Mordfall Hinterkaifeck
07.02.2021 um 11:52
Hola, ich habe über den Fall mal in der ZDF Doku gesehen, Hörspielverarbeitung und die filmischen Umsetzungen und bin da zu dem Podcast "Dunkle Heimat" gekommen.
Dass da viele Lücken und Pannen bei den Ermittlungen, auch im Laufe der Zeit, liegen auf der Hand, gerade wenn man es, wie im Podcast, sehr konzentriert und zusammenhängen bekommt.
Zum Sterbebild/Kirchbücher: Ich bin römisch-katholisch und war in meiner spanischen Heimatgemeinde Messdiener, später dann Lektor, Kommunionhelfer und übernahm die Küsterarbeit. Kirchbuch ist tatsächlich das Archiv der Gemeinde, die vom Pfarrer/Küster, pingelig geführt wurden und auch mussten, denn da wurden alle Daten, ähnlich dem Stammbuch, abgelegt und in Randnotizen, die Zugehörigkeit. Das heißt, zu meiner Geburt und Taufe wurde ich eingetragen und der Vermerk in der Randnotiz verweist auf meine Eltern, unter Angabe der Kirchbuchnummer, Jahr, Seite, diese wiederum auf meine Großeltern, usw... Anhand der Adressen, lassen sich daher auch immer Besitztümer nachvollziehen.
Ich denke daher, die Verwendung des Begriffs "Kirchbuch" ist auch damit gemeint, was es sein soll. Eben jene Kirchbücher, die in der Sakristei, in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt werden und dann, irgendwann aufgrund von Platzmangel, ans bischöfliche Ordinariat weitergereicht werden, wenn keine der Generationen mehr zu erwarten sind, dass keine Abschrift benötigt wird. Aus den Kirchbüchern habe ich ja Taufurkunden, Heiratsurkunden, Firmungsbestätigungen,... die dann irgendwann gebraucht werden, abgeschrieben und gestempelt und auch da wieder in der Randnotiz vermerkt, wann ich eine Abschrift getätigt habe, wem und zu welchem Anlass ausgegeben und die Stolgebühr entrichtet wurde, wenn dieser sich die leisten konnte (in alten Kirchbüchern, die dann mal durchblätterte, wurde auch mit Eiern, Gemüse, Brennholz, Getreide,... bezahlt). Es waren daher nur Vertrauenspersonen, also die Pfarrer selbst oder die Küster, der jeweiligen Gemeinde, denn die Bücher liegen nicht irgendwo rum, sind kirchliche Drucke, die durchnummeriert sind und auch bei einer verschriebenen Seite diese genullt wurde, aber nie entfernt. Das Führen der Bücher muss lückenlos sein und man hält stillschweigen über den Inhalt.
Wer auch immer also das Sterbebild ablegte, muss Zugang zu diesen Büchern gehabt haben. Hier hätte also spätestens beim Auffinden, durch die Profanierung und Abriss der Kirche, des Sterbebildchen in Erfahrung gebracht werden können, wer Pfarrer und Küster zwischen Mord und Auffinden war. Das kann also jemand sein, der aus der Gegend stammt und umgezogen ist, ebenso könnte es auch der Priester gewesen sein, der als Mitzelebrant den Gottesdienst mitgestaltete, weil er villeicht den anderen Priester besuchte, da die Kirche ja Wallfahrtsziel war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer mit kirchlichen Amt, der das Sterbebildchen bekommen hat, es in einem Kirchbuch ablegt. Warum sollte man das tun? Es sei denn, es besteht eine Verbindung mit der Seite, wo das Sterbebildchen lag... was man aber vermutlich nicht berücksichtigt hatte oder das Bildchen rausgefallen ist und man es nur bedingt zuorden konnte, wobei ein Blick ins Buch vielleicht offenbart hätte, ob es eine Verbindung zu Hinterkaifeck oder den Orten gab.
Zu den Morden:
Anfangs dachte ich mir so ein bisschen, vielleicht ist es auch die Dorfgemeinschaft gewesen oder ein Teil davon. Aus der Schandes des Inzest hinaus, vielleicht vom Priester und ein bisschen Hassrede, mit der passenden Bibelstelle angestachelt und es zu einer Art "Blutgericht", je nachdem wie der Pfarrer so tickte.
Aber dann schaute ich mir ebenso die Bilder an, las dann auch die Berichte auf der Seite, wo alles zusammengetragen wurde und stolperte über folgende Dinge.
Victoria war angezogen und wenn das, was auf dem Foto zu sehen ist, Victoria ist, dann hatte sie auch Schuhe, Strümpfe, Unterröcke an und das wenige, was man sieht, sieht auch (für mich) weniger nach üblicher Arbeitskleidung aus.
Ebenso stolperte ich über die zweite Frau vom Schlittenbauer, Anna, die kurz zuvor ihr Kind vom Schlittenbauer verloren hatte und so kam mir der Gedanke, ob der Täter unbedingt ein Mann sein muss und nicht eben eine Täterin? Nur weil man einer Frau es nicht zutraut?
Das gemeinsame Kind von ihr und Schlittenbauer ist kurz nach der Geburt gestorben; man liest immer wieder mal von postnatalen Trauma und da ist sie in dem Ort täglich mit den Grubers konfrontiert, Victoria mit dem Josef, wo ihr Mann die Vaterschaft kurz zuvor anerkannt hatte (so alt war der Josef ja nicht). Ihr Mann wird zum Unterhalt rangezogen und steht auch so der Familie immer wieder mit Nähe (Vaterschaft und Liebelei zu Victoria) und Distanz (Anzeige) gegenüber, so als könnten er nicht mit, aber auch nicht ohne die Grubers. Das muss ein Ende haben und sie beschließt, sich mit Victoria zu treffen. Zu dem Treffen kommt es auch auf dem Hof, zur späterer Stunde und es kommt zu einem verbalen Austausch. Über die Persönlichkeiten weiß man nichts, aber vielleicht verhöhnt Victoria die Anna, lacht sie aus und sieht keine Veranlassung, auf den Unterhalt zu verzichten, ärgert vielleicht auch noch mit Erbansprüchen, die Josef stellen könnte... Die Würgemale an Victorias Hals könnten daher der Versuch sein, dass sie endlich still sein soll, aufhören sie zu verhöhnen und zu provozieren "Halt Dein Maul, du Flittchen!". Victoria ist aber vielleicht stärker und hat den Heimvorteil und kennt sich auch im Dunklen Stall besser aus und schubst Anna weg. Anna stolpert, fällt vielleicht hin, stützt sich wieder auf und bekommt zufällig die Hacke in die Hand und schlägt zu, dann kommt Victorias Mutter, entweder weil sie was hört und ihre umtriebige Tochter kennt, die noch angezogen ist und in der Dunkelheit im Stall verschwindet, Josef im Stubenwagen im Schlafzimmer lässt und ihre Tochter vielleicht bei Schularbeiten in der Küche und bei Oma. Oder die Mutter wusste von den Treffen, schaute aber dann nach, warum ihre Tochter nicht wiederkommt und bekommt ebenso eine drüber. Wie lang die Abstände sind, weiß man nicht. Cilli beginnt sich zu fürchten so alleine in der Küche, in der Stille und holt den Opa, der aber offenbar weder was weiß, noch etwas ahnt, was sich da abspielt, ist erledigt vom dem Tag und daher auch schon im Bett. Weder zieht er sich an, noch nimmt er die Flinte oder irgendwas mit und geht Ahnungslos in den Stall und bekommt ebenso einige Schläge ab, ohne wirklich zu wissen, wie im geschah. Cilli folgt kuz darauf, denn der Opa kommt auch nicht mehr wieder (was eine grauenvolle Vorstellung, für ein kleines Grundschulkind, die Familie verschwindet im Stall und kommt nicht mehr wieder) also sammelt sie den ganzen Mut und folgt ihrer Mutter und Großeltern, bekommt ebenso einen Schlag, aber nicht ganz so stark und daher lebt sie noch schwer verletzt. Vielleicht im Wahn des Overkills, ist der Josef nun auch fällig, der der Stein des Anstoss überhaupt ist. Sie geht durch den Futtergang und steht in der Küche (das es Blutspurten mit tropfenden Blut gab, wird im Podcast dargestellt, ein Verharren in der Küche) weil man die Magd hört, die eigentlich erst ihren Dienst am 01.04. aufnehmen sollte und man vielleicht annahm, dass bei den Wetterverhältnissen, eh niemand durchkommt. Überhaupt ist das Wetter ein guter Zustand, da sich jeder, der nicht draussen sein musste, sich im Haus aufhalten würde. Sie hört also das Geräusch aus der Kammer, geht hin, öffnet die Tür und damit die Magd nicht zur Zeugin wird, wer im Haus stand und eine blutiges Schlagverzeug in der Hand hält, gibt es keine andere Lösung, als auch sie zu erschlagen, bevor sie den Josef in seinem Stubenwagen, mit einem eintigen Schlag und in voller Wucht, erschlägt. Dieses Kind von Schlittenbauer und dieser Vicoria, der für all diesen Zwist und Scham, aber auch Verkommenheit dieser Familie fast symbolisch war, wird ja, laut den Berichten, mit einer ungeheuerlichen Brutalität begegnet, die, um ein Kleinkind zu töten, sicherlich nicht nötig gewesen wäre, sagt für mich eher aus, dass da eine starke Abneigung oder gar Hass vorhanden war. Denn Geld an sich zu nehmen, war nicht das treibende Motiv, wobei man sicher auch nicht mehr nachvollziehen konnte, wieviel Geld tatsächlich vorhanden war und ob nicht doch etwas mitgenommen wurde. Entweder von den möglichen Tätern oder die späteren Finder. Bei Armut ist sicherlich die Verlockung groß, ein paar Münzen einzustecken.
Für mich erklärt es auch dass teilweise paradoxe Verhalten von Schlittenbauer, der es entweder wusste, was seine Frau getan hatte oder aber ahnte, dass sie was damit zu tun haben könnte und daher hier und da sich ungeschickt verhielt, aber auch verschleierte, wobei ich jetzt nicht von ausgeklügelter Raffinesse ausgehe, die Tat bis ins Detail zu verschleiern, auch wenn es das perfekte Verbrechen war, denn es wurde niemand für die Mehrfachmorde belangt. Hilfe durch einen weiteren Mittäter, kann man nicht unbedingt ausschließen, wobei ich eher die Hilfe in dem Danach sah.
Die Versorgung des Viehs durch Schlittenbauer... vielleicht eine Gutmachung, eine Art Reue, Mitgefühl, vielleicht als Ortsvorsteher und Katholik, die ihm möglichen guten Taten zu verrichten, aber den fehlenden Mut der Gerechtigkeit, Anna anzuzeigen, vielleicht auch aus Sorge, mit den Kindern alleine dazustehen, keine Frau zu haben, etc.
Wäre das eine Möglichkeit?
Das Wetter war schlecht, der Hof ist abgeschieden, es gab also für ihn genug Zeit, die Tatwaffe zu verstecken, denn ich gehe davon aus, dass er das Haus recht gut kannte, vielleicht auch den Dachstuhl für ebenso kleine Stelldichein mit Victoria, das Verschieben der Dachpfannen, die nur den Hof und den Eingang zum Blick freigaben, also wer schon sehr nah am Hof ist und nicht, wer sich überhaupt dem Hof nähert, um rechtzeitig die Flucht ergreifen zu können. Und selbst wenn man den Schlittenbauer dort gesehen hätte; der war ja wohl öfters mal da.
Die Magd hatte vielleicht einfach nur Pech, zur falschen Zeit und am falschen Ort zu sein, wurde vielleicht erst, am 01.04. erwartet (ich denke mal, sowas spricht sich rum, wenn ein Bauer eine neue Magd erwartet und einstellt) und allenfalls hätte sie ihre erschlagenen Dienstherren gefunden, wäre aber als Zeugung bedeutongslos, da sie eben nur die Leichen gefunden hätte, mehr aber auch nicht. Dass sie schon am Vorabend eintraf und sich einrichtete, war leider ihr Verhängnis.
Die Spuren zum Haus, aber nicht weg vom Haus können einen Zusammenhang haben, müssen es aber nicht.
Wären die Schädel halt heute noch vorhanden, hätte man von den Kopfwunden, die den Schädel betroffen hätten, sicher die Schlagkraft, Radius und Höhe gut nachrekonstruieren können und von der Größe des Täters Rückschlüsse ziehen können, eventuell anhand der Schädelspaltungen auch, wie oft und mit welcher Kraft die Waffe geführt wurde.
Ebenso hätte man anhand der Gebeine eine DNA Überprüfung machen können, um in Erfahrung zu bringen, wessen Kind der Josef ist oder zumindest seinen Opa oder Schlittenbauer ausschließen. Vielleicht hat man es gemacht, aber der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt?