@kcefiakIch halte es für wahrscheinlich, dass die Angeklagten im Prozess von 1915 plausible Gründe vorgetragen haben, warum nach dem Sommer 1910 kein Inzest mehr stattgefunden hat.
Ein Grund mag die Verlobung mit K.G. gewesen sein. Gut möglich, dass sie auch eine Verlobungsbescheinigung vorgelegt haben. Aber eine vierjährige Verlobungszeit ist doch etwas lange. Es muss noch andere Gründe gegeben haben.
Ein weiterer Grund könnte mE sein, dass eine Fehlgeburt oder eine Totgeburt oder ähnliches bei Victoria gesundheitliche Probleme ausgelöst haben, so dass der Inzest schon aus diesem Grunde nicht fortgesetzt werden konnte. So etwas lässt sich im Prozess wirksam vortragen und erklärt vielleicht auch, die sehr niedrige Strafe für Victoria, wenn sie denn nun zu einem Monat und nicht zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden ist.
Das sind natürlich alles nur Spekulationen. Auffällig in diesem Zusammenhang ist aber, dass der Ehe-und Erbvertrag von 1914 keine Regelung für den Fall enthielt, dass Nachkommen aus der Ehe zwischen K.G. und V.G. hervorgehen, so dass in diesem Fall dann die gesetzliche Erbfolge eintrat, wie nach dem Tode von Karl Gabriel auch geschehen.
Die damalige gesetzliche Erbfolge für Kinder (Erbteil zu 3/4, Eigentumsanteil am Hof) ist aber gerade im Hinblick auf den Hof nicht günstig, weil sie die Einheirat eines neuen Ehegatten erschwert und somit vielleicht auch den wirtschaftlichen Bestand des Hofes gefährdet, denn nach einer erneuten Heirat des überlebenden Ehegatten hätte der Hof dann mindestens drei Eigentümer.
Schwierigkeiten könnten auch dann entstehen, weil bei minderjährigen Eigentümern bei Belastungen des Hofes etc. immer das Vormundschaftsgericht mit entscheiden müsste.
Dieser Punkt ist mir daher nicht nachvollziehbar. Man könnte meinen, dass die Eheleute G. an sich nicht mit Nachkommen gerechnet haben.
Dass die erbvertragliche Regelung für Nachkommen schlichtweg vergessen wurde, kann ich mir auch nicht vorstellen, weil es sich um einen notariellen Vertrag gehandelt hat. Der Notar belehrt die Parteien über die Rechtsfolgen der Vereinbarungen, letzten Endes hat er sich aber an das zu halten, was die Parteien vereinbaren wollen.