@Philowl100 % Zustimmung. Deine Ausführungen heben die Diskussion hier auf ein neues Level! Ganz stark.
Würdest Du mal Dein Täterprofil beschreiben? Würd mich sehr interessieren.
Täterprofil: ehrlichgesagt dachte ich an einen Durchbruch, als Seel ins Gespräch kam. Organisiert, kontrolliert, sozial angepasst und doch ein sexueller Sadist mit variablen Fantasien über die Jahre. Ausserdem die Möglichkeit, Gegenstände/Tatwerkzeug unauffällig bei Entrümpelungen zu entsorgen.
Auch wenn es nicht Seel war, muss der Täter gewusst haben, was er tut und wieviel Zeit er dafür benötigt. Wenn er nicht vorher schon Menschen getötet hat, muss er zumindest an Tieren seine sadistischen Fantasien ausgelebt haben.
Der Zopfmann, der Mann in der Anwaltskanzlei und der Mann, der sich telefonisch bei der Polizei "stellte" (sofern das jeweils ein und dieselbe Person war), fallen für mich als Täter flach.
Der Zopfmann war zur falschen Zeit am falschen Ort ODER Kontaktvermittler. Wenn er letzteres war, würde das die eher verzweifelte Bitte um anwaltlichen Beistand erklären, nachdem er schockiert feststellen musste, welches tödliche Treffen er da arrangiert hat. Der Anrufer bei der Polizei könnte der Zopfmann gewesen sein, eher aber ein verwirrter Alkoholiker/Junkie.
Dass die Tat "einmalig" ist, kann daran liegen, dass Kannibalismus eine Fantasie war, die der Täter "ausprobieren" wollte. Das Undoing ist eine symbolische Entschuldigung, weil Tristan nicht seinem typischen Opfertyp entspricht (Täter wollte Menschenfleisch essen, quält und tötet üblicherweise Tiere ODER anderen Opfertyp zB Prostituierte). Dass die Tötung nicht gewollt war, schliesse ich deshalb aus, da der Angriff mit absolutem Vernichtungswillen erfolgte (massive Schläge ins Gesicht, Würgen und Kehlschnitt bis auf HWS). Das spricht auch gegen eine Affekttat. Dass der Täter von seiner Psychopathologie her (eigentlich) ein sexueller Sadist ist, und nicht zB ein ritueller oder schizophrener Kannibalist, schliesse ich daraus, weil er 1) sexuell relevante Leichenteile mitnahm und 2) einige andere nicht-tatrelevante Schnitte im zB Brustbereich setzte. Letztere dürften ja auch Ähnlichkeiten mit Seel zugeordneten Opfern gehabt haben.
@PastorBrownder Fall "Tristan" ist sehr schnell aufgrund der auffälligen Nachtathandlungen fallanalytisch unter die Lupe genommen worden und genau nach den (mittlerweile teilweise veralteten) Grundsätzen untersucht worden, wie du sie z.T. wiedergibst.
Die von mir verlinkten Artikel und Überlegungen dazu sind nicht veraltet, sondern entsprechen der gängigen Wissenschaft und Vorgehensweise im Profiling.
Es sei dir aber weiterhin unbenommen, an Raubmord oder persönliche Motivlage zu glauben. Ich dränge niemanden meine Überlegungen auf.
Wäre aber hier jemand wie beispielsweise Kurt-Werner Wichmann oder Martin Ney der Täter, hätte man ihn schon erwischt; denn dann wären seine Fingerabdrücke in der Kartei. Der Fingerabdruck auf dem Schulheft ist nämlich zwar etwas verwischt, aber lt. Uwe Fey gerichtlich verwertbar, also vollständig geeignet, den Täter zu überführen. Offenbar ist der Täter also bisher ein polizeilich unbeschriebenes Blatt.
Der Fingerabdruck musste mühsam abgleichsfähig gemacht werden, soviel ich gelesen habe, waren Spezialisten des FBI beteiligt. Datenbankfähig ist der Abdruck meines Wissens trotzdem nicht, er taugt nur zum direkten Vergleich.
Dass der Täter ein "unbeschriebenes Blatt" ist, ist nicht gleichbedeutend mit Ersttäter. Auch Mehrfachtäter schaffen es oder haben das Glück, am Tatort keine (verwertbaren) Spuren zu hinterlassen.