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Mordfall Charlotte Böhringer

28.687 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, München, 2006 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Charlotte Böhringer

Mordfall Charlotte Böhringer

05.03.2019 um 12:07
Zitat von RosenmontagRosenmontag schrieb:Dass das " Durchwühlen" des Büro´mit der Mordtat in Verbindung steht ist eigentlich gar nicht gesicherte Erkenntnis.
Es stellt sich mir die Frage: wurde das Büro erst viel später durchwühlt?
Der Mord wurde eventuell schon viel früher am 16.5.19 entdeckt, von jemanden, der dann das Büro durchwühlt hat.
Zur Wohnung könnte es auch noch andere Zugänge geben.

Es müßte ja nicht mal unbedingt der sellbe Täter sein.
Sorry an alle, habe das falsche Datum geschrien. Meinte natürlich den 16.5.06!


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Mordfall Charlotte Böhringer

05.03.2019 um 20:24
Zitat von TheGreyCatTheGreyCat schrieb:ärgere mich immer ein bisschen, dass ich nie etwas beitragen kann, obwohl ich seit 15 Jahren nur 5 Minuten von der Böhringer Garage entfernt wohne und Bekannte von mir mit dem Bence studiert haben. Daher musste ich diese Chance nutzen, sorry.
Hallo @TheGreyCat und herzlich Willkommen,
ich finde es richtig interessant, dass du gleich in zweierlei Hinsicht so nah an diesem Fall bist. Das ist etwas in diesem Forum ganz besonderes, auch wenn hier einige sich schon lange mit dem Fall beschäftigen.
Da ja das angenommene Motiv ganz eng mit der sogenannten "Studienlüge" verknüpft wurde, finde ich es sehr interessant, dass du ehemalige Kommilitonen von BT kennst. Was waren denn deren Eindrücke, denn ich denke mir, dass der Prozess sicherlich eine Zeit lang Gesprächsthema war.


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Mordfall Charlotte Böhringer

05.03.2019 um 22:06
Meine Rechnungen über den Todeszeitpunkt von CB habe ich inzwischen einigermaßen abgeschlossen.
Bevor ich auf Einzelheiten eingehe möchte ich klarstellen:

- Auch mir ist bewusst, dass es neben der Körpertemperatur auch andere Wege gibt, den Todeszeitpunkt festzustellen. Die bewerte und diskutiere ich in diesem Zusammenhang nicht.
- Meine Ausführungen sind wertfrei. Ich gehöre keiner Interessengruppe an, die möglicherweise Medien oder die öffentliche Meinung zugunsten von BT beeinflussen will, aber auch nicht das Gegenteil zum Ziel hat.
- Ich mag es aber auch nicht, wenn ein Gericht der Öffentlichkeit grobe Fehler als Wahrheit verkauft.
- Ich stelle mich gern sachlicher Kritik zu meinen Ausführungen (am liebsten wenn diese konstruktiv ist).
- Auf Polemik im Sinne "Lass die Finger davon, wenn du dich nicht auskennst" werde ich nicht eingehen.
- Ich bin kein Gerichtsmediziner und weiß deshalb auch nicht genau, wie eine derartige Obduktion abläuft. Konkret, wie mit einem Opfer vor Beginn der Obduktion verfahren wird (Kleidung, Abdeckung, Wärmeisolierung, Kühlung). Ich würde mich freuen, wenn mir hier jemand mit Fakten hilft.
- Die verwendeten Rechenverfahren habe ich mir nicht für diesen Zweck aus den Fingern gesogen. Vielmehr verwende ich sie seit mehr als 40 Jahren für andere Zwecke. Die Simulationsrechnungen habe ich begonnen, weil mir die verwendete Methode geläufig ist.

Weil die nötigen Informationen nicht verfügbar sind, habe ich zunächst angenommen, dass die Angaben des Urteils wahr sind:
Todeszeitpunkt von CB am 15.05.2006 gegen 18:30 Uhr
Auffinden des Opfers am 16.05.2006 gegen 19:00 Uhr
Umgebungstemperatur 19,4 Grad
Messung der Körpertemperatur von 20,4 Grad am 17.05.2006 gegen 2:50 Uhr

Daraus lässt sich der zeitliche Verlauf der Körpertemperatur berechnen. Die mittlere Kurve in der folgenden Grafig zeigt diesen.

koerpertemperatur umgebung konstant

Wie stabil ist eine Aussage, die auf dieser Kurve aufbaut? Lässt sich damit der Todeszeitpunkt auf ein Zeitintervall von nur 45 min eingrenzen?
Das hängt letztlich davon ab, wie genau die im Urteil angegebenen Daten wie Umgebungstemperatur und Körpertemperatur ermittlt bzw. eingehalten sind. Deshalb habe ich die Rechnung für leicht veränderte Umgebungstemperaturen von 19,2 und 19,6 Grad wiederholt. Das sind die beiden anderen Kurven.

Der Beginn der Kurven verschiebt sich dabei um ca, 2 Stunden in die eine oder andere Richtung. Wenn wir also zulassen, dass die angegebene Umgebungstemperatur um nur 0,2 Grad falsch ist, öffnet sich ein Zeitfenster von 270 Minuten (16:00 bis 20:30) statt des Fensters von 45 Minuten, von dem im Urteil die Rede ist. Hinzu kommen weitere Ungenauigkeiten. Selbst wenn wir von der Richtigkeit der im Urteil enthaltenen Daten ausgehen, ist das reale Zeitfenster weit breiter als 4,5 Stunden. Ich halte über 10 Stunden für realistisch.

Gegen 1:20 soll rektal eine Körpertemperatur von 15 Grad gemessen worden sein. Ich weiß nicht, woher die Information genau stammt (stand in der AZ). Wenn diese Information richtig ist, ist es ein Super-Gau für die Gerichtsmedizin. Dazu das folgende Bildchen:

koerpertemperatur umgebung variabel

Hier habe ich die Abkühlungskurve gezwungen, die 15 Grad um 1:20 Uhr zu treffen. Die Annahmen dazu sind:
- Todeszeitpunkt von CB am 15.05.2006 gegen 18:30 Uhr
- Auffinden des Opfers am 16.05.2006 gegen 19:00 Uhr
- Umgebungstemperatur zwischen Tod und Auffinden konstant 19,4 Grad
- Umgebungstemperatur zwischen Auffinden und Einliefern in die Gerichtsmedizin gegen 21:00 Uhr 15 Grad
- Messung der Körpertemperatur von 15 Grad am 17.05.2006 gegen 1:20 Uhr
- Nach dem Auffinden leichtere Bekleidung des Opfers, die einen Faktor 2 schnellere Wärmeabgabe erlaubt

Die untere blaue Kurve stellt die Umgebungstemperatur dar. Die obere blaue Kurve stellt die Körpertemperatur dar. Die gestricheklte schwarze Kurve ist identisch mit der mittleren Kurve der ersten Grafik.

Das Rechnung liefert eine Umgebungstemperatur von 11 Grad zwischen Einliefern in die Gerichtsmedizin um ca. 21:00 und Beginn der Obduktion um 1:20. Wenn wir von gleichbleibender Wärmeisolierung des Leichnams bis zur Obduktion ausgehen, sinkt die Temperatur während der Stunden vor der Obduktion auf 5 Grad.
Beides bedeutet, das die Leiche bis zur Obduktion gekühlt wurde. Damit wird verständlich, warum das Gericht der Theorie von 20,4 Grad am 17.05.2006 gegen 2:50 Uhr folgt. Eine Kühlung vor der Temperaturmessung macht jeden Ansatz zur Abschätzung des Todeszeitpunkts zunichte.

Bisher habt ihr nur eine Auflistung der wichtigsten Infos gelesen. Der ausführliche Text steht auf
www.radonmaster.de/charlotte-b/ueberpruefung_todeszeitpunkt.pdf

Zusätzlich gibt es noch jede Menge weiterer Infos auf der Seite
www.radonmaster.de/charlotte-b
Dazu gehören eine Beschreibung der Rechenmethode und zusätzlich die Verifikation der vom Gericht indirekt angenommenen Bekleidung des Opfers. Die Rechnung selbst erfolgt auf einfache Weise mit Excel-Tabellen. Auch diese sind dort zu finden. Damit darf dann jeder Interessent selbst spielen.


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Mordfall Charlotte Böhringer

05.03.2019 um 22:34
@robernd

Prof. Püschel sagt ja nicht, das Zeitfenster ist nur 45 Minuten, sondern er sagt, Todeszeitpunkt von 18.15 bis 19.00 Uhr kommt gut in Frage, wird aber unwahrscheinlicher, je grösser der Abstand zu 19.00 Uhr ist.

Hier verbindet er aber zwei Methoden miteinander: 1) Messung der Körpertemperatur und 2) Einnahme der letzten Mahlzeit plus Bild des Mageninhalts.
Und er sagt: Abkühlung der Leiche umso besser erklärbar, je näher Todeszeitpunkt an der Aufnahme der letzten Mahlzeit ist (14.00 Uhr).
Der wahrscheinlichste Zeitpunkt, wenn er nach der letzten Mahlzeit geht, ist bei 17.00 Uhr.
90%iger Streubereich zwischen 15.00 Uhr und 23.00 Uhr.

Ich denke, das müsste man dann eben schon auch noch einbeziehen und man müsste mehr wissen über den Zusammenhang zwischen der Methode Todeszeitpunktbestimmung nach Körpertemperatur und nach letzter eingenommener Mahlzeit.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 06:58
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Prof. Püschel sagt ja nicht, das Zeitfenster ist nur 45 Minuten, sondern er sagt, Todeszeitpunkt von 18.15 bis 19.00 Uhr kommt gut in Frage, wird aber unwahrscheinlicher, je grösser der Abstand zu 19.00 Uhr ist.
Sollte man also annehmen, dass 19:00 damit nach Prof. Püschel der wahrscheinlichste Zeitpunkt ist? Ob man stattdessen mit einer Zeit von 16:00 oder 20:30 rechnet ändert nicht viel. Die Zeitspanne bis 2:50 ist auf jeden Fall so lang, dass keine bessere Aussage möglich ist.
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Und er sagt: Abkühlung der Leiche umso besser erklärbar, je näher Todeszeitpunkt an der Aufnahme der letzten Mahlzeit ist (14.00 Uhr).
Je mehr Zeit verfügbar ist, desto kälter wird sie natürlich. Je weiter man von 2:50 weg ist, desto schwieriger wird es jedoch, weil die Kurven am unteren Ende dann noch flacher verlaufen. Die Kurven lassen sich dann fast beliebig hin und her schieben, ohne dass um 2:50 ein Unterschied zu 20,4 Grad erkennbar ist.

Die Aussage ist besonders gut nachvollziehbar, wenn während dieser Überlegung im Hinterkopf steckte, um 1:20 eventuell 15 Grad zu treffen.
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Der wahrscheinlichste Zeitpunkt, wenn er nach der letzten Mahlzeit geht, ist bei 17.00 Uhr.
90%iger Streubereich zwischen 15.00 Uhr und 23.00 Uhr.
Das widerspricht meinen Rechenergebnissen nicht. Einen 90 -%-Streubereich anzugeben, halte ich für extrem gewagt. Dahinter müssten Studien stehen, die einem derartigen Zusammenhang den Verlauf einer Normalverteilung bescheinigen. Wenn man sich ansieht, wie hoch die Anforderungen an so eine Aussage sind, glaubt man eher an ein Bauchgefühl.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 07:05
Zitat von roberndrobernd schrieb:- Auch mir ist bewusst, dass es neben der Körpertemperatur auch andere Wege gibt, den Todeszeitpunkt festzustellen. Die bewerte und diskutiere ich in diesem Zusammenhang nicht.
So ist es. U.a. Zeugenaussagen sind eingeflossen (z.B. das letzte Telefonat des Mitarbeiters W. mit Frau Böhringer), um den Todeszeitpunkt so exakt wie möglich einzugrenzen. Du musst das nicht diskutieren, aber unter den Tisch fallen lassen kann man es halt auch nicht - was leider von einigen Usern hier praktiziert wird.


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06.03.2019 um 07:58
Zitat von roberndrobernd schrieb:Sollte man also annehmen, dass 19:00 damit nach Prof. Püschel
Sorry, ist natürlich nicht Prof. Püschel, sondern vermutlich Prof. Eisenmenger, der damals noch Chef der Münchner Rechtsmedizin war.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Einen 90 -%-Streubereich anzugeben, halte ich für extrem gewagt. Dahinter müssten Studien stehen, die einem derartigen Zusammenhang den Verlauf einer Normalverteilung bescheinigen. Wenn man sich ansieht, wie hoch die Anforderungen an so eine Aussage sind, glaubt man eher an ein Bauchgefühl.
Ich habe mir das auch überlegt, wie er zu dieser Aussage kommt und ich denke, da gibt es vermutlich schon empirische Studien diesbezüglich.

Aber noch eine andere Frage: Du hast bei Deiner Berechnung Umgebungstemperatur einbezogen und was dann noch genau? Kleidung, Gewicht, Luftzugsbedingungen?


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06.03.2019 um 09:21
@robernd
@Mark_Smith

Mal eine Frage als Laie, was den Todeszeitpunkt betrifft:

Woher will man eigentlich wissen ab wann C.B wirklich tot war?

Die Berechnungen mit der Körpertemperatur und den Zeiten ist mir ja einleuchtend.
Was ist aber wenn C.B nicht gleich tot war?
Der Täter prügelt auf sie ein , C.B bleibt schwer verletzt am Boden liegen und verstirbt erst 30 Minuten, oder gar eine Stunde später an ihren Verletzungen?

Denn die Körpertemperatur fällt doch auch wahrscheinlich allein schon durch den Blutverlust, später dann doch erst wenn man gestorben ist, oder?


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 09:53
@robernd
Kannst mir mal Deine Startwerte erklären?
Todeszeitpunkt 15.5. um 18.30 hiesse doch, dass Deine Kurven bei ca. 37°C starten müssten, richtig?
dea19df610adf0ea Startpunkt.
Oder hast Du 36°C als Normal angenommen?

Und welche mathematischen Ansätze hast Du gewählt? Bisher geisterte nur "ca. 1K Abkühlung je h" rum. Es ist klar, dass das nur eine Näherung ist und dass der Abkühlungsgrad stärker ist, je stärker Umgebungs- und Körpertemperatur abweichen. Hattest Du da eine wissenschaftlich ermittelte Formel?


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 10:24
@robernd
Sehr schöne Arbeit und Berechnung. Es bringt nur leider nichts. Im Urteil wird überhaupt nicht aus den Erkenntnissen des gerichtsmedizinischen SV auf den Todeszeitpunkt geschlossen. Die Argumentation des SV bzw. der Kammer ist lediglich, dass aus gerichtsmedizinischer Sicht nichts stichhaltiges gegen das für BT angenommene Tatzeitfenster 18.00 - 19.20 Uhr spricht. Lediglich der laut SV wahrscheinlichste Todeszeitpunkt von 17.00 Uhr würde BT als Täter ausschließen, weil er für diesen Zeitpunkt noch ein Alibi durch seine Verlobte hat. Allerdings kollidiert der Todeszeitpunkt von 17.00 Uhr mit der Zeugenaussage, nach der CB um 18.15 Uhr noch am Leben gewesen sei. Das widerspricht den Aussagen des SV aber nicht substantiell.

Relevant wäre eigentlich nur der stichhaltige Nachweis, dass CB entweder vor 18.00 Uhr oder nach 22.00 Uhr erschlagen worden ist.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 11:09
Die letzte Zeugin, die Frauz Böhrigner lebend in ihrer Wohnung sah verliess gegen 17:20 das Parkhaus.
die letzte bekannt gewordene Besucherin bei der Ermordeten, davon berichtet, dass bei Verlassen der Wohnung gegen 17:20 Uhr e
(Auszug aus dem Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts München I, 4. Zivilkammer, vom 12.4.2011, Anlage 20, S 4 f. – Hervorhebung durch Verfasser)

Diese Besucherin gab an, mit dem Fahrzeug dagewesen zu sein.
" ich war doch mit dem Auto da".
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob jemand diese Freundin von Frau Böhringer beim Verlassen des Parkhauses gesehen haben könnte, und wer sie eigentlich gesehen haben müsste , bzw. welchen Weg sie nahm, nachdem sie die Wohnung verlassen hatte, Es könnte sein, dass der Täter die Frau sah und dann wusste, dass sein Opfer nun oben alleine sein würde.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 17:38
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Aber noch eine andere Frage: Du hast bei Deiner Berechnung Umgebungstemperatur einbezogen und was dann noch genau? Kleidung, Gewicht, Luftzugsbedingungen?
Die Wärmeabgabe des lebenden Körpers ist von Kleidung, Gewicht, Luftzugsbedingungen abhängig. Die ist zunächst unbekannt. Ich habe das Pferd deshalb von hinten aufgezäumt. Ich bin von den Angaben im Urteil ausgegangen (Umgebungstemperatur, Sterbezeitpunkt, Temperaturmessung nachts). Dem lässt sich eine Abkühlungskurve annähern (mittlere Kurve in der oben gezeigten ersten Grafik). Darin steckt die sogenannte Abkühlkonstante. Die enthält indirekt die Energieabgabe des Körpers pro Sekunde bei normaler Körpertemperatur (in meinem Fall 36 Grad - nun ja). Die Energieabgabe pro Sekunde entspricht ungefähr 100 Watt. Das ist ein plausibler Wert, der zumindest bestätigt, dass die im Urteil angegebenen Zahlen nicht daneben liegen. Näheres darüber in
https://www.radonmaster.de/charlotte-b/verifizierung_abkuehlkonstante.pdf
Jetzt erst habe ich die Umgebungstemperatur variiert, um eine Information über den möglichen Fehler des Todeszeitpunkts zu erhalten (obere und untere Kurve in der oben gezeigten ersten Grafik).
Wer Infos über verschiedene Energieeinheiten und die zu erwartende Wärmeleistung eines Menschen sucht, wird hier fündig:
http://doerrhoefer-technik.de/energie/energie_mensch.pdf
Zitat von MenetekelMenetekel schrieb:Der Täter prügelt auf sie ein , C.B bleibt schwer verletzt am Boden liegen und verstirbt erst 30 Minuten, oder gar eine Stunde später an ihren Verletzungen?
Denn die Körpertemperatur fällt doch auch wahrscheinlich allein schon durch den Blutverlust, später dann doch erst wenn man gestorben ist, oder?
So genau ist die Abschätzung nicht, dass man den Todeszeitpunkt auf die Stunde genau angeben kann. Man geht davon aus, dass auch nach dem Tod (wie immer er definiert sein mag) der Stoffwechsel nicht abrupt aufhört. Genau genommen fällt die Temperatur anfangs nicht so schnell ab, wie in meinen Kurven gezeigt. Auch würde ich erwarten, dass auch nach längerer Zeit der Körper noch Wärme erzeugt, also nicht nur den vorhandenen Wärmevorrat abgibt. Das in die Rechnung auch noch eizubauen, wäre kein größeres Problem. In der Praxis bringt es aber keine zusätzlichen Erkenntnisse.
Zitat von jaskajaska schrieb:Todeszeitpunkt 15.5. um 18.30 hiesse doch, dass Deine Kurven bei ca. 37°C starten müssten, richtig?
...Oder hast Du 36°C als Normal angenommen?
Danke für den Hinweis. Ich habe in der Tat 36 Grad als normal angenommen. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, mit 37 Grad zu rechnen. Glücklicherweise ergibt das kaum einen Unterschied. Es würde lediglich die Energieabgabe pro Sekunde geringfügig höher sein als die ermittelten 100 W.
Zitat von jaskajaska schrieb:Und welche mathematischen Ansätze hast Du gewählt? Bisher geisterte nur "ca. 1K Abkühlung je h" rum. Es ist klar, dass das nur eine Näherung ist und dass der Abkühlungsgrad stärker ist, je stärker Umgebungs- und Körpertemperatur abweichen. Hattest Du da eine wissenschaftlich ermittelte Formel?
Die gängige mathematische Beschreibung ist das Newtonsche Abkühlungsgesetz, das den Zusammenhang zwischen der Temperaturänderung/sec und der Temperaturdifferenz (Umgebungstemperatur - Körpertemperatur) beschreibt. Daraus ließe sich für den Idealfall (konstante Umgebungstemperatur, unveränderte Abkühlkonstante) auch eine Formel für die Temperatur herleiten (das ist eine Exponentialfunktion). Diese Art der mathematischen Darstellung beschreibt sehr viele Vorgänge in der Natur. Dazu gehören z.B. das Leerlaufen eines Wassereimers durch ein Loch im Boden oder der Radioaktive Zerfall. Die meisten Heizungssteuerungen berechnen damit das Abkühlen eines Hauses.
Wenn wir vom Idealfall abweichen, gibt es keine Formel dafür mehr. Das Problem lässt sich dann nur noch numerisch lösen. Wie ich das gemacht habe, steht in
https://www.radonmaster.de/charlotte-b/numerisches_rechenverfahren.pdf
Zitat von abberlineFabberlineF schrieb:Im Urteil wird überhaupt nicht aus den Erkenntnissen des gerichtsmedizinischen SV auf den Todeszeitpunkt geschlossen.
Ich beziehe mich auf die Passage im Urteil:
"Der gerichtsmedizinische (S. 70) Sachverständige hält einen Todeszeitpunkt zwischen 18.15 Uhr und 19.00 Uhr für plausibel, kann aber einen Todeszeitpunkt nach 19.00 Uhr nicht ausschliessen."
Ich versuche darzulegen, das die Aussagen mit gleicher Berechtigung und Wahrscheinlichkeit heißen könnte:
"...hält einen Todeszeitpunkt zwischen 14:00 Uhr und 24.00 Uhr für plausibel" (unter Berücksichtigung der Körpertemperatur)
Nur danach wurde er nicht gefragt.
Zitat von abberlineFabberlineF schrieb:Relevant wäre eigentlich nur der stichhaltige Nachweis, dass CB entweder vor 18.00 Uhr oder nach 22.00 Uhr erschlagen worden ist.
Dieser Beweis lässt sich durch die Akbühlung des Körpers nicht erbringen. In einem großen Zeitfenster lässt sich kein Bereich aussparen.

Ich habe mich wegen der anderen (angeblich?) gemessenen Körpertemperatur von 15 Grad um 1:20 (17.05.06) mit der Problematik beschäftigt und als gewissenhafter Mensch erst einmal am Anfang angefangen. Falls an der alternativen Angabe etwas dran ist, sind sämtliche Spekulationen über Körpertemperatur und Todeszeitpunkt 100 % freie Erfindung. Offenbar traut sich dort niemand heran. Was für Hinweise gibt es, ob die Rektaltemperatur von 15 Grad um 1:20 tatsächlich gemessen wurde oder nicht?


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 18:03
Zitat von roberndrobernd schrieb:Falls an der alternativen Angabe etwas dran ist, sind sämtliche Spekulationen über Körpertemperatur und Todeszeitpunkt 100 % freie Erfindung. Offenbar traut sich dort niemand heran. Was für Hinweise gibt es, ob die Rektaltemperatur von 15 Grad um 1:20 tatsächlich gemessen wurde oder nicht?
Hinweise darauf gibt der Bericht der AZ:
Zitat von SirMarvelSirMarvel schrieb am 03.03.2019:Eine Theorie, der in den Ermittlungen nur nachgeordnet nachgegangen worden war. Ungereimtheiten - und Schlamperei - hat der Kriminalist auch bei der Bestimmung des Todeszeitpunktes festgestellt. "Frau Böhringers Körpertemperatur wurde am Tatort nicht gemessen, was man üblicherweise tut", sagt Petermann. "Das ist ein grobes Versäumnis." Erst um 1.20 Uhr auf dem Obduktionstisch sei eine rektale Messung vorgenommen worden. Die Körperkerntemperatur sei mit maximal 15 Grad sehr niedrig gewesen. "Das deutet daraufhin, dass der Todeszeitpunkt viele Stunden zurücklag. Denn ein Körper kühlt im Schnitt um ein Grad pro Stunde ab, bis er die Umgebungstemperatur erreicht hat. Entlastendes Material wurde offenbar negiert, sagt der Profiler

Dubios: Später wurde die Körpertemperatur erneut gemessen, diesmal am Oberschenkel. Dort zeigte das Thermometer 20,4 Grad an. Eine Begründung für die zweite Messung und den Anstieg um über fünf Grad finde sich in den Akten nicht, sagt Petermann. Gleichwohl war die Oberschenkel-Temperaturmessung als angebliche Köperkerntemperatur der Berechnung des Todeszeitpunkts zugrunde gelegt worden.
Quelle: https://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.13-jahre-danach-muenchner-parkhaus-mord-wird-der-fall-jetzt-neu-aufgerollt.8638617b-9bb6-460f-a4e4-651d1d347ceb.html


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 19:06
@SirMarvel
Schönen Dank. Da habe ich die Zahlen ja her. Petermann sieht es als Versäumnis, dass die Körpertemperatur am Tatort nicht gemessen wurde. So bestimmt, wie es dort steht, neige ich dazu, die 15 Grad zu glauben. Petermann wird sie aus einem Gutachten oder Protokoll haben. Aus der Temperatur schließt er lediglich, dass der Todeszeitpunkt "viele Stunden zurück liegt". Die Aussage ist bemerkenswert zurückhaltend.

Aus meiner Sicht ist diese Temperaturmessung aber äußerst brisant:
CBs Leichnam wurde offenbar gekühlt, bevor eine Temperatur gemessen wurde. Im Zusammenhang mit der Körpertemperatur gibt es also einen zweiten schwerwiegenden Ermittlungsfehler, der auch noch vertuscht wurde.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 19:34
Zitat von roberndrobernd schrieb:Die Aussage ist bemerkenswert zurückhaltend.
Das sehe ich auch so. ;)

@robernd: Was wäre denn der wahrscheinlichste Todeszeitpunkt, wenn man die 15 Grad um 1:20 Uhr zugrunde legt?
Zitat von roberndrobernd schrieb:Im Zusammenhang mit der Körpertemperatur gibt es also einen zweiten schwerwiegenden Ermittlungsfehler, der auch noch vertuscht wurde.
Das würde ich auch so interpretieren. Was würde das für rechtliche Konsequenzen haben?


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 19:35
Wenn Frau Böhringer nach 19 Uhr noch gelebt hat, dann wäre sie bestimmt ans Telefon gegangen, bzw hätte evtl. in dem Lokal/Stammtisch wo sie verabredet war auch angerufen und den Termin abgesagt, das sie heute nicht kommen würde(weil sie evtl. noch Besuch hatte). Evtl. hätte jemand vom Stammtisch bei ihr auch noch angerufen, wo sie bleiben würde oder so, da sie sonst auch nicht gefehlt hatte.

Wäre es möglcih, das der Täter evtl. am Anfang als er die Wohnung von CB betrat vielleicht mit 8-10 Schlägen zugeschlagen hat und schon gedacht hat sie wäre tot. Evtl ist noch nicht viel Blut ausgetreten. Der Täter nach oben zum durchsuchen und durchwühlen des Büros. Dann wieder runter um die Wohnung zu verlassen und da stellt der Täter fest, das CB noch atmet bzw. Geräusche von sich gab und gab ihr mit 10-14 Schlägen den Rest, da er Angst hatte das sie vielleicht überleben würde. Und da erst sind die meisten Blutspuren entstanden an der Wand, ohne das es groß blutige Fussabdrücke oder Handabdrücke nach oben oder oben gab?
Wäre sowas evtl möglich????


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 19:46
Zitat von roberndrobernd schrieb:CBs Leichnam wurde offenbar gekühlt, bevor eine Temperatur gemessen wurde. Im Zusammenhang mit der Körpertemperatur gibt es also einen zweiten schwerwiegenden Ermittlungsfehler, der auch noch vertuscht wurde.
Das ist bemerkenswert unsinnig. Leichen müssen bis zur Autopsie gekühlt werden. Man wusste ja nicht, dass sich Professor Peschel noch des nachts an die Arbeit machen würde.
Die Körperkerntemperatur wird üblicherweise am Tatort gemessen. Gibt diese keinen Aufschluss mehr über den Todeszeitpunkt, weil es versäumt wurde, die Temperatur zu messen, oder der Körper schon zulange liegt, braucht man andere Faktoren, den Todeszeitpunkt einzugrenzen. Die gibt es hier zuhauf. Sogar sind diese vergleichsweise komfortabel und reichhaltig vorhanden. Das weiß auch ein Herr Petermann.


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Mordfall Charlotte Böhringer

06.03.2019 um 19:58
@curt

Das wissen wir nicht. Es gibt hier verschiedene Moeglichkeiten. Zum Beispiel haette sie jemand gegrn ihren Willen in der Wohnung festhalten koennen, dann haette sie noch gelebt, waere aber weder beim Stammtisch erschienen noch ans Telefon gegangen. Ich weiss, es klingt nicht naheliegend, man darf allerdings an diesem Abend auch brutal ermordet wurde.

Ansonsten haette sie auch durch irgendetwas abgelenkt worden sein koennen.


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07.03.2019 um 06:41
Zitat von SirMarvelSirMarvel schrieb:Was wäre denn der wahrscheinlichste Todeszeitpunkt, wenn man die 15 Grad um 1:20 Uhr zugrunde legt?
Dazu kann niemand eine Angabe machen.
Zitat von JamegumbJamegumb schrieb:Das ist bemerkenswert unsinnig. Leichen müssen bis zur Autopsie gekühlt werden. Man wusste ja nicht, dass sich Professor Peschel noch des nachts an die Arbeit machen würde.
Die Körperkerntemperatur wird üblicherweise am Tatort gemessen. Gibt diese keinen Aufschluss mehr über den Todeszeitpunkt, weil es versäumt wurde, die Temperatur zu messen, oder der Körper schon zulange liegt, braucht man andere Faktoren, den Todeszeitpunkt einzugrenzen. Die gibt es hier zuhauf. Sogar sind diese vergleichsweise komfortabel und reichhaltig vorhanden. Das weiß auch ein Herr Petermann.
Es freut mich, dass du das so klar schreibst. Wenn das allgemein bekannt ist, frage ich mich, warum Gerichtsmediziner und Gericht (lange vor Petermann) über für die Ermittlung des Todeszeitpunkts aus der Körpertemperatur so ausführlich herum palavert haben haben?

Urteilstext:
"Der gerichtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. P. vom Institut für Rechtsmedizin führte zum Todeszeitpunkt des Opfers aus, die Körperkerntemperatur des Opfer habe am 17.05.06 um 02.50 Uhr bei der Obduktion bei 20.4 Grad gelegen. Die Aussentemperatur am Auffindeort habe 19,4 Grad betragen. Die Körpertemperatur sei also der Raumtemperatur weitgehend angeglichen gewesen. Bei den gegebenen Temperatur-, Kleidungs-, und Luftzugsbedingungen sowie unter Berücksichtigung des Körpergewichts des Opfers (60 Kg) wäre eine vollständige Abkühlung der Leiche im Bereich von ca. 40 Stunden mit einer Fehlertoleranz von 1/- 7 Stunden nach dem Todeseintritt zu erwarten. Grundsätzlich sei die fast vollständige Auskühlung der Leiche daher umso besser erklärbar, je näher der Todeszeitpunkt an der Aufnahme der letzten Mahlzeit, also am 15.05.06 ca. 14.00 Uhr, liege."

Was soll das alles, wenn es normal ist, Leichen nach Einlieferung in die Gerichtsmedizin zu kühlen? Sinnvoll wäre allein die Feststellung, dass eine Abschätzung des Todeszeitpunkts so nicht möglich ist.


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Mordfall Charlotte Böhringer

07.03.2019 um 08:10
Zitat von curtcurt schrieb:Wäre es möglcih, das der Täter evtl. am Anfang als er die Wohnung von CB betrat vielleicht mit 8-10 Schlägen zugeschlagen hat und schon gedacht hat sie wäre tot. Evtl ist noch nicht viel Blut ausgetreten. Der Täter nach oben zum durchsuchen und durchwühlen des Büros. Dann wieder runter um die Wohnung zu verlassen und da stellt der Täter fest, das CB noch atmet bzw. Geräusche von sich gab und gab ihr mit 10-14 Schlägen den Rest, da er Angst hatte das sie vielleicht überleben würde. Und da erst sind die meisten Blutspuren entstanden an der Wand, ohne das es groß blutige Fussabdrücke oder Handabdrücke nach oben oder oben gab?
Wäre sowas evtl möglich????
Nein. Das ist nach Auffassung des SV nicht möglich bzw. nicht sehr wahrscheinlich.


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