schluesselbund schrieb:Aus der Faktenlage ergibt sich mir höchstens noch, dass eventuell Alimentenforderungen von Seiten Viktoria ausstehen gewesen sein könnten. Für einen 6 Fach Mord als Motiv ist das einfach nur zu verwerfen.
Also laut den Aussagen von L. S. hatte ihm ja V. G. das Geld für die Vorschuss-Alimente gegeben, damit er den Vater macht, damit A. G. und sie nicht wieder wegen Blutschande ins Gefängnis kommen. Das könnte aber auch eine Schutzbehauptung von L. S. gewesen sein, um sein Motiv zu entkräften (Rache wegen ungerechtfertigter Anerkennung der Vaterschaft und Zahlung der Alimente). Er hat also evtl. gar kein Geld von V. G. erhalten oder sie hat es zurückgefordert.
Und selbst wenn er das Geld von V. G. erhalten hätte, so könnte er doch im Nachhinein zu der Überzeugung gelangt sein, dass er nicht der Erzeuger des kleinen Josef ist und deswegen aus der Sache nicht nur mit einem Nullsummenspiel herauskommen muss, sondern für die Gefälligkeit, den Vater zu machen und die HK-ler vor dem erneuten Zuchthaus zu bewahren, auch eine entsprechende Entlohnung zu bekommen.
Laut seinen Aussagen war er vermögend und nicht auf Geld anderer angewiesen, aber das könnte auch eine Schutzbehauptung gegen das Motiv Geldnot gewesen sein. Er hatte ein neues Haus gebaut und mehrere erwachsende Kinder, denen er eine ordentliche Aussteuer/Mitgift zahlen musste. Und Geld ist neben verschmähter Liebe usw. IMMER ein starkes Motiv für solche Taten, auch noch Jahre danach wenn man eigentlich denkt, jetzt müsste eigentlich Gras über die Sache gewachsen sein!
Meine Vermutungen sind also folgende:
- L. S. hat V. G. genötigt, ihm 700 Goldmark für die Anerkennung der Vaterschaft zu bezahlen, ansonsten würde er sie und A. G. wieder wegen Blutschande anzeigen.
- V. G. hat ihm das Geld nicht gegönnt und hat es stattdessen in den Beichtstuhl gelegt, um sich von ihren Sünden "freizukaufen"
- Als Retourkutsche haben die HK-ler erneut Vaterschaftsklage erhoben bzw. aufgrund der galoppierenden Inflation eine Erhöhung gefordert (es gab damals ein Musterurteil eines Gerichtes, von dem die HK-ler evtl. aus der Zeitung erfahren haben).
- L. S. hatte davon erfahren und das hat ihn extrem wütend gemacht. Er wollte 700 Goldmark für die Anerkennung der falschen Vaterschaft, stattdessen sollte er jetzt (noch mehr) dafür bezahlen. Und er hatte kein Gegenmittel mehr, weil ihm das Gericht wegen dem ständigen Hin und Her mit den mehrfachen Anerkennungen und Widerrufungen der Vaterschaft nicht mehr glaubte.
- V. G. hat bei der Kutschenfahrt nach Schrobenhausen dem Gastwirt Andreas Schweiger offenbart, (erneute) Vaterschaftsklage bzw. Erhöhung gegen L. S. erheben zu wollen. Diese Aussage wurde zwar erst 1952 bekannt, ist aber m. E. glaubhaft. Aber weil hier nichts aktenkundig ist, hat es wohl nicht stattgefunden. V. G. hat also wohl Gewissensbisse bekommen und die Klage NICHT erhoben, um den ganzen Streit nicht erneut hochkochen zu lassen.
- Das dürfte wohl - evtl. auch in Verbindung mit den 700 Goldmark im Beichtstuhl - zu dem extremen Streit zwischen A. G. und V. G. geführt haben, von dem die Klassenkameradin ? Fuchs von Cäzilie Gabriel viele Jahre später berichtet hat. Cillie war am Tag vor der Tat in der Schule eingeschlafen, weil man die ganze Nacht die geflüchtete Mutter V. G. gesucht und erst am Morgen an der 30 Gehminuten entfernten Paar auf einem Baumstumpf sitzend und weinend gefunden hat.
- Und das ganze bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schneematsch! Es kann hier eigentlich nur ums Geld gegangen sein. V. G. wollte den alten Streit nicht wieder hochkochen lassen und evtl. doch noch einen neuen Ehemann finden, aber den alten ging es nur ums Geld und A. G. wollte keinen einheiraten lassen.
- Und dieses ewige Hick-Hack und dass das ganze Thema nach 2 Jahren wieder hochgekocht ist, da sind dem L. S. dann die Sicherungen durchgebrannt. Was ja auch evtl. irgendwie verständlich ist...