Meine Rechnungen über den Todeszeitpunkt von CB habe ich inzwischen einigermaßen abgeschlossen.
Bevor ich auf Einzelheiten eingehe möchte ich klarstellen:
- Auch mir ist bewusst, dass es neben der Körpertemperatur auch andere Wege gibt, den Todeszeitpunkt festzustellen. Die bewerte und diskutiere ich in diesem Zusammenhang nicht.
- Meine Ausführungen sind wertfrei. Ich gehöre keiner Interessengruppe an, die möglicherweise Medien oder die öffentliche Meinung zugunsten von BT beeinflussen will, aber auch nicht das Gegenteil zum Ziel hat.
- Ich mag es aber auch nicht, wenn ein Gericht der Öffentlichkeit grobe Fehler als Wahrheit verkauft.
- Ich stelle mich gern sachlicher Kritik zu meinen Ausführungen (am liebsten wenn diese konstruktiv ist).
- Auf Polemik im Sinne "Lass die Finger davon, wenn du dich nicht auskennst" werde ich nicht eingehen.
- Ich bin kein Gerichtsmediziner und weiß deshalb auch nicht genau, wie eine derartige Obduktion abläuft. Konkret, wie mit einem Opfer vor Beginn der Obduktion verfahren wird (Kleidung, Abdeckung, Wärmeisolierung, Kühlung). Ich würde mich freuen, wenn mir hier jemand mit Fakten hilft.
- Die verwendeten Rechenverfahren habe ich mir nicht für diesen Zweck aus den Fingern gesogen. Vielmehr verwende ich sie seit mehr als 40 Jahren für andere Zwecke. Die Simulationsrechnungen habe ich begonnen, weil mir die verwendete Methode geläufig ist.
Weil die nötigen Informationen nicht verfügbar sind, habe ich zunächst angenommen, dass die Angaben des Urteils wahr sind:
Todeszeitpunkt von CB am 15.05.2006 gegen 18:30 Uhr
Auffinden des Opfers am 16.05.2006 gegen 19:00 Uhr
Umgebungstemperatur 19,4 Grad
Messung der Körpertemperatur von 20,4 Grad am 17.05.2006 gegen 2:50 Uhr
Daraus lässt sich der zeitliche Verlauf der Körpertemperatur berechnen. Die mittlere Kurve in der folgenden Grafig zeigt diesen.
Wie stabil ist eine Aussage, die auf dieser Kurve aufbaut? Lässt sich damit der Todeszeitpunkt auf ein Zeitintervall von nur 45 min eingrenzen?
Das hängt letztlich davon ab, wie genau die im Urteil angegebenen Daten wie Umgebungstemperatur und Körpertemperatur ermittlt bzw. eingehalten sind. Deshalb habe ich die Rechnung für leicht veränderte Umgebungstemperaturen von 19,2 und 19,6 Grad wiederholt. Das sind die beiden anderen Kurven.
Der Beginn der Kurven verschiebt sich dabei um ca, 2 Stunden in die eine oder andere Richtung. Wenn wir also zulassen, dass die angegebene Umgebungstemperatur um nur 0,2 Grad falsch ist, öffnet sich ein Zeitfenster von 270 Minuten (16:00 bis 20:30) statt des Fensters von 45 Minuten, von dem im Urteil die Rede ist. Hinzu kommen weitere Ungenauigkeiten. Selbst wenn wir von der Richtigkeit der im Urteil enthaltenen Daten ausgehen, ist das reale Zeitfenster weit breiter als 4,5 Stunden. Ich halte über 10 Stunden für realistisch.
Gegen 1:20 soll rektal eine Körpertemperatur von 15 Grad gemessen worden sein. Ich weiß nicht, woher die Information genau stammt (stand in der AZ). Wenn diese Information richtig ist, ist es ein Super-Gau für die Gerichtsmedizin. Dazu das folgende Bildchen:
Hier habe ich die Abkühlungskurve gezwungen, die 15 Grad um 1:20 Uhr zu treffen. Die Annahmen dazu sind:
- Todeszeitpunkt von CB am 15.05.2006 gegen 18:30 Uhr
- Auffinden des Opfers am 16.05.2006 gegen 19:00 Uhr
- Umgebungstemperatur zwischen Tod und Auffinden konstant 19,4 Grad
- Umgebungstemperatur zwischen Auffinden und Einliefern in die Gerichtsmedizin gegen 21:00 Uhr 15 Grad
- Messung der Körpertemperatur von 15 Grad am 17.05.2006 gegen 1:20 Uhr
- Nach dem Auffinden leichtere Bekleidung des Opfers, die einen Faktor 2 schnellere Wärmeabgabe erlaubt
Die untere blaue Kurve stellt die Umgebungstemperatur dar. Die obere blaue Kurve stellt die Körpertemperatur dar. Die gestricheklte schwarze Kurve ist identisch mit der mittleren Kurve der ersten Grafik.
Das Rechnung liefert eine Umgebungstemperatur von 11 Grad zwischen Einliefern in die Gerichtsmedizin um ca. 21:00 und Beginn der Obduktion um 1:20. Wenn wir von gleichbleibender Wärmeisolierung des Leichnams bis zur Obduktion ausgehen, sinkt die Temperatur während der Stunden vor der Obduktion auf 5 Grad.
Beides bedeutet, das die Leiche bis zur Obduktion gekühlt wurde. Damit wird verständlich, warum das Gericht der Theorie von 20,4 Grad am 17.05.2006 gegen 2:50 Uhr folgt. Eine Kühlung vor der Temperaturmessung macht jeden Ansatz zur Abschätzung des Todeszeitpunkts zunichte.
Bisher habt ihr nur eine Auflistung der wichtigsten Infos gelesen. Der ausführliche Text steht auf
www.radonmaster.de/charlotte-b/ueberpruefung_todeszeitpunkt.pdf
Zusätzlich gibt es noch jede Menge weiterer Infos auf der Seite
www.radonmaster.de/charlotte-b
Dazu gehören eine Beschreibung der Rechenmethode und zusätzlich die Verifikation der vom Gericht indirekt angenommenen Bekleidung des Opfers. Die Rechnung selbst erfolgt auf einfache Weise mit Excel-Tabellen. Auch diese sind dort zu finden. Damit darf dann jeder Interessent selbst spielen.