Der tragische Tod von Tanja Gräff
28.07.2015 um 02:58LynnCare schrieb:Gesichert scheint zu sein, dass sie beim letzten gesicherten Sehen beziehungsgenervt und verärgert wirkte. Sie könnte z. B. Liebeskummer gehabt haben und als "Natur- und Sportmensch" dann eben frische Luft gebraucht haben.OK, vorausgesetzt die angenommene Situation, Liebeskummer nach Zurückweisung, war real, könnte es so gewesen sein.
Das Problem ist, dass schon die Annahme fiktiv ist. Man nimmt eine Abfuhr durch den Schwarm an, weil Tanja danach an diesem unerwarteten Ort zu Tode kam. Man weiß aber genau gar nichts darüber, was zwischen Tanja und AH zuletzt tatsächlich besprochen wurde - das könnte auch komplett gegenteilig gewesen sein, oder neutral. Also es ist denkbar, dass sie weiterhin vorhatte, in die Stadt zu kommen, unter welchen Vorzeichen in Bezug auf AH auch immer. Es ist auch denkbar, dass es ihm recht gewesen wäre, wenn sie in die Stadt zu ihm gekommen wäre, oder er sich sogar darauf freute. Es ist auch denkbar, dass es umgekehrt war, und Tanja AH versetzte und er der Enttäuschte war und sie ihn links hat liegen lassen.
Ebenso ist es denkbar, dass das letzte Gespräch durchaus enttäuschend für sie war - wenn man Tanjas intensive Verliebtheit voraussetzt. Das ist aber wieder nur eine recht kühne These - weil eigentlich ist das auch nur ein gefälliges Gerücht um den ganzen Fall herum.
Die Deutung dieser völlig undokumentierten Begebenheiten erfolgt immer nur retrospektiv bzw. deduktiv.
Verliebtheit und Enttäuschung versteht zwar jeder, aber nur weil sich dieses Motiv eignet, den Gesamtzusammenhang zu deuten, stellt das immer noch keinen realen Kommunikationsverlauf dar, sondern einfach eine phantasievolle Deutung. Und eben möglicherweise eine Täuschung. Solange man keine Fakten zu den Kommunikationsinhalten und der Beziehungs-Konstellation hat, hat man eben keine. Nur Talk-Talk. Nicht viel wert.
LynnCare schrieb:Sie könnte z. B. Liebeskummer gehabt haben und als "Natur- und Sportmensch" dann eben frische Luft gebraucht haben. Ich mache das auch oft, z. B. nach der Beerdigung meines Vaters verzog ich mich sofort in den WaldJa OK. So funktioniert Empathie. Man fühlt mit jemand anderem mit. Und schließt von sich auf andere.
Solange es dabei um Anteilnahme und Ausdruck von Mitgefühl geht, ist das mehr als löblich und zutiefst menschlich. Allerdings ist diese Art von Mitfühlen nicht dazu geeignet, eine konkret reale Situation, in der sich eine andere, einem persönlich unbekannte Person befunden hat, zu verstehen.
Das ist dann einfach ein Kurzschluss. Man ersetzt das Du mit dem Ich und negiert damit das Du und die unterschiedliche Situation der anderen Person.
Und Tanja hat eben etwas anderes erlebt in den Minuten bevor sie abstürzte, als Du oder ich oder irgendwer. Und Intuition, die sich an keinerlei konkreten Gegebenheit orientiert, ist mMn nichts wert, was den konkreten einmaligen Ablauf angeht, der Tanjas Absturz und Tod voraus ging.
Ich mein, es ist schon wahr, das viele Menschen bei Schicksalsschlägen die Einsamkeit suchen, um zu sich zu finden - andere tun aber das Gegenteil und suchen die Masse und Ablenkung. Und wir wissen nicht, bzw haben nicht wirklich einen Anlass anzunehmen, dass Tanja einen Schicksalsschlag erfuhr, bevor sie an diesen verhängnisvollen Ort ging bzw. dahin befördert wurde. Es könnten völlig von diesem angenommenen Beziehungsmotiv abweichende Parameter sein, die sie zu diesem Ort führten. Und welche "Parameter" das nun wirklich tatsächlich, in echtem Leben waren, das ist eben die Hauptfrage.
Das vermeintlich Naheliegende kann auch ein Trugschluss sein, wenn die Grundannahmen nur Vermutung sind.