LordBaer schrieb:Ist der Fall G. Stoll bei der Polizei eigentlich als Mordfall in den Akten
von Mord - $ 211 StGb - kann im vorliegenden Fall vorerst nicht gesprochen werden. Das Opfer hat ja, als man es alleine gefunden hat, noch gelebt.
Dem/den Täter(n) wäre wohl nur sehr schwer nachzuweisen, daß sie in Tötungsabsicht gehandelt haben. Sie würden steif behaupten, sie wollten ihm nur einen Denkzettel verpassen, und damit kämen sie auch vor so ziemlich jedem Gericht durch.
Somit haben wir erstmal den § 224(5) - gefährliche Körperverletzung mit einer "das Leben gefährdenden Behandlung" - wie es im Juristendeutsch soschön heißt.
Und da er im nachhinein aber gestorben ist, haben wir zusätzlich den § 227 - die berühmte "Körperverletzung mit Todesfolge".
(Todesfolge kann aber auch bei leichten oder fahrlässigen Körperverletzungen auftreten. Darum ist das in § 227 nochmal extra aufgeführt).
LordBaer schrieb:Denn je nachdem, wie sie den Fall nun in den Akten haben, verjährt der Fall ja anders.
nein, es kommt nicht drauf an, wie die Polizei das in den Akten hat. Die soll nur ermitteln und die Täter finden. Die benennen das lediglich mit einem "Arbeitstitel", meinetwegen "YOGTZE-Fall".
Die Paragraphen sucht sich dann schon der Staatsanwalt heraus, nach denen er seine Anklageschrift formuliert. In diesem Falle könnte er nicht viel anders als nach §224(5) in Verbindung mit §227 anklagen.
LordBaer schrieb:Mord zum Beispiel verjährt in Deutschland meines Wissen niemals. Alles andere jedoch schon.
Mord (§ 211 StGB) verjährt gem $ 78 StGB nicht. Das ist richtig.
Körperverletzungen mit Todesfolge (§227) verjähren wie die Delikte unter $223-226 (also die Körperverletzungen in ihren verschiedenen Schweregraden).
Gefährliche (§224) und schwere Körperverletzung ($226) - verjähren beide nach 10 Jahren.
Die Todesfolge wirkt sich also nicht auf die Verjährung aus, sondern lediglich auf das Strafmaß.
Bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung gibt es von 6 Monaten bzw. einem Jahr bis 10 Jahren.
Bei Todesfolge nicht unter drei Jahren.
Juristisch ist der YOGTZE-Fall also verjährt.
Was aber nicht heißt, daß man nach den Tätern nicht suchen soll.
Es könnte ja sein, daß die Täter auch in jüngerer noch nicht verjährter Zeit weitere Straftaten begangen haben.
Oder es könnte herauskommen, daß dem einen oder anderen neben diesem Fall auch "echte" Morde nachgewiesen werden können, und da würde er, da diese nicht verjähren, sein Leben lang verurteilt werden können.
Wenn es sich um Berufskriminelle handelte, weiß man erfahrungsgemäß, daß die ja nicht nur Gelegentheitstäter sind. Da kommt dann oft noch allerhand dazu, was dann oft für eine Verurteilung langt.
Das ist schon oft passiert, daß Straftäter bei einem Delikt in den Genuß der Verjährung gekommen sind. Dann hat man sie wegen irgendeinem andern Blödsinn erwischt, und alles kam raus.
Zwar darf das verjährte Delikt sich beim Urteil nicht straferschwerend auswirken ... in der Theorie ... aber da sind Richter oft sehr flexibel. ;-)
noch zur Erklärung, wie man zu einer Entscheidung kommt zwischen "Mord" und "Todesfolge":
Die Mißhandlungen müssen beim Mord mit dem Ziel begangen worden sein, das Opfer zu töten.
Angenommen, man verprügelt einen gründlich, überfährt ihn dann noch mit dem Auto, dann vertschüßt man sich - und der lebt noch! - dann kann so gut wie gar nicht mehr auf Mord erkannt werden. Der Täter wird ja abstreiten daß er das Opfer töten wollte, und ein guter Verteidiger hat auch noch die richtigen Sprüche dafür drauf.
Das heißt jetzt aber auch wieder nicht, daß immer, wenn ein Opfer erstmal überlebt, nicht von Mord die Rede sein kann.
Klassisches Beispiel: Gift.
Das verabreicht der Täter dem Opfer, im Wissen, daß es z.B. nach 12 Stunden wirkt. Dann ist seine Handlung eindeutig in Tötungsabsicht begangen und somit Mord.
Daher: Der YOGTZE Fall ist kein "ungeklärter Mordfall".