Photographer73 schrieb:Denen geht es nicht um Verbesserungen, Erfahrungsaustausch oä, sondern rein um die Bühne, die ihnen geboten wird. Sind sie (in ihren Augen) schließlich völlig unschuldig in diese menschenunwürdige Maschinerie geraten. Und dennoch ließen sie sich nicht brechen, hoben sich vom übrigen kriminellen Pöbel ab usw.
Genauso erlebe ich das auch.
Man erinnere sich doch bloß an das letzte Interview, das BT noch aus dem Knast gegeben hat.
In dem ging es darum, wie er in seiner zelle mit einem Tauchsieder irgendwelche gesunden Mahlzeiten zubereitet, während alle anderen Mitgefangenen "nur noch fressen"; dass er sich nicht zur Gangschlampe haben machen lassen und dass er als unschuldiger da mit richtig "schweren Jung" zusammengesperrt wurde.
Die anderen Inhaftierten waren für ihn einfach nur Bühnenbild und Kulisse, die dazu dienten, das von sich selbst gezeichnete Bild umso mehr strahlen zu lassen: er, das willensstarke Justizopfer, das sich vom System nicht brechen lässt, mit eiserner Disziplin seinen Körper und Geist stählt, und als einsamer, intellektueller Wolf unter lauter tumben Menschen seine Runden auf dem Gefängsnishof dreht....
Glaubst Du im Ernst, dass dieser Mensch während seines gesamten Haftaufentaltes auch nur eine Minute darüber nachgedacht hat, wie es einem seiner Mitgefangenen geht, wie die mit den Bedingungen klarkommen und ob von denen vielleicht der ein oder andere tatsächlich zu Unrecht dort eingebuchtet sitzt? Und im Knast hatte er ja nun wahrlich einiges an Minuten Bedenkzeit zur Verfügung, die er mal an jemand anderen als sich selbst hätte verschwenden können....
Und wieso sollter dieser Mensch jetzt ausgerechnet nach seiner Entlassung Interesse für irgendwelche anderen Menschen aufbringen?
Für mich ist dieses ganze palavern über das üble System nur eine andere Art sich selbst als armes unschuldiges Justizopfer darzustellen. Es geht darum, sein Schicksal maximal tragisch und schlimm darzustellen. Wie sähe es denn aus, wenn er sagen würde, er sei zwar zu unrecht verurteilt und inhaftiert worden, aber so schlecht sei die Zeit im Gefängnis gar nicht gewesen. Man hätte ihn da stets fair behandelt und er hätte zahlreiche Hilfsangebote bekommen, die ihn auf ein späteres Leben in Freiheit vorbereiten sollten. Auch unter den Mitgefangenen hätte einige interessante Mensche kennen gelernt, es hätten sich sogar Freundschaften entwickelt.
Unter den entwürdigen Umständen, die er behauptet und ausmalt, glitzert sein Abziehbild des armen unschulidgen Justizopfers, dass ein grausames Schicksal erdulden muss, doch viel funkelnder!