Malinka schrieb:Ich fragte schon mal: womit hat man auf Frauke so massiv Druck gemacht?
Ich glaube, dafür kommen prinzipiell zwei Szenarien in Frage:
a) Der Täter hat unmittelbaren Zwang angewendet (etwa eine vorgehaltene Waffe) oder
b) der Täter hat mittelbaren Zwang ausgeübt (indem er sein eigenes Leben oder die Unversehrheit einer anderen Person, die F wichtig war, zur Disposition stellte).
Aufgrund der Annahme, dass F vermutlich nicht mit einem Fremden/neuen Bekannten freiwillig in die Umgebung von Entrup gefahren wäre, halte ich b) für wahrscheinlicher. Für b), also für mittelbaren Zwang, sprechen meines Erachtens zusätzlich die Struktur und Inhalte der SMS- bzw. Telefonkontakte in der Zeit von Fs Verschwinden. Ein Täter, der unmittelbaren Zwang ausgeübt haben würde, hätte meines Erachtens deutlich größere Gewalt über F besessen und z.B. verhindert, dass sie den Anruf ihres Bruders entgegen genommen hätte. Er hätte ihr vermutlich auch nicht gestattet, längere Gespräche zu führen oder über das Maß dessen, was man als unabdingbar für den Plan, eine Fahndung zu verhindern, erwarten würde, überhaupt zu kommunizieren.
Ich denke sogar, die Ls hätten größere Schwierigkeiten gehabt, die Polizei zu aktivieren, wenn es die Anrufe nicht gegeben hätte. Östermann sagte in dem Sat 1-Bericht sogar, wenn ich mich recht entsinne (?), dass, nachdem F beim ersten Anruf sagte, dass sie nach Hause kommen werde und dann doch nicht nach Hause kam, für die Ermittler klar war, dass hier keine freiwillige Abgängigkeit vorlag. Die Anrufe und die 'Freiheit' Fs, diese Gespräche
zu einem gewissen Grade selbst zu gestalten, boten ja gerade erst handfeste Anzeichen dafür, dass F eben nicht - völlig - freiwillig fern blieb.
Malinka schrieb:Das Waschen und Umkleiden post mortum spricht jedoch für ein aufwändiges Vorgehen.
Es ist natürlich denkbar, dass der Täter Fs Leichnam nach der Tat wusch und ihre Kleidung reinigte, damit beides keinerlei Spuren von ihm tragen würde. Ich persönlich glaube allerdings nicht daran. Wieso hätter er sie dann überhaupt wieder ankleiden sollen? Für mich spricht mehr dafür, dass F von dem Zeitpunkt ihres Verschwindens bis zu ihrem Tod, einer andauernden psychischen Odyssee ausgeliefert war, die maßgeblich darin bestand, auf den Täter einzureden, ihn zu besänftigen und auf seine Gefühlslagen einzugehen sowie von ihm (im Gegenzug) Freiheiten zu erhalten, wie z.B. die, sich möglichst täglich zu Hause melden zu können. In meinen Augen blieb in dieser Zeit weder viel Zeit zum Schlafen (Klang der Stimme am Telefon) noch für andere alltägliche Dinge, wie Essen und das Wechseln von Kleidung etc. (Kleidung an der Leiche identisch mit der Kleidung zum Zeitpunkt des Verschwindens).
Alles in allem spricht daher für mich nichts für einen typischen Sexualstraftäter, der F aus sexuellen bzw. sadistischen Gründen entführt haben würde, sondern alles für eine Tat, die, im Rahmen eines zunehmenden Kontrollverlusts einer psychisch labilen Person und in einer für diese scheinbar ausweglosen Ausnahmesituation begangen wurde, entweder um eine vorangegangene Tat (wie die Entführung selbst) zu verdecken oder z.B. um seitens des Täters einen Suizid zu erleichtern.
Übrigens halte ich die Vorstellung, FL habe während des letzten Telefontas bereits gewusst, dass es zu Ende gehen würde, für recht unplausibel. Im Gegenteil: Man muss doch annehmen, dass die besondere Gesprächsführung, die sie wählte, und die eingeschränkten Informationen, die sie Preis gab, dem Umstand geschuldet waren, dass sie die Situaiton eben gerade nicht eskalieren lassen wollte: Sie ging meines Erachtens in diesem Sinn bis zum Schluss davon aus, dass sie die Situation noch wieder in den Griff kriegen würde, sonst hätte sie die letzte Gelegenheit sicher dafür genutzt, einen Hinweis auf den Täter zu geben oder gleich einfach einzubrüllen, wo sie ist und was mit ihr geschehen war.