trailhamster schrieb:Eine unglückliche Frau in unglücklicher Ehe in einer sozial bedrückenden Lebenssituation verliebt sich unsterblich in einen Mann, der ihr erstmals ihre Sexualität erlebbar macht und (vermeintlich) eine Lebensperspektive in Freiheit und Glück in den USA bietet.
Was ihrem Glück entgegen steht, sind die beiden kleinen Kinder. Einfach zurück lassen kann und will sie sie nicht; mit in die USA nehmen ginge auch nicht...oder sie hätte Angst, den geliebten Mann zu verlieren, würde sie ihn mit dem Ansinnen konfrontieren.
Also bringt sie sie um.
Da wurde schon aus weniger nachvollziehbaren Motiven getötet, finde ich.
Richtig, es wurde schon aus weniger nachvollziehbaren Motiven getötet. Andererseits gibt es aber Millionen Mütter, die in vergleichbare Konfliktsituationen geraten und ihre Kinder nicht umbringen. Sondern sie verlassen, sich für die Kinder entscheiden, sich scheiden lassen usw. Es kommt sehr selten vor, dass Mütter ihre Kinder töten. Und noch viel seltener, dass sie das aus schnöden egoistischen Gründen tun.
Und für diese außergewöhnliche Tat erscheint mir das Motiv zu banal und zu konstruiert.
Soll dieses Motiv schlüssig sein, müsste es sich meiner Ansicht nach bei Monika Weimar um eine bestimmte Persönlichkeit handeln, die hier - im Gegensatz zu vielen Anderen - auf die absurde Lösung kommt, die "Beseitigung" der Kinder könne ihr bei der Verbesserung ihrer Lebensumstände helfen. Eine solche Person muss eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur haben, bis hin zu einer Persönlichkeitsstörung, bei der sich ein Mensch die Menschen tötet, die den eigenen Bedürfnissen im Wege stehen. Die Persönlichkeit erscheint mir jedoch in der Berichterstattung immer auffallend blass und wenig greifbar.
Oder ihre Konfliktsituation muss nach ihrer Vorstellung ein so unerträgliches Maß erreicht haben, dass die Tötung der Kinder als einziger Ausweg aus der Qual erschien. Dann müsste aber der Konflikt und seine qualvolle Unerträglichkeit nachvollziehbarer sein. Was für mich aber rüberkommt ist, dass man Frau Weimar eher eine Form des Lustgewinns unterstellt, der angestrebt wurde. Erstaunlich dabei, welch tragende Rolle hier der Sexualität eingeräumt wird. Dabei hätte ihr doch die Erfahrung mit dem US-Soldaten genauso vermitteln können, dass andere Männer - im Gegensatz zu ihrem Ehemann - ihre Bedürfnisse stillen können. Und es davon unzählig viele gibt.
Ich vermute mal, es gibt mehrere psychiatrischen Gutachten zu Frau Weimar, die das Motiv für ausreichend oder möglich halten. Seitdem ich aber die psychiatrische Begutachtung von Frau Zschäpe mitverfolgt habe, graut es mir eher vor der Selbstgewissheit der forensischen Psychiatrie, deren Bewertungen nicht als beschränkte Möglichkeit der Außenschau auf die Seele eines Menschen erscheinen, sondern als scheinbar wissenschaftlich unverrückbare Gewissheiten.
Bei mir bleibt da deshalb - neben den eher dünnen Beweisen - das diffuse Bauchgefühl, dass ich da gerne mehr hätte.