Eins noch vorweg: ich habe mit dem Author nix am Hut und weder ein persönliches, noch ein gewerbliche Interesse, dieses Buch in irgendeiner Weise zu "pushen" ...:-)
Waldeck schrieb:Das tut jetzt zwar nichts zur Sache, aber ich habe aus Interesse an diesem Fall auch etwas ins Buch reingelesen, und fand es extrem plump geschrieben und die Konstrukte hanebüchen unglaubwürdig. Eine Mischung aus Aktenzeichen-XY-Filmen und Verschwörungstheorien. Nun gut, das ist Geschmacksache, darum solls nicht gehen. Aber es hat mir wieder mal ins Bewusstsein gerufen, wie fragwürdig das eigentlich ist, wenn jemand einen realen Mordfall quasi 1:1 übernimmt und dann eine Geschichte drumrum spinnt.
Das ist schade und vielleicht wäre etwas mehr als "reinlesen" hilfreicher gewesen, denn Matthias Altenburg aka Jan Seghers gehört schon zu den renommierteren deutschen Krimi-Autoren, für mich persönlich sogar der Beste neben Ulrich Hefner,aber so sind die Geschmäcker verschieden. Wenn du mir bessere empfehlen kannst,nehme ich gerne Tips entgegen und das ist nicht böse oder ironisch gemeint :-)
Ich kenne zwei Leute,die das Buch unabhängig voneinander gelesen haben und den realen "Fall Tristan" gar nicht kannten,erst im Nachwort davon erfuhren. Bis zu diesem Zeitpunkt fanden sie "den neuen Seghers..." wie immer einfach nur "spannend und gut konstruiert" - was wiederum bedeuten würde,daß man doch 1:1 übertragen kann.
Wenn man den Fall vorher kannte,ist man mit dem Buch entweder direkt auf Konfrontationskurs,weil man ja zumindest bisher einen ganz anderen Blick auf die Dinge hatte, oder man versucht sich einfach mal darauf einzulassen. Prinzipiell gehöre ich eigentlich immer eher zu den ersteren Hard-Linern , diese vorgetragene Version der Ereignisse habe ich aber dann doch als zumindest mal überlegenswert empfunden.
Waldeck schrieb:Erstens macht es doch schon grundsätzlich keinen Sinn. Die Ermittlungen konzentrieren sich notwendigerweise auf Personen, die in irgendeiner Weise mit Tristan oder dem erweiterten Tatort zu tun hatten.
Nee, eben nicht: man erwartete einen Täter,der so unter Strom steht,daß er in Kürze wieder zuschlagen würde und die Polizei stand deswegen unter erheblichem Zeitdruck! Der im Buch präsentierte Auftraggeber, ein in der Pädo-und Stricher-Szene verkehrender Jurist (Staatsanwalt) ,hatte ja erst mal nichts in irgendeiner Weise mit Tristan zu tun. Auf der Suche nach "obsessiven Zopfmännern" standen Herren in weißen Kragen vermutlich erst mal ganz hinten an.
Waldeck schrieb:Drittens ist es sehr unwahrscheinlich, dass jemand anscheinend so oberflächliche Kontakte zu einem kriminellen Netzwerk hat, dass sie auch nach gründlichen Ermittlungen nicht zu Tage treten, und gleichzeitig hat er in deren Augen so etwas Schlimmes getan, dass er dafür ermordet werden muss. Dazu ist es noch ein dreizehnjähriger Junge. Solche Bandenabrechnungen sind in Deutschland selbst unter Rockern nicht Alltag, und auch da sind die Verflechtungen offensichtlich und allgemein bekannt.
Ich hatte schon verraten: als Motiv wird ein Erpressungsversuch von Kids aus der Szene rund um den Bahnhof präsentiert.Ich spinne das jetzt mal weiter: wären die "Neigungen" und "Aktivitäten" des Auftraggebers ans Tageslicht gekommen,wäre er für alle Zeiten "erledigt" gewesen. Ich denke schon,daß Menschen,die so unter Druck stehen,zur Beauftragung einer solchen Tatfähig sein könnten.
Wenn es so gewesen sein sollte,möchte übrigens nicht ausschließen,daß die Tatausführung so nicht geplant war,sondern im Blutrausch eskaliert ist. Dementsprechend könnte es tatsächlich entsprechende Fantasien beim Killer im Vorfeld vorhanden gewesen sein.
Meine persönliche Interpretation der Ereignisse hat mit dem Buch nichts zu tun und ist folgende, ohne irgendeinen Anspruch ,damit der Wahrheit nahe zu kommen: Tristan ist zufällig am Tatort auf den "hasenschartigen Zopfmann" gestossen und in bei irgendetwas gestört,vielleicht beim Konsum von Drogen.
Der wollte ihn Vertreiben,ein Wort gab das andere. Irgendwann kam der Trigger zur Tat, vielleicht einfach nur eine abfällige Bemerkung über die Fehlbildung/Hasenscharte. In den 90ern gab es einen schlimmen Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien. Ich könnte mir einen gerade durch Drogen enthemmten,traumatisierten Flüchtling vorstellen,von denen es hier zu dieser Zeit viele gab. Als er wieder bei Sinnen ist und merkt,was er getan hat,versucht er über die grüne Grenze wieder Richtung (Süd-) Osten zu flüchten,daher die Karte in tscheschischer Sprache. Ich denke nicht,daß er sich lange im Raum Frankfurt oder Deutschland aufgehalten hat und auch in Tschechien nur auf der Durchreise war,die dortigen Fernsehfahndungen deswegen auch nichts brachten.
Alles höchst spekulativ,aber deswegen sind wir ja auch hier,nix für ungut :-)