Dienstag, 27. Juni 2006, 23.24 Uhr, Gedächtnisprotokoll von Mitbewohner Chris und
Schwester Karen.
Erster Teil, Gespräch zwischen Chris und Frauke:
"Hallo Chrissy. Mir geht es gut."
"Wo bist du?"
"Kann ich nicht sagen."
"Komm doch nach Hause."
"Nein, das geht nicht."
"Warum denn nicht?"
"Kann ich dir nicht sagen."
"Wirst du festgehalten?"
"Ja ... Nein! Nein!"
"Hast du Angst?"
"Nein."
"Wer ist bei dir?"
"Kann ich dir nicht sagen."
"Bist du müde?"
"Ja, sehr müde."
"Weißt du, dass die Polizei nach dir sucht?"
"Ja, ich weiß."
"Woher weißt du das?"
"Ich bin ja fast eine Woche weg."
"Warum bist du denn weg?"
"Das weißt du doch, Chris."
"Nein. Hast du einen anderen Typen kennengelernt?"
"Du weißt doch, dass ich nicht wegen ’nem Typen eine Woche weg bleibe. Du kennst mich doch."
"Karen ist bei mir. Wir machen uns alle Sorgen."
"Sind Mama und Papa auch da?"
"Die waren hier."
"Sag ihnen, dass ich sie ganz doll liebe."
"Wann kommst du zurück?"
"Ich weiß nicht."
"Warum bist du nicht gekommen, obwohl du gesagt hast, dass du heute zurückkommst?"
"Erklär ich dir später."
"Soll ich dich abholen?"
"Nein, das geht nicht."
"Können wir uns irgendwo treffen?"
"Das geht nicht."
"Wo bist du?"
"Mama."
"Wo bist du?"
"Mama."
"Wo bist du?"
"Mama."
"Wann meldest du dich?"
"Weiß ich noch nicht."
"Melde dich doch wenigstens einmal am Tag."
"Hab ich die anderen Tage doch auch gemacht."
"Ich war sehr traurig, dass du dich gestern nicht gemeldet hast."
"Ja, ich weiß, dass du sehr traurig warst ... Gib mir Karen, bitte."
Zweiter Teil, Gespräch zwischen Frauke und Karen:
"Bitte frag mich nicht aus!"
"Hast du Angst, nach Hause zu kommen?"
"Nein."
"Wir räumen auch die Wohnung, und keiner fragt dich, was passiert ist. Komm doch wieder."
"Das geht nicht, ich lebe noch!"
"Bist du mit einer oder mehreren Personen zusammen?"
"Bitte frag mich nicht. Ich würde gerne bei euch sein. Ich würde gerne nach Hause."
(Chris nimmt das Handy) Chris: "Melde dich wenigstens einmal am Tag."
Frauke: "Ja, mache ich. Ciao. Bis bald."
Schwester Karen:
Mir schossen die Tränen hoch. Sie klang wie in Trance. Das war nicht nur Erschöpfung. Die Sprache total verwaschen. Mir sind mal K.-o.-Tropfen ins Glas gekippt worden, danach klang ich so wie sie. Ich glaube, sie hat auch geweint.
Quelle: Stern Crime
Ich denke, dreimal "Mama" war kein versteckter Hinweis, sondern eine Reaktion der Erschöpfung und potentiellen Sedierung oder Dehydrierung.
Zur Erläuterung: Meine "Mutter" spielt fast 2 Jahrzehnten keine Rolle mehr in meinem Leben und ist der letzte Mensch, den ich nochmal sehen müsste. Dennoch habe ich mal in einem Zustand der Umnachtung durch hohes Fieber auch jetzt im Erwachsenenalter nochmal "Mama" vor mich hingestammelt. Ich hab mit über 40 Fieber vor mich hin gedämmert und hab noch grad mitbekommen, dass mein Mann um mich rum wuseln um sich zu kümmern und da ist mir ein "Mama" entfleucht.
Ich denke, dass Frauke nicht unbedingt bewusst nach ihrer Mutter verlangt hat und auch keine Botschaft damit versucht hat zu senden, sondern dass sie fix und fertig war- körperlich und auch mental und dass das ein verbaler Ausdruck war wie "Hilfe"