unter einer falschen Prämisse erfolgte (Nicht Aufgefunden -> Kapitaldelikt). Die Ermittler selber sehen das eben mittlerweile anders (aus meiner Sicht vollkommen berechtigt), sie sehen den Weg Tanjas in Richtung Felsen für möglich sogar ein Alleingang dorthin als wahrscheinlichste Variante an.