Malinka schrieb:Ich kann mir nicht vorstellen, dass man als Täter so doof wäre und sein Handy bei Autofahrten mir Frauke nicht ausgeschaltet hätte.
Wie schon erwähnt, ich finde deine Gedanken dazu wichtig und sehr gut. Und ob dies - seine HandyIMEI findet man schon nicht im Sendemast von Nieheim - auch schon dort zutrifft bei der 1.SMS?
Die Frage lautet aber auch, wäre es so klug, wenn der Täter immer sein Handy ausschaltet, bei den ganzen Kontaktzeiten wo Frauke sich meldete? Denn ich sage so, dass sein eigenes Handy zu einer Zeit nicht am Netz angebunden war, auch dies kann man nachträglich feststellen. Durch das Abschalten sicher nicht, wo es sich zu dieser Zeit befunden hat ( das geht ja nur, wenn es aufgedreht war) , aber das es nirgends eingebucht war in einem Funkmasten, sehr wohl. Dazu weiter unten mehr.
Wenn der Täter also in den Fokus der Ermittler geraten würde, eine Zellenabfrage über sein Handy gemacht wird, so würde doch aufscheinen, dass sein Handy genau immer zur selben Zeit, als Frauke sich meldete, abgedreht (also vom Netz abwesend ) gewesen wäre. Hier würde er ja dann schon in Erklärungsnot geraten, warum dies so war, oder dies allein wäre schon total verdächtig, wenn man nicht an einen Zufall glauben mag.
Wenn der Täter aber ein bisschen Grips hat, so dreht er sein Handy nicht ab (damit so ein Muster erst gar nicht entsteht), sondern lässt sein Handy bei sich daheim aufgedreht liegen, wenn er mit Frauke telefonieren fährt.
Und falls ein Anruf in seiner Abwesenheit reinkommt, ist doch eine Erklärung darüber (bin eingepennt, wollte nicht abheben, las gerade ein spannendes Buch... ) viel leichter mMn. , warum er den Anruf nicht annahm.
Die Frage lautet also, könnte dieser angedachte Umstand - er ließ sein Handy aufgedreht daheim liegen - schon bei der Ersten SMS von Nieheim zutreffen? Vermied er schon in Nieheim ganz bewusst, dass seine Handydaten dort im Sendemast nicht aufscheinen? Und dieses Verhalten setzte sich bei den weiteren Kontakten genau so fort?
Ich glaube, wenn dies so wäre, müsste schon in PB vorher was Gravierendes passiert sein zwischen Frauke und ihm. Denn wenn der schon aufpasste, dass sein Handy dort draussen in Nieheim nicht aufscheint, muss der Grund dafür eben schon VOR der ersten SMS zu finden sein?
Bleibt natürlich die Alternative, er besaß selbst damals gar kein Handy.
Malinka schrieb:Nein und ja. Der Begriff "Stand-by-Modus" wird für ein Handy benutzt, welches zwar eingeschaltet ist, aber aktiv nichts tut.
Ein ausgeschaltetes Handy nennt man in Fachjargon "inaktiv", was gleichbedeutend mit "aus" ist.
Nur dahingehend wollte ich den Begriff erklären.
Das hast du wunderbar erklärt und ja, dass du recht wiff (klug) und bist mit geistiger Beweglichkeit ausgestatte, dies steht ausser Frage. Trotzdem würde ich aber gerne darauf hinweisen, ein eingeschaltetes Handy was nix tut, gibt es genauso wenig wie den Osterhasen oder das rosarote Einhorn - um es mal ein bisserl überspitzt zu formulieren.
Sondern im Gegenteil, ein Handy welches ja in technischer Hinsicht quasi ein eigener Sender ist strahlt permanent Signale aus, auch im Stand-by-Modus, welche die nächste Funkfeststation aufsuchen um somit auch seine Bereitschaft und Erreichbarkeit zu gewährleisten.
Wie du das oben völlig richtig und korrekt formuliert hast mit "inaktiv", trifft dieser Zustand ja nur allein bei einem ausgeschalteten Handy (oder Batterie raus) zu. Bei einem eingeschalteten Handy, egal welchen Modus wir da bezeichnen wollen, trifft dieser "inaktiv-Zustand" aber niemals zu.
Malinka schrieb:Dem Anbieter ist, ohne spezifische Abfrage oder Aktivität des Handys, nur die Location Area bekannt, aber nicht der genau Standort oder der genaue Funkmast an dem das Handy gerade vorbei kommt.
Keine Ahnung wer dir solch eine Mär ins Ohr geflüstert hat, aber sicher kein "Experte", der über die vielen grundverschiedenen möglichen Datenerhebungen bei Handys von Ermittlern da näher Bescheid wüsste. Weiter unten wird deutlich ausgesagt, dass Standortdaten auch
völlig ohne aktive Kommunikation (also ohne etwa SMS versenden, Telefongespräche etc.) anfallen - und diese Info stammt aus dem Jahr
2005.
Auch müsste man dabei dringend erstmals total unterscheiden, ob diese Ortung in Echtzeit passieren soll (Beispiel dazu etwa "Stille Sms") oder Standortdaten erst im Nachhinein (durch zeitlicher Verzögerung) ermittelt werden müssen - also wo ein eingeschaltetes Handy sich mal in der Vergangenheit aufgehalten hat, wie bei der Ortung in Nieheim im Fall von Frauke. Denn diese Unterscheidung betrifft auch den völlig unterschiedlichen Ermittlungsansatz von Standortdaten. Das eine stille SMS (Beispiel) im Nachhinein zu einer Nieheim-Ortung wenig sinnvoll und von keinem großen Erfolg gekrönt sein kann, wird uns ja beiden eh voll klar sein.
Hier also ein Bericht dazu aus einem Heft (Seite 62) des Jahres 2005 von Professor Dr. Ulrich Eisenberg und Wiss. Mitarbeiter Tobias Singelnstein, Berlin - weil wir wollen ja wissen/erfahren wenn dies geht, was zur Zeit als Frauke verschwand damals technisch an Ortung und Standortermittlung so möglich war und nicht den heutigen technischen Stand von 2019.
Ein Auszug von damals daraus:
Zwar fallen Standort-Daten auch ohne aktive Kommunikation alleine dadurch an, dass sich das eingeschaltete Handy regelmäßig beim Mobilfunknetz einbucht und so die Zelle mitteilt, in der es sich befindet. Die Abfrage dieser Stand-by-Daten soll nach BGH [ER] StV 2001, 214, 215 f. im Rahmen von $ 100 a StPO auch zulässig sein (a. A. Demko NSZ 2004, 57ff. mwN), so dass auf diesem Weg ebenso ein Bewegungsbild erstellt werden dürfe.
Fur die Ermittlungsbehörden besteht aber offenbar dennoch die praktische Notwendigkeit, Standortdaten durch aktive Kommunikation mittels „stiller SMS“ zu erzeugen. Dies mag einerseits damit zusammenhängen, dass die Mobilfunkbetreiber teilweise rechtlich gegen Auskunftsersuchen bezüglich Stand by-Daten Vorgehen – wie in der genannten Entscheidung des Ermittlungsrichters beim BGH. Zum anderen werden die im Stand-by-Betrieb anfallenden Standort-Daten – anders als bei aktiver Kommunikation, bei der die Daten aus Abrechnungs- und Nachweisgründen festgehalten werden von den Mobilfunk betreibern nicht (automatisch) gespeichert.
Zwar sind die Anbieter nach Ansicht des BGH im Falle einer Anordnung nach SS 100a, 100b StPO dennoch verpflichtet, diese Daten festzuhalten und mitzuteilen. Aus technischen Gründen ist dies jedoch offenbar nur mit zeitlicher Verzögerung und nicht online möglich (vgl. BGH [ER] StV 2001, 214, 21Sf., so dass die Stand-by-Daten im Hinblick auf eine observationsunterstützende Funktion oder zum Zweck des unmittelbaren Zugriffs an Wert verlieren. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit zukünftig eine Verpflichtung zur Speicherung solcher Daten normiert werden wird; vgl. hierzu Tbieder Kriminalistik 2004, 104, 105 ff. sowie den Gesetzentwurf zur Neuregelung des TKG (BR-Dr 75503).
Quelle:
https://kriminologie2.rub.de/images/pdf/stille-sms.pdf (Archiv-Version vom 28.08.2019)