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Mordfall Charlotte Böhringer

28.687 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, München, 2006 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Charlotte Böhringer

Mordfall Charlotte Böhringer

27.08.2021 um 09:50
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wieso ginge das nicht? Sogar bei BT, der eine vorsätzliche Tat begangen hat, ging das doch. Und ich schrieb schon, dass die Nachlassgläubiger sich ans Erbe halten können, es ist ja noch da, und BT ist rechtlich weiterhin Erbe.
Ich sprach von fahrlässiger Tötung (bei BT lag ein Mord vor). Laut § 73 StGB ist in diesem Fall der Erbanteil einzuziehen.

Laut BGB ist der Verurteilte jedoch erbwürdig und damit können sich die Erben diesen Anteil nicht vom Staat zurück holen.

Wie gesagt, der Gesetzgber hat das einfach nicht vernünftig durchdacht und darauf hat ihn nun der BGH hingewiesen. Jetzt ist der Gesetzgeber dran (wenn er das überhaupt ändern will).


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27.08.2021 um 09:57
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Der Mörder, der seine mittellose Tante ermordet hat, darf, weil eh nichts zu erben ist früher aus dem Gefängnis, als der Mörder, der die reiche Erbtante ermordet. Das ist wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers.
Wer seine mittellose Tante tötet, handelt nicht aus Habgier und kann dieses Mordmerkmal nicht erfüllen. Wäre BT‘s Tante mittellos gewesen, hätte er „nur“ heimtückisch getötet. Dann aber keine besondere Schwere der Schuld, denn diese wurde u.a. mit der Verwirklichung von zwei mordmerkmalen begründet. Der Fall läge also von vornherein ganz anders…


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27.08.2021 um 10:01
Jedenfalls wird die BGH-Entscheidung zur Einziehungsfrage durchaus kontrovers diskutiert.

https://community.beck.de/2020/05/02/moerder-kassiert-erbschaft-von-seinem-tatopfer-einziehung-im-strafverfahren-moeglich


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27.08.2021 um 10:14
Zitat von AndanteAndante schrieb:Jedenfalls wird die BGH-Entscheidung zur Einziehungsfrage durchaus kontrovers diskutiert.
Die Ursache für diese kontroverse Diskussion ist jedoch die Unzulänglichkeit des Gesetzes selber. Man kann für Einzelfälle dann vielleicht auch durchaus den Einzug des Vermögens rechtfertigen, z.B. wenn kein anderer Erbe da ist. Vermutlich lag das in dem behandelten Fall nicht vor. Man darf nicht vergessen, eigentlich ist es eine Einzelfallentscheidung.

Vielleicht war auch die Intention des BGH den Gesetzgeber zu veranlassen das mal endlich sauber zu regeln. Wie gesagt, dass mit den Nachlassverbindlichkeiten/fahrlässige Tötung ist auch ein Punkt, der in der Beckschen Disskusion gar nicht aufgegriffen wird. Ich habe den Eindruck, dass die etwas zu sehr emotional geführt wird.


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27.08.2021 um 10:16
Zitat von LentoLento schrieb:Laut BGB ist der Verurteilte jedoch erbwürdig und damit können sich die Erben diesen Anteil nicht vom Staat zurück holen.
Rechte Dritter am Eingezogenen bleiben ja bestehen, die Dritten müssen ihre Rechte nur innerhalb bestimmter Fristen bei der Vollstreckungsbehörde anmelden, so § 75 StGB ausdrücklich für Gegenstände.

Sinn und Zweck der strafrechtlichen Einziehung von Taterträgen und damit Aufgabe der Strafgerichte ist im übrigen ja nun nicht an erster Stelle, den Tatertrag für andere mögliche Berechtigte zu sichern. Sinn und Zweck ist an erster Stelle, die durch die Straftat erlangten Erträge nicht beim Täter zu belassen.

Aber richtig, der Gesetzgeber muss sich da jetzt mal eindeutig positionieren.


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27.08.2021 um 10:18
Zitat von AndanteAndante schrieb:Rechte Dritter am Eingezogenen bleiben ja bestehen, die Dritten müssen ihre Rechte nur innerhalb bestimmter Fristen bei der Vollstreckungsbehörde anmelden, § 75 StGB.
Das wäre das Problem, was ist das Recht Dritter? Das Problem daran ist, dass sie laut BGB im Fall der fahrlässigen Tötung kein Recht daran haben.

Das rec


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27.08.2021 um 10:27
Zitat von LentoLento schrieb:Problem daran ist, dass sie laut BGB kein Recht daran haben.
Und warum sollten sie, vermittelt durch ein Strafgericht, jetzt ein Recht daran bekommen? Du schreibst ja richtig, dass nach §2339 BGB zivilrechtlich der verurteilte Erbe erbwürdig ist. weil die zivilrechtliche Erbunwürdigkeit eine vorsätzliche Tötung des Erblassers voraussetzt.

Ergo: So oder so hätten die Miterben ja wegen fehlender Erbunwürdigkeit des wegen fahrlässiger Tötung des Erblassers verurteilten Miterben zivilrechtlich keinen Anspruch auf dessen Erbteil. Also ist es für sie „wurscht“, ob der Miterbe weiter seinen Erbteil hat oder dieser vom Staat eingezogen wurde. Das Strafgericht kann ihnen keinen zivilrechtlich wirksamen Anspruch auf den Erbteil verschaffen.


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27.08.2021 um 10:36
@Andante
Also Du meinst, dass es OK ist, wenn der Staat im Falle der fahrlässigen Tötung das Erbe einzieht? Bei einer fahrlässigen Tötung hatte der Veruteilte in Wirklichkeit überhaupt kein Intersse am Erbe.

Für mich ist das eine unzulässige Bereicherung des Staates und - ohne es so zu nennen - sieht das der BGH entsprechend, was ich auch vollkommen nachvollziehen kann.

Wie gesagt, das StGB ist an dieser Stelle nicht durchdacht, das BGB regelt es vernünftig (außer den wenigen Fällen im Falle des Alleinerben) und daher hat das BGB Vorrang.


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27.08.2021 um 10:53
Zitat von LentoLento schrieb:Also Du meinst, dass es OK ist, wenn der Staat im Falle der fahrlässigen Tötung das Erbe einzieht?
Das ist eine politische Entscheidung, das kann man als Gesetzgeber wohl so oder so regeln. Ich finde aber, man sollte im Auge behalten, dass es nicht primär Aufgabe der Strafgerichte ist, Erträge einer Straftat für die wirklichen oder vermeintlichen Berechtigten zu sichern, sich um Miterben oder potentielle Nachlassgläubiger bzw. überhaupt um deren Ermittlung zu kümmern oder dergleichen.

Und es ist sicher nicht Aufgabeder Strafgerichte, mit der Einziehung Dritten eine Rechtsstellung zu verschaffen die sie sonst nicht hätten. Gerade im Fall einer fahrlässigen Tötung haben ja, wie gesagt, die Miterben so oder so keinen Anspruch auf den Erbteil, da der Verurteilte zivilrechtlich fraglos weiter Erbe ist. Die Einziehung spielt da überhaupt keine Rolle, die Miterben kommen so oder so nicht an den Erbteil des Verurteilten.

Wenn der Staat den Strafgerichten auferlegt, Taterträge einzuziehen, haben sie das halt zu machen. Wer dann als Dritter dann glaubt, Rechte am Eingezogenen zu haben oder Ansprüche gegen dieses zu stellen, muss sich selbst zivilrechtlich drum kümmern.

Im Grunde ist, was etwa Nachlassgläubiger betrifft, die Sache ja so: Wäre BT nicht verurteilt worden, hätte er zusammen mit seinem Bruder geerbt. Gläubiger von Charlotte Böhringer hätten aus diesem Nachlass befriedigt werden können und müssen. Hätten die Brüder nun den Nachlass verkauft und verprasst, hätten die Nachlasshläubiger ja auch zusehen müssen, wie sie ihre Forderungen gegen Charlotte Böhringer bzw. deren Erben noch befriedigt bzw. durchgesetzt bekommen.

Das heißt: Eine Garantie für Nachlassgläubiger, wie überhaupt für Gläubiger, dass der Schuldner immer zahlt, gibt es nicht. Und wer als Gläubiger der Charlotte Böhringer eine Forderung gegen deren Nachlass hatte, hatte während des Strafverfahrens gegen BT ausreichend Gelegenheit, diese Forderung gegen den Nachlass geltend zu machen. Es war nicht das Problem der Strafkammer, sich später beim Urteil mit der Einziehung darüber den Kopf zu zerbrechen.


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27.08.2021 um 11:30
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und es ist sicher nicht Aufgabeder Strafgerichte, mit der Einziehung Dritten eine Rechtsstellung zu verschaffen die sie sonst nicht hätten. Gerade im Fall einer fahrlässigen Tötung haben ja, wie gesagt, die Miterben so oder so keinen Anspruch auf den Erbteil, da der Verurteilte zivilrechtlich fraglos weiter Erbe ist. Die Einziehung spielt da überhaupt keine Rolle, die Miterben kommen so oder so nicht an den Erbteil des Verurteilten.
PS: In diesem Fall wäre dann zu fragen, ob auf § 73 StGB beruhende strafrechtliche Einziehung des Erbteils desjenigen, der wegen fahrlässiger Tötung des Erblassers verurteilt wurde und der zivilrechtlich deswegen nicht erbunwürdig ist, gegen die natürlich auch für ihn geltende Eigentumsgarantie aus Art. 14 des Grundgesetzes verstößt. Hätte ein Strafgericht also so einen Fall, müsste es wohl die Frage, ob § 73 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist, so weit es dort nicht um eine schuldhafte Straftat geht, dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.

Für problematisch halte ich aber, dass der BGH kraft eigener Wassersuppe meint, § 73 StGB entgegen dessen klarem Wortlaut auf ausgewählte, sogar vorsätzlich begangene Taten für nicht anwendbar zu halten.

Aber gut, das ist jetzt wirklich off topic….


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27.08.2021 um 15:46
Zitat von AndanteAndante schrieb:Hätte ein Strafgericht also so einen Fall, müsste es wohl die Frage, ob § 73 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist, so weit es dort nicht um eine schuldhafte Straftat geht, dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.
Du scheinst ja jetzt für den Fall der fahrlässigen Tötung möglichweise auch einen Verletzung des Artikel 14 des GG zu sehen. Und eigentlich ist er offensichtlich. Die Enteignung soll quasi das letzte Mittel darstellen. Man sollte sich mal vorstellen, eine kleine Unachsamkeit im Straßenverkehr können zu Katastrophen führen. Das gilt genaugenommen für Jeden.

Wenn dann nur eine kurze fehlende Aufmerksamkeit solche Folgen haben kann, dann wird genaugenommen alles auf den Kopf gestellt. Ein Verlust des Erbes kann dann auch nicht zum Wohle der Allgemeinheit sein, das Gegenteil ist der Fall. Allgemein wäre man ständig in Gefahr das Erbe zu verlieren.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Für problematisch halte ich aber, dass der BGH kraft eigener Wassersuppe meint, § 73 StGB entgegen dessen klarem Wortlaut auf ausgewählte, sogar vorsätzlich begangene Taten für nicht anwendbar zu halten.
Wie gesagt, der §37 geht zu weit und müsste nachgebessert werden. Und das wird auch die Beweggründe des BGH gewesen sein. Die offenen Fragen werden aus aktueller Sicht im Erbrecht besser geklärt. Es bleibt die doch nur sehr theoretische Möglichkeit, dass sich die Berechtigten gegen einen Erbunwürdigkeit entscheiden. Und sollten das die Beteilgten wirklich wollen - sprich dass der Verurteilte trotzdem das Vermögen erhält, ginge es auch dann so, dass der Berechtigte erst eine Erbunwürdigkeitsklage erhebt und dann später eine Schenkung durchführt.

Ich stelle mir vor, dass im vorliegenden Fall später ähnliches erfolgen wird, möglicherweise bekommt er dann Geld auch unter der Hand, wenn er aus dem Gefängniss entlassen wird. Einziger Unterschied, er wäre dann später dem "Goodwill" des Berechtigten ausgeliefert. So wie ich das hier sehe, gibt es auch aktuell kein Zerwürfniss zwischen dem Berechtigten und BT.


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27.08.2021 um 15:59
Zitat von LentoLento schrieb:Man sollte sich mal vorstellen, eine kleine Unachsamkeit im Straßenverkehr können zu Katastrophen führen. Das gilt genaugenommen für Jeden.
Na, das denke ich nicht. In den wenigsten Fällen ist jemand, der einen anderen fahrlässig tötet, auch und gerade im Straßenverkehr, auch der Erbe des Getöteten. Eingezogen wird ja nur, was der Täter gerade durch die Tat, also hier durch die fahrlässige Tötung erlangt hat, natürlich nichts von dem, was dem Täter außerhalb davon gehört.

Und wer im Straßenverkehr einen fremden Menschen fahrlässig tötet, wird ja nicht dessen Erbe und bekommt damit nichts von diesem. Folglich kann da auch gar nichts beim Täter eingezogen werden.


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27.08.2021 um 16:22
Um das noch mal am Beispiel BT aufzudröseln:

Von vornherein konnte die Strafkammer nur das einziehen, was BT gerade durch die Tötung der Tante erlangt hat, also das Erbe. Alles, was BT außerhalb davon gehört, unterlag nach dem Gesetz gar nicht einer Einziehung und war für die Strafkammer unantastbar. Keineswegs ist es ja so, dass sich eine Einziehung nach § 73 StGB auf das gesamte Privatvermögen eines Täters bezieht. Sie darf sich nur auf das erstrecken, was eben Tatertrag ist.

Hätte nun BT die Tante fahrlässig getötet, wäre das von der Tante ererbte Vermögen von der Strafkammer einzuziehen gewesen, weil § 73 StGB seinem aktuellen Wortlaut nach kein Verschulden voraussetzt.

Das wäre allerdings insofern ein Dilemma gewesen, und in diesem Punkt hast du und hat der BGH recht, dass BT nach den Maßstäben des Zivilrechts nicht erbunwürdig gewesen wäre. Denn Erbunwürdigkeit setzt gemäß § 2339 BGB voraus, dass der Täter den Erblasser vorsätzlich umbringt. Fahrlässige Tötung genügt für Erbunwürdigkeit nicht.

Die Konstellation wäre jetzt also so, dass BT bei fahrlässiger Tötung zwar nicht erbunwürdig gewesen wäre. Er wäre also weiterhin rechtmäßiget Erbe, Brüder Mate hätte ihn nicht für erbunwürdig erklären lassen können. Obwohl BT also weiterhin rechtmäßiger Erbe gewesen wäre, hätte er mit diesem Erbe aber ja nichts anfangen können, da es im Strafurteil eingezogen worden war.

Und da setzt meine Überlegung dann an, ob in so einer Konstellation die Einziehung nicht gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verstößt. Wer rechtmäßiger Erbe bzw. Eigentümer eines Erbes und wer nicht erbunwürdig ist, dem darf vom Staat die Verfügungsbefugnis über das Erbe nur aus triftigen Gründen entzogen werden.

Wohlgemerkt, das gilt für die fahrlässige Tötung des Erblassers. Bei Mord am Erblasser bin ich grundsätzlich nicht dafür, dass der Mörder das Erbe behalten soll, und zwar auch dann nicht, wenn es niemanden gibt, der den Mörder für erbunwürdig erklären lassen kann oder will. Da entspricht die Einziehung eben voll dem Gedanken, dass der Mörder nicht behalten können soll, was er durch den Mord vom Ermordeten erlangt, fertig. Und da spielen mE irgendwelche Rücksichten auf andere Erben oder Nachlassgläubiger nur eine untergeordnete Rolle.


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27.08.2021 um 16:42
Zitat von AndanteAndante schrieb:Na, das denke ich nicht. In den wenigsten Fällen ist jemand, der einen anderen fahrlässig tötet, auch und gerade im Straßenverkehr, auch der Erbe des Getöteten.
Die Gefahr ist immer dann gegeben, sobald ein möglicher Erblasser als Beifahrer mitfährt. Das ist sogar sehr häufig der Fall. Wenn man fahrlässig einen Unfall baut und der Erblasser kommt dabei ums Leben, würde der Staat das Erbe einziehen. Und da müsste sich dann jeder fragen, ob er in Zukunft mögliche Erblasser mitfahren lässt. Mögliche Erblasser sind eigentlich sämtliche Familienangehörige und viele Verwandte, genau die, welche meist als Beifahrer mitfahren. Man sieht, wie absurd die Anwendung der aktuellen Gesetzgebung wäre.

Aber nun siehst Du ja auch selber, dass dies Gesetzgebung vermutlich - im Fall der fahrlässigen Tötung - nicht verfassungsgemäß wäre. Es existiert aber ein anderes vom Gesetzgeber gewolltes Gesetz, was diese Fallkonstellation insgesamt besser löst. Wie gesagt, es bleibt so nur eine einzige Fallkonstellation offen, die aber - bei vorliegen - von den Erben auf anderer Weise umgangen werden könnte. Sprich auch bei diesem Spezialfall verbessert sich die Anwendung des §37 StGB nichts.

Wie gesagt, in dem vorliegenden Fall glaube ich auch, dass BT in Wirklichkeit nicht leer ausgehen wird. Dieser Fall ist in Wirklichkeit der Fall, der so oder so nicht ideal lösbar ist.


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27.08.2021 um 17:14
PS: Der Verweis auf die Nachlassgläubiger ist schon deshalb zu vernachlässigen, weil ja der Mörd
Zitat von LentoLento schrieb:Die Gefahr ist immer dann gegeben, sobald ein möglicher Erblasser als Beifahrer mitfährt. Das ist sogar sehr häufig der Fall. Wenn man fahrlässig einen Unfall baut und der Erblasser kommt dabei ums Leben, würde der Staat das Erbe einziehen. Und da müsste sich dann jeder fragen, ob er in Zukunft mögliche Erblasser mitfahren lässt.
Na ja, wer nur ans Erbe denkt, das er nicht verlieren will, falls er mitfahrende Erblasser fahrlässig tötet, tut schon gut daran, Papa oder Mama künftig nicht mehr mitfahren zu lassen…Falls die etwas zu vererben haben, heißt das.

So oft kommt das Problem in der Praxis anscheinend aber nicht vor, sonst wäre die Einziehung rechtspolitisch schon längst mal Thema gewesen.

Wie gesagt interessiert sich ein Strafgericht im Regelfall nicht so sehr für die erbrechtliche Seite bzw. fragt oft wohl auch nicht groß nach, ob der Täter von dem von ihm fahrlässig Getöteten vielleicht gesetzlich oder per Testament oder Erbvertrag etwas erbt, was man einziehen müsste. Das Strafgericht interessiert die strafrechtliche Seite, nicht die erbrechtliche. Im Fall BT war ja durch die Tatumstände, nämlich den in Inhalt von CBs Testament, auf dem sich im übrigen BTs Fingerabdrücke befanden, klar, das BT Erbe war. Da brauchte die Strafkammer nicht weiter nachzuforschen, das ergab sich halt alles schon aus dem Tatmotiv und weiteren Umständen.


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27.08.2021 um 17:33
Nachtrag: Ich will mich gar nicht festlegen, ob die Einziehung des Erbes nach § 73 StGB bei fahrlässiger Tötung drs Erblassers grundgesetzkonform ist. Ich habe weder Zeit noch Lust, da länger nachzuforschen.

Ich hätte mir aber vom BGH eine eingehendere Auseinandersetzung mit dem Willen des Gesetzgebers gewünscht. Der muss sich ja etwas dabei gedacht haben, als er in § 73 StGB (also bei den Taterträge) nur die rechtswidrige Tat als Voraussetzung für eine Einziehung festgelegt hat, in § 74 StGB, wo es um anderes als Taterträge geht, hingegen ausdrücklich die vorsätzliche Tat.

Wer als Gericht gründlich arbeitet und den Willen des Gesetzgebers erforschen will, muss da halt mal auf die Gesetzesmaterialien zurückgreifen, also etwa auf die entsprechenden Bundestagsdrucksachen etwa aus dem Gesetzgebungsverfahren. ME hätte der BGH da durchaus etwas sorgfältiger sein können.


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27.08.2021 um 20:09
Es gibt mehrere Gründe für das Urteil, wie gesagt, der Fall der fahrlässigen Tötung ist das eine. Für mich ist das nicht im Ansatz mit irgendeiner Erklärung des Gesetzgebers vereinbar. Warum der Gesetzgeber in §73 und §74 Unterschiede macht, ist da nicht maßgebend. Du willst über diesen Punkt nun auch nicht mehr diskutieren, räumst dabei die Möglichkeit der Grundgesetzverletzung ein. Bei letzterem wäre der Unterscheidung auch nicht mehr von Interesse.

Zum anderen stört sich der BGH auch daran, dass der Straftäter weiter Erbe bleibt. Das wird dann ein Problem, wenn es aus dem Erbe Verbindlichkeiten gibt, für die die Erben aufkommen müssen.

Das sind die Hauptgründe für den BGH den § 73 StGB hier nicht anzuwenden. Hätte der Gesetzgeber das Gesetz anders gefasst, z.B. wenn jemand den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich tötet, er dann automatisch erbunwürdig wird, dann gäbe es auch vermutlich das Urteil nicht. Dann würde der § 73 StGB die rechtliche Wertung des BGB nicht unterlaufen.

Dass die Folgen des Urteil in wenigen Fällen nicht zufriedenstellend ist, muss man hinnehmen, bzw. nun ist der Gesetzgeber gefragt das vernünftig zu regeln.


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28.08.2021 um 01:02
Zitat von LentoLento schrieb:rdfall Charlotte Böhringer
gestern um 20:09
Es gibt mehrere Gründe für das Urteil, wie gesagt, der Fall der fahrlässigen Tötung ist das eine. Für mich ist das nicht im Ansatz mit irgendeiner Erklärung des Gesetzgebers vereinbar.
Der Gesetzgeber ordnet aber in § 73 StGB die Einziehung des Taterlangten nun mal nur bei rechtswidriger, nicht unbedingt auch schuldhafter Tat an. Daran ist ein Gericht gebunden, Gewaltenteilung halt. Hat es Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, kann es nicht einfach sagen, dass das Gesetz nicht anzuwenden ist. Gerichte sind keine Ersatzgesetzgeber, auch Gewaltenteilung. Stattdessen muss das Gericht dem Bundesverfassungsgericht das Gesetz mit der Frage vorlegen, ob das Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Hintergrund von § 73 StGB ist nach dem Willen des Gesetzgebers, dass eben Straftäter grundsätzlich nicht das behalten sollen, was sie durch die Straftat erlangt haben. Oder anders gesagt: Der Gesetzgeber will deutlich machen, dass sich Straftaten nicht lohnen, und zwar auch keine fahrlässig begangene Tötung eines Menschen. Finde ich von der Zielsetzung her nicht unbedingt verkehrt, und damit hätte sich der BGH ja mal in seinem ziemlich knappen Beschluss auseinandersetzen können. Hat er aber aus unerfindlichen nicht gemacht, obwohl beim BGH doch nun weiß Gott Heerscharen von wissenschaftlichen Mitarbeitern vorhanden sind, die dem Senat da hätten zuarbeiten können.

Was die Einziehung eines Erbes bei fahrlässiger - erst recht bei vorsätzlicher - Tötung des Erblassers angeht, ist diese überdies nicht in jedem Fall zwingend. Nach § 421 StPO StP kann das Gericht nämlich mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft u.a. dann von der Einziehung absehen, wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat. Auch dazu hätte ich vom BGH eine Äußerung erwartet, bevor der sich in einer zumindest fragwürdigen Interpretation von § 73 StGB vorbei an dessen Wortlaut mit Hilfe von Argumenten rein zivilrechtlicher Art versucht, und das nicht erschöpfend, denn da gibt es noch einiges zu erörtern, insbesondere im Hinblick auf angeblich vorhandene, realiter aber nicht bestehende Nachteile für Nachlassgläubiger. Wie gesagt wird es aber spätestens jetzt off topic….


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28.08.2021 um 09:07
Ganz abgesehen von allen juristischen Diskussionen stellt sich aber auch die Frage, was denn das Opfer gewollt hätte wenn es hätte entscheiden können. Ich bin mir fast sicher, dass kaum ein Opfer zu Lebzeiten gefragt ,damit einverstanden gewesen wäre dass zur Strafe und Abschreckung auch noch sein Vermögen dem Staat statt nahestehenden Menschen zufallen würde. Derartiges würde ganz sicher als doppeltes Leid, was es ja auch sein würde empfunden. Insofern empfinde ich die hier jetzt geführte Diskussion als sehr respektlos gegenüber dem nahen Umfeld Charlotte Böhringers.


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Mordfall Charlotte Böhringer

28.08.2021 um 10:24
@Andante,

wie gesagt, ich kann das BGH-Urteil was die fahrlässige Tötung betrifft, voll und ganz nachvollziehen. Eine klare Begründung dazu, warum Du das anders siehst, hast Du nicht gegeben. Dass diese Sache nicht schon beim BVerfG war, begründest Du mit der Nachlässigeit der Strafrichter. Das kann ich mir nicht vorstellen, denn dann wäre die Rechtspechung in D als oberflächlich also sehr schlecht zu betrachten, ich habe da einen anderen Eindruck.

Dass schon immer Strafrichter den allgemeinen Lebenssachverhalt "Erben" vergessen haben, ist nicht vorstellbar. Da müssten sich StA, AG, LG, OLG in Tiefschlaf bei dieser Problematik befinden. Es wird so sein, dass die Strafrichter, welche die fahrlässige Tötung verhandeln, ganz genau wissen, dass hier der §73 StGB nicht anzuwenden ist. Daher gehe ich davon aus, dass Gerichte nicht verpflichtet sind, in allen Fällen das BVerfG anzurufen. Die Rechtsprechung in D setzt auch auf Subsidiarität, sprich Entscheidungen sollen soweit möglich auf der untersten Ebene erfolgen. Das wird hier auch vorliegen, sonst wäre das schon längst vom BVerfG geklärt. Subsidiarität ist natürlich auch sinnvoll, Rechtssachen sollen so schnell wie möglich geklärt werden. Nur wenn die Beteigten mit der Sichtweise des gerichts nicht einverstanden sind, geht es in die nächste Instanz.

Diese Freiheit der unteren Gerichte sind natürlich auch dem BGH zuzubilligen, somit kann und darf er darüber entscheiden, wenn es für ihn keine offenen Fragen gibt.
Man kann natürlich immer über diese rechtliche Würdigung streiten.
Auf der Beckschen Seite entbrüstet man sich in den Kommentaren über eine eher seltenen Problematik, geht aber in keiner Weise auf die Argumentation des BGH ein.Das tust Du auch nicht, Du behauptest einfach nur, dass es keine Nachteil für die Nachlassgläubiger gibt, dass also der BGH nur "Scheinargumente" bringt, ein schwerer Vorwurf. Wenn es wirkllich keine Nachteile für die Gläubiger gibt, worin ich keinen einzigen Ansatz sehe, dann kannst Du mir ja dazu diese Begründung per PM schicken, ich gebe Dir Recht, das ist hier OT.

Im Beckschen Kommntaren und da sind wir auch bei dem Fall hier und das ist nicht mehr OT, wird auch gemutmaßt, dass hinter dieser ganzen Erbschaftsstreitigkeit in Wirklichkeit eine Mauschelei hinter steckt, welche man in der Realität nicht verhindern kann . Das ist auch genau der Punkt, welcher bei der BGH-Sichtweise nicht wirklich losbar ist, ist aber - wie dieser Fall zeigt - mit der bisherigen Rechtsprechung ebenfalls nicht und man kann daher nichts anderes tun als das hinzunehmen. Daher läuft die Kritik auf der Beckschen Seite ins Leere.

Natürlich hat jetzt der StA die Möglichkeit eine Beschwerde beim BVerfG einzureichen, dann würde das BVerfG so etwa in 3 Jahren irgendetwas beschließen, vielleicht das Identische oder etwas abgewandeltes, was dann nicht mehr das BGB unterläuft. Da in der Realität von der Strafgerichten das Gesetz gar nicht so gelebt wird und es in manchen teilen auch nicht verhältnismäßig ist (fahrlässige Tötung) und es unlösbare Fragen stellt, wird spätestens dann der der Gesetzgeber nachbessern müssen.

Für den Fall selber wird es keine Wirkung haben, der Fall wird dann im Rahmen einer Zivilklage schon geklärt sein, denn andere Erben muss es geben, andernfalls wäre das BGB auf den Fall nicht anwendbar. Es wäre stände dann nur noch die Sache mit den Nachlassverbindlichkeiten im Raum.
Zitat von meerminmeermin schrieb:Ich bin mir fast sicher, dass kaum ein Opfer zu Lebzeiten gefragt ,damit einverstanden gewesen wäre dass zur Strafe und Abschreckung auch noch sein Vermögen dem Staat statt nahestehenden Menschen zufallen würde.
Ich kann da nur für mich sprechen, dass mein Vermögen an den Staat fällt, würde ich als letztes wollen. Außerdem können sich nach jetzigem Gesetz die Verwandten das Erbe über eine Zivilklage holen, es sei den es handelt sich um eine fahrlässige Tötung und es findet sich ein Gericht, dass dann den Erbteil des Täters einzieht.

Wenn ich das mir genau überlege und eins meiner Kinder würde mich wegen des Erbes töten, so wäre ich voll und ganz damit einverstanden, dass das Erbe an das andere Kind fällt. Denn es hat eine sehr sehr schwere Last zu tragen, es hätte nicht nur den Vater verloren, es hat auch (indirekt) das eine Geschwisterteil verloren, nichts ist mehr wie es mal war, es wäre eine Katastrophe, man könnte verrückt werden. Das Erbe würde diese extremen psychischen Belastungen zwar nicht sehr reduzieren, aber es würde beispielsweise ein Wohnortwechsel ermöglichen, wo man nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit steht.


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