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Mordfall Hinterkaifeck

51.943 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

22.12.2017 um 21:52
Zitat von jaskajaska schrieb:In dem Dokument von @jerrylee ist der falsche Satz markiert. Entscheidend ist hier eher Folgendes:
Nach Hinterkaifeck bin ich in den Jahren 1918 - 1922 öfters gekommen. Ich habe die ermordete Familie gut gekannt. Ich habe einige Male Eier und Schmalz dort gehamstert.
Damit ist eine Verbindung zwischen dem Hr. Niklas und den Opfern hergestellt. Wobei auch nur in Bezug aufs Hamstern und nicht auf die Geldgeschäfte. Ob er nach Bargeld fragte? Das darf man wohl annehmen. Ob ein derartiges Geschäft zustande kam? Völlig offen.
Es geht nicht um Geldgeschäfte sondern um Goldgeschäfte. Im übrigen ging es auch in einem ähnlichen Brief der 1940 der Geheimen Staatspolizei in München zuging um 3.000 Goldmark, die sich Im Haus der Familie Gruber/Gabriel befanden.Bei dem Schreiber soll es sich um einen Kraftfahrer aus Ingolstadt gehandelt haben.
Zitat von jaskajaska schrieb:Damit ist eine Verbindung zwischen dem Hr. Niklas und den Opfern hergestellt. Wobei auch nur in Bezug aufs Hamstern und nicht auf die Geldgeschäfte. Ob er nach Bargeld fragte? Das darf man wohl annehmen. Ob ein derartiges Geschäft zustande kam? Völlig offen
Natürlich will er in seiner kurzen und oberflächlichen Aussage nicht mit HK in Verbindung gebracht werden.


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Mordfall Hinterkaifeck

25.12.2017 um 18:02
@jerrylee
Danke. Das ist ein interessantes Dokument.
Es belegt aber nicht, dass die Grubers Gold aufgekauft hätten, sondern nur meine Ausführung, nämlich dass damals aus der Not heraus viel gehamstert wurde, auch bei Grubers. Übrigens wurden damals die Lebensmittel nicht nur mit Gold bezahlt, sondern mit allem, was irgendeinen Wert hatte. So erzählte meine Großmutter oft, dass sie ihr gesamtes Porzellan als Zahlmittel benutzt hat, um ihre kleine Familie zu ernähren. Egal, ob Tafelsilber, Leinen, Teile der Aussteuer wie Bettwäsche und Tischdecken, Besteck, Schmuck, Heiligenbilder usw wurden damals, weit unter Wert natürlich, den Bauern als Bezahlung für Lebensmittel angeboten.


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 13:16
@jerrylee
@Hathora
@Schissler

Zeitgeschichtlich interessante Beiträge habt Ihr da zur Diskussion gestellt..

Schiebertum, Preistreiberei u. ä. Zeiterscheinungen in der Notzeit haben nicht nur öffentlich für Erregung gesorgt sondern auch des öfteren Eingang in die Landtagsdebatten in Bayern gefunden.
Etwa:
Aus dem Sitzungsprotokoll des bayrischen Landtages vom 5. 4. 1922:
Es spricht der bayrische Ministerpräsident von Lerchenfeld. Er gibt -heute würde man sagen- eine Art Regierungserklärung ab, die insgesamt sehr lesenswert ist. Dabei kommt er im Landtag auf ihm vorliegende interne Berichte der Polizei zu sprechen, die auch von besonders bemerkenswerten Reaktionen auf sog. Preistreiberei und Wuchergeschäfte im Ernährungssektor handeln. Danach seien folgende Stimmen laut geworden: [Anm. von mir : wohl von Seiten der Nationalsozialisten] Ist Lerchenfeld bereit, die von uns verlangte Todesstrafe für Wucherer einzuführen ? Sonst schreiten wir zur Selbsthilfe. Wir vollstrecken die Urteile selbst."

http://geschichte.digitale-sammlungen.de/landtag1919/seite/bsb00008681_00470
(aaO Protokolle 5.4.1922 S. 447)
[Hervorhebungen von mir]

Ein Tag später: [Ausgerechnet an dem Tag fehlte Sebastian Schlittenbauer im Parlament.]
! 6. 4. 1922 ! :

Der Abgeordnete Held der Bayerischen Volkspartei in seinem Debattenbeitrag :
"Heute wird bei der trostlosen Lage, bei der ... Knappheit der Lebensmittel vielfach draußen im Volke gesagt, die Schieber und Wucherer sollte man hängen. Ich wäre der erste der mitmachen würde, wenn wirklich mal einer gefasst würde, an dem man ein solches Exempel statuieren könnte; denn wir haben alle daran Interesse, daß diese Blutsauger am Körper der deutschen Wirtschaft unschädlich gemacht werden. Aber festzustellen wäre zunächst durch die Gesetzgebung der Begriff des Wuchers.
(Rufe: Sehr richtig !)
Festzustellen wäre vor allem auch, was man unter Schieberei versteht, und zweitens hätte das Reich in erster Linie die Verpflichtung, einmal das Strafgesetzbuch in dieser Richtung zu revidieren. Selbst wenn man sie heute fängt, diese Lumpen, sind wir nicht berechtigt, sie aufzuhängen, weil uns die gesetzliche Handhabe dazu fehlt..."
(aaO S. 457)
[Hervorhebungen von mir]
[Ich glaube hier irrt der Abgeordnete Held, denn wenn ich mich richtig entsinne wurden die Todeskandidaten zu den Zeiten der bayrischen Volksgerichte entgegen dem Reichsrecht nicht enthauptet, (sie mußten also nicht "auf´s Brettl nauf" wie es nach gültigem TReichsrecht gesetzmäßig gewesen wäre und wurden schon gar nicht aufgehängt - sondern ganz einfach im Hof einer Polizeikaserne erschossen.]

Die strafrechtliche Seite:
§ 302a StGB [a. F. vom 8. Juli 1893—1. September 1969]
[1] Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen mit Bezug auf ein Darlehen oder auf die Stundung einer Geldforderung oder auf ein anderes zweiseitiges Rechtsgeschäft, welches denselben wirthschaftlichen Zwecken dienen soll, sich oder einem Dritten Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfuß dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältniß zu der Leistung stehen, wird wegen Wuchers mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.
[2] Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Quelle: https://hopifrei.files.wordpress.com/2014/08/stgb-deutsches-kaiserreich1871-2009.pdf

Hier ist ersichtlich, daß der Straftatbestand schon mal nicht auf Schmalzgeschäfte passt sondern sich auf Darlehen und vergleichbare Geschäfte bezieht (Zinswucher) und schon überhaupt nicht die von einigen damaligen Bayern geforderte Todesstrafe drauf steht. Außer man betreibt Lynchjustiz bei Wucherern, Schiebern und Preistreibern. Denn der Themenkomplex Wucher, Schiebung und Preistreiberei war im Krieg und in der Zeit danach verständlicherweise von erheblicher Relevanz. Der § 302a StGB a. F. bot strafrechtlich aber keine praktikable Antwort auf diese Problemlage. Das hat man damals auch im bayrischen Landtag erkannt.


Aber: Haben die Hinterkaifeckler aber überhaupt solche Geschäfte gemacht ? Soweit für mich ersichtlich geben die Akten weder strafrechtlich noch zivilrechtlich hierzu gar nichts her.

Der Begriff "wucherisch" hatte zu den damaligen Kriegs -und Nachkriegsnotzeiten gesamtgesellschaftlich einen anderen Stellenwert als etwa heutzutage.
Wucherer, Schieber, Preistreiber waren damals durchaus geläufige Begriffe für Menschen, die sich die im und nach dem Krieg entstandene Versorgungsnotlage der Bevölkerung für eigene Geschäfte zu Nutze machten.
Zivilrechtlich war der Wucher in § 138 BGB a.F. geregelt:
"Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das Jemand unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den Werth der Leistung dergestalt übersteigen, daß den Umständen nach die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen."

Quelle: http://www.koeblergerhard.de/Fontes/BGBDR18961900.htm

Es hängt den HKlern allerdings der Begriff "Geiz" an, dazu findet man die eine oder andere Belegstelle. Von übervorteilenden Schmalzverkäufen ist mal die Rede - aber ob das zu der Zuschreibung "wucherisch" ausreicht ? Denn was galt damals schon als auffälliges Mißverhältnis eines Vermögenvorteils zu einer Leistung. 100% Überziehung ? oder etwa 200 %. Das werden ggf. Kommentare zum BGB aus der damaligen Zeit hergeben müssen. War ein Schmalzkäufer in einer "Nothlage" im damaligen Sinne ? Alles noch Forschungsdesiderata für tatendurstige HK-Forscher.

"Ist der Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass".
Ausser dieser Bauernweisheit hat bis heute -soweit für mich ersichtlich- hier auch keiner substantiiert darlegen können, ob und ggf. weshalb die nach dem Mord zeugenschaftlich und notariell festgestellten agrarischen Vorräte der Ermordeten von Hinterkaifeck (Familien Gruber/Gabriel) von einer Quantität waren, die jene vergleichbarer Höfe in dem Raum Gröbern/Waidhofen signifikant überproportional überstieg. Das Thema wurde hier oft angegangen und soweit für mich ersichtlich ebensooft weitgehend unerledigt wieder beiseitegelegt worden.

Noch weniger wurde auch nur substantiiert dargelegt und vorgerechnet, daß und ggf . auf welche Art und Weise der Bestand an "Sach", Vorräte und Geld nicht auf deren Arbeitsfleiß und Sparsamkeit bis hin zum Geiz beruhte sondern gar auf kriminellen Machenschaften.
Frei nach Schlöndorf : "Der pötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach" hier jetzt "von Hinterkaifeck ?".

[Mit einem angeblichen Getreideschwund zwischen Ermordung und offizieller Aufdeckung der Tat will ich mich solange nicht beschäftigen, bis die behaupteten Dokumente zur Bekräftigung der Behauptungen vorgelegt wurden. ]


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 14:22
Ich sehe gerade, daß es 1922 zusätzlich zum Zinswucher (§ 302 a) tatsächlich noch den sog. "Sachwucher" - gewerblich oder gewohnheitsmäßig begangen - als Straftatbestand § 302 e - gegeben haben müßte ? :
Quelle: https://hopifrei.files.wordpress.com/2014/08/stgb-deutsches-kaiserreich1871-2009.pdf

Paragraf 302e
....
§ 302e.
(weggefallen)
[
8. Juli 1893, 1. Januar 1975—1. August 1976
/
1. September 1976]
3
"§ 302e.
4
Sachwucher.
Dieselbe Strafe (§ 302d) trifft denjenigen, welcher mit Bezug auf ein
Rechtsgeschäft anderer als der im § 302a bezeichneten Art gewerbs- oder gewohnheitsmäßig
unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen sich
oder einem Dritten Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den Werth
der Leistung dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnis zu der Leistung stehen." aaO.


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26.12.2017 um 14:29
@pensionär
Zitat von pensionärpensionär schrieb:"Ist der Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass".
Ausser dieser Bauernweisheit hat bis heute -soweit für mich ersichtlich- hier auch keiner substantiiert darlegen können, ob und ggf. weshalb die nach dem Mord zeugenschaftlich und notariell festgestellten agrarischen Vorräte der Ermordeten von Hinterkaifeck (Familien Gruber/Gabriel) von einer Quantität waren, die jene vergleichbarer Höfe in dem Raum Gröbern/Waidhofen signifikant überproportional überstieg. Das Thema wurde hier oft angegangen und soweit für mich ersichtlich ebensooft weitgehend unerledigt wieder beiseitegelegt worden.
Erstmal Danke für die Infos über die damaligen Wucherer.
Es gab sicher sehr viele. die sich an der Not der anderen bereicherten. Das gilt vor allem den Goldaufkäufern. Dazu gehört meiner Meinung nach der Ferdinand Niklas aus dem Dokument von @jerrylee. Anscheinend ging dieser von Bauer zu Bauer, "um nach Silber und Gold zu fragen", wie er selbst aussagte, und dieses aufzukaufen. (@jerrylee - also war in diesem Falle nicht Gruber der Goldaufkäufer, sondern Niklas). Die Bauern hatten von den Hamsterern ja allerlei eingenommen als Bezahlung für Eier, Butter, Kartoffeln, Schmalz usw. Diese Wertgegenstände (Gold, Silber, Schmuck, Bestecke, Porzellan, Wäsche usw) wurde von diesen Aufkäufern zusammengerafft, und in der Stadt wieder verhökert oder eingetauscht gegen Zigaretten, Kaffee oder ähnliches.
Ich kann mir schon vorstellen, dass Gruber in weiser Voraussicht 1921 besonders viele Kartoffeln angebaut hat, ( oder sogar von seinen Nachbarn aufgekauft hat) weil das Hamstergeschäft Konjunktur hatte.
Andererseits muss man aber auch der Tatsache, dass Gruber einen Stall bauen wollte, Aufmerksamkeit schenken. Wenn der Stallbau im Frühjahr 1922 begonnen hätte, wäre er im Sommer/Herbst fertig gewesen und einzugsbereit fürs Vieh. Angesichts der großen Mengen von Kartoffeln in seinem Keller neige ich zur Annahme, dass der neue Stall ein Schweinestall hätte werden sollen und die Kartoffeln, oder ein großer Teil davon, als Futter für die Bewohner dieses Stalles dienen sollte, denn woher hätte Gruber im Sommer sonst Kartoffeln in diesen Mengen billig bekommen? Zu Winteranfang wären vielleicht schon die ersten Schweine, die er als Jungschweine gekauft hätte, schlachtreif gewesen. Somit hätte er in größeren Mengen Schinken, Speck und Würste für die Hamsterer gehabt. Dass Grubers als wucherisch auf dem Sterbebildchen bezeichnet wurde, stammt vielleicht daher, dass man wußte, dass er mit Wucherern Geschäfte machte. Jetzt haben wir es sogar schriftlich belegt bekommen mit dem Dokument von @jerrylee.


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26.12.2017 um 15:29
Zitat von PastorBrownPastorBrown schrieb am 16.12.2017: zum einen, weil er sie nicht mehr angeschaut hat (schlechtes Gewissen, er hat gerade ein kleines Mädchen getötet);
und dann geniert er sich nicht, ein Kleinkind zu töten?


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 15:32
Zitat von pensionärpensionär schrieb:Aber: Haben die Hinterkaifeckler aber überhaupt solche Geschäfte gemacht ? Soweit für mich ersichtlich geben die Akten weder strafrechtlich noch zivilrechtlich hierzu gar nichts her.
Steht nicht "wucherisch" auf dem Sterbebildchen?


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 16:16
Hallo
@Frau Zimt

In die Ermittlungsakten ist das Sterbebildchen meines Wissens nicht gelangt und auch dessen Beschriftung soweit für mich ersichtlich dort nicht erörtert worden.

Aber Frau Zimt richtig - erst hat man diese handschriftliche "Verzierung" des Sterbebildchens auch hier im Forum als "räuberisch" entziffert - dann hat es glaublich @Badesalz als erster (m.E. zutreffend) als "wucherisch" gelesen.

Im Forum flackert nicht zuletzt auch deswegen immer wieder die Diskussion darüber auf, an der ich mich hiermit ja auch beteiligt habe. Es gibt jedoch bis jetzt -jedenfalls nach meiner Auffassung- keine einzige Belegstelle in den Akten, die eine solch herabwürdigende Bezeichnung für die HKler für mich rechtlich nachvollziehbar als einen substantiierten Anfangsverdacht begründen könnte.


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 16:33
@frauZimt
@pensionär

Zum Sterbebild und Beschriftungen gibt es bei hinterkaifeck.net einen 14 Seiten Thread


http://www.hinterkaifeck.net/index.php?menuid=40&reporeid=40


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 17:09
Zitat von pensionärpensionär schrieb:Aber Frau Zimt richtig - erst hat man diese handschriftliche "Verzierung" des Sterbebildchens auch hier im Forum als "räuberisch" entziffert - dann hat es glaublich @Badesalz als erster (m.E. zutreffend) als "wucherisch" gelesen.
Ich dachte bisher"wucherisch" stand von Anfang an fest.
Nein, man kann das Gekritzel nicht als Beweis nehmen. Vielleicht hat nur jemand böses Gerede gehört und notiert. Oder der Schreiber war neidisch auf die Leute- und fühlte sich nach der Tat zufrieden (haben bekommen, was sie verdient haben)
Das Sterbebildchen ist ja wie Böses den Toten hinterher rufen.

Ich denke über diesen Fall immer wieder, dass man verschiedene Wege gehen muss. Es hat keinen Sinn, sich auf einen Tatablauf festzulegen.

Vielleicht war es ein Einzeltäter?
Vielleicht waren es mehrere (das denke ich)

Vielleicht ging es um die (stattliche-"attraktive") verwitwete Tochter?
Vielleicht war es ein Raubüberfall?
Vielleicht Rache?
Vielleicht ging es um das Erbe?

Vielleicht hatte sich der Täter vorher auf dem Dachboden versteckt?
Vielleicht auch nicht.

Vielleicht sollten die Bewohner des Hofes ausgelöscht werden?
(Motiv das Erbe)
Vielleicht hat sich der Täter in einen Blutrausch gesteigert?
und dem fielen dann auch das Kleinkind und die Magd zum Opfer

Vielleicht war der Täter noch auf dem Hof, als der Mechaniker dort war?
Vielleicht hat sich der Mechaniker die seltsamen Dinge später eingebildet?
Das könnte durchaus sein, denn er wurde leider erst sehr spät befragt und unsere Fantasie ist eine Kraft.

Man betrachtet diesen Fall wie durch ein Kaleidoskop: ein leichtes Schütteln und schon setzen sich die bunten Scherben neu zusammen. Neues Motiv, neuer Täter, neuer Tatablauf

Was an diesem Fall immer noch fasziniert (und das darf man wohl über einen alten Fall sagen), ist, dass die Opfer möglicherweise ausgespäht wurden, ohne, dass sie es bemerkt haben. Die verrückten Dachschindeln haben wahrscheinlich eine normale Erklärung. Dennoch empfinde ich sie in Zusammenhang mit diesem Fall hoch gruselig.

Ebenso das angebundene Seil, das möglicherweise zur Flucht gedient hat. (Vielleicht auch nicht)

Für mich persönlich steht fest, dass der Täter /oder die Täter) Hilfe aus dem Dorf hatte.
Unversorgte Rinder brüllen laut und vernehmlich, wenn sie nicht getränkt, nicht gefüttert, nicht gemolken werden.
Mein Kopfkino erzählt mir, dass jemand im Dorf die Arbeit übernahm. Vielleicht konnte diese Person die verstreut liegenden Toten im Stall nicht ertragen und hat sie mit Stroh und Stalltür bedeckt? Cilli wurde deshalb anders abgelegt.
Nicht dem Täter tat sie leid, sondern dem Helfer, der Cilli vielleicht gerne hatte?

Eine Beziehungstat erkenne ich durch das Abdecken nicht. Das ist mir zu modern.
Wenn er ein Tuch über die Person geegt hätte, die ihm viel bedeutet hat- ja. Aber dass alle abgedeckt wurden, bedeutet für mich, dass die Leichen nicht auf den ersten Blick zu sehen sein sollten. Und das wären sie, beim Öffnen der stalltür, beim Blick durch die Fenster.
Das hat man früher so gemacht. Wenn niemand zu sehen war-und niemand öffnete, hat man die Hände Trichterförmig gegen die Scheibe gepresst und in die Stube geglotzt.
Es ging um Zeit.
Entweder ging es darum, ein Alibi zu konstruieren, und dazu den Todeszeitpunkt herauszögern, oder der der Täter ist überstürzt geflohen- und ein Helfer hat die Toten in den ersten Morgenstunden abgedeckt.

Es gibt doch die Beobachtung, dass jemand am Backofen bemerkt wurde? Soll das nicht nach der Tat gewesen sein?
Vielleicht die Person, deren Aufgabe es war, die Taten möglichst lange zu verdecken?

Man müsste also mehre Thesen nebeneinander ausarbeiten, von denen jede Bausteine dieses Falles aufgreift und andere liegen lässt.

Nicht alles gehört in diesen Fall und ich bin mir sicher, dass viele Personen, die mit den Hinterkaifeckern in engem Kontakt standen, noch gar nicht berücksichtigt worden sind.


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 17:29
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Mein Kopfkino erzählt mir, dass jemand im Dorf die Arbeit übernahm. Vielleicht konnte diese Person die verstreut liegenden Toten im Stall nicht ertragen und hat sie mit Stroh und Stalltür bedeckt? Cilli wurde deshalb anders abgelegt.
Nicht dem Täter tat sie leid, sondern dem Helfer, der Cilli vielleicht gerne hatte?
Schönes Gedankenspiel FrauZimt. Damals gab es noch die Todesstrafe.
Ruck zuck steigt man auf das Bretterl und liegt unter dem Schafott.


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Mordfall Hinterkaifeck

26.12.2017 um 17:34
Zitat von LotharLothar schrieb:Schönes Gedankenspiel FrauZimt. Damals gab es noch die Todesstrafe.
Ruck zuck steigt man auf das Bretterl und liegt unter dem Schafott.
Und trotzdem gab es damals nicht weniger Morde.

Die Täter, die sich davon abschrecken lassen, würde einen Mord ohnehin nicht begehen.
Und wenn die Tat in einem emotionalen Ausnahmezustand begangen wurde, dachte der Täter nicht an Strafe.
Wenn die Täter verrohte Soldaten waren, dachten sie nicht weiter, als bis zum nächsten Morgen.
Das war ja für viele eine schreckliche und elende Zeit.


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Mordfall Hinterkaifeck

27.12.2017 um 22:43
@jerrylee, @pensionär, alles interessant, was ihr schreibt. Aber was hat das mit den Morden auf HK zu tun? Sorry, aber ich kann da überhaupt keinen Zusammenhang erkennen.

@frauZimt, ich persönlich möchte mich hier nicht an Täter-Spekulationen beteiligen.

Klar ist, dass sich anhand der Akten der Tathergang ziemlich präzise beschreiben lässt. Ich finde es sehr erstaunlich, dass wenn über mögliche Täter spekuliert wird, dabei alles mögliche herangezogen wird während die Morde selbst überhaupt kein Thema sind.


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Mordfall Hinterkaifeck

28.12.2017 um 04:25
Zitat von PastorBrownPastorBrown schrieb:Ich finde es sehr erstaunlich, dass wenn über mögliche Täter spekuliert wird, dabei alles mögliche herangezogen wird während die Morde selbst überhaupt kein Thema sind.
@PastorBrown
Wie meinst du das?


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Mordfall Hinterkaifeck

28.12.2017 um 17:49
@pensionär,@Hathora

Es geht hier um "Agio-Handel mit Goldmünzen", auch war Goldhandel im Hausieren verboten, deshalb Nicklas sich nicht um Kopf und Kragen reden wollte, und auch in der Aussage von sich ablenkte und auf das Thema Hamstern kam, die Aussage wurde auch nicht von der Polizei hinterfragt.

Dateianhang: Agio-Handel.pdf (125 KB)

Auch der Herr Kugler wollte sich wie sein Derivat Reichart(d) aus Schrobenhausen ins Ausland absetzen, nur komisch, dass er zuerst nach Bad Tölz fuhr und sich später in München stellte.:-)

..und welchen Grund kann die Bayerische Vereinsbank haben - Kugler Wertpapiere in Kommission zu überlassen? (Sicherheiten)


Dateianhang: Kugler, Bankier,Schrobenhausen, Bankrott.pdf (2387 KB)


So etwas macht man nur wenn es sich um illegale Geschäfte handelt, eventuell für den Bund Oberland in Bad Tölz.


Dateianhang: Verhaftung von Mitgliedern des Bundes Oberland.pdf (684 KB)


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Mordfall Hinterkaifeck

28.12.2017 um 23:12
@frauZimt

Man kann ja aus der Rekonstruktion des Tatgeschehens Rückschlüsse auf den oder die Täter ziehen. Das ist kein Hexenwerk, da braucht es keine Psychologie des Gesichtersehens, dafür muss man nur ein wenig denken. Und die vielen Nebelkerzen ignorieren.


@jerrylee, das geht ja jetzt schon über viele Seiten hier im Thread, dass du immer wieder irgendwelche Andeutungen einfach so in den Raum wirfst.

Immer wieder bedienst du die alte Unterstellung, die Hinterkaifecker wären doch eigentlich selbst schuld. So jetzt in deinem letzten Post etwa, in dem du mal wieder den Begriff "illegale Geschäfte" in den Raum wirfst und damit beim Leser den Eindruck erweckst, die Hinterkaifecker hätten irgendwie "Dreck am Stecken" gehabt. Dass es für eine solche Vermutung in den Akten nirgendwo auch nur den kleinsten Anhalt gibt, kümmert dich scheinbar nicht.

Am Herstellen eines Zusammenhangs, am Erklären und Begründen hast du ganz offensichtlich kein Interesse. Hauptsache immer wieder dieselben Unterstellungen. Irgendwas wird ja schon hängen bleiben, wenn man es nur immer wieder wiederholt. Ich find's überhaupt nicht lustig, weil es auf dem Rücken und auf Kosten der Opfer geschieht.


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Mordfall Hinterkaifeck

29.12.2017 um 00:18
Zitat von pensionärpensionär schrieb:Aber: Haben die Hinterkaifeckler aber überhaupt solche Geschäfte gemacht ?
Bekannt ist m. W. nur die Aussage des Johann Satzinger vom 12.11.1923:
„Im Jahre 1919, es wird im August gewesen sein, ging ich mit meiner Schwägerin Regina Bund, wohnt Göggingen, Waldstr.2, nach Hohenwart zum Hamstern. Wir kamen auch nach Hinterkaifeck in den Hof, wo die schwere Bluttat verübt wurde. Mit der Tochter, die damals hoch schwanger war, habe ich längere Zeit gesprochen. Sie erzählte, dass ihr Mann gefallen und sie von einem Bauern in Gröbern in der Hoffnung sei. Sie gab mir ein Pfund Schweineschmalz, welches aber nicht gut war, für 15 Mark.
Dem steht hier eine Liste entgegen die den Kilopreis Schweineschmalz für die Stadt Stuttgart im Jahr 1919 mit 5,10 M bzw. mit 5,36 M angibt.

Die Hinterkaifecker verkauften das Pfund für 15,-- M.
500% mehr für nicht (mehr) gutes ist nicht nur wucherisch, das ist unverschämt.

tabelle stgtOriginal anzeigen (0,4 MB)

Wen es noch interessiert, die NSDAP hatte ein 25-Punkte-Programm, der Punkt 18 ist nicht uninteressant in dem Kontext. HIER kann die Fassung vom vom 24. Februar 1920 gelesen werden.


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Mordfall Hinterkaifeck

29.12.2017 um 00:31
Zitat von PastorBrownPastorBrown schrieb:@frauZimt

Man kann ja aus der Rekonstruktion des Tatgeschehens Rückschlüsse auf den oder die Täter ziehen. Das ist kein Hexenwerk, da braucht es keine Psychologie des Gesichtersehens, dafür muss man nur ein wenig denken. Und die vielen Nebelkerzen ignorieren.
Das interessiert mich.
Mir fällt es nicht leicht Bedeutungsvolles von Bedeutungslosem zu unterscheiden.

bedeutungslos

Ich nehme an, dass für den Fall keine Bedeutung hatte,

dass die Magd kurz vorher auf den Hof gekommen ist.

dass Dachschindeln verschoben waren

eine Münchner Zeitung am Waldrand gefunden wurde

Cilli noch Stunden nach dem Angriff lebte und abseits gefunden wurde

700 Mark im Beichtstuhl der Kirche gefunden wurden

Schllttenbauers Alibi angezweifelt werden kann

Schlittenbauer möglicherweise eifersüchtig war


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Mordfall Hinterkaifeck

29.12.2017 um 08:55
@margaretha, das heißt, du interpretierst die Mordtat als Fall von Selbstjustiz sozusagen im Sinne vorweggenommener NS-Agenda?

Zumindest könnte das ein Punkt sein, der dem Täter oder den Tätern in der Bevölkerung gewisse Sympathien verschafft und bei der Verschleierung geholfen hat.


@frauZimt

Wenn man Spaß an Fantasy hat, macht es Sinn, angeblichen Lichtsignalen besondere Bedeutung beizumessen. Ansonsten schaut man sich die Vorgehensweise bei der Tat an und zieht daraus nüchtern seine Schlüsse.


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Mordfall Hinterkaifeck

29.12.2017 um 10:10
@margaretha
Sehr interessant finde ich die Liste mit den Lebensmittelpreisen, anhand derer man auch den rapiden Verlauf der Inflation ersehen kann. Wenn die HKer dermaßen überzogene Preise für mangelhafte Ware (verdorbenes Schmalz) verlangten, so ist das ein schamloses Ausnutzen der Not anderer (aber dann sonntags im Kirchenchor singen!?). Auf dem Sterbebildchen steht ja auch "in der ganzen Umgegend verachtet". Der Punkt 18 auf dem 25-Punkte Programm belegt, dass zu jener Zeit auf Wucher und Schieberei die Todesstrafe steht. Gewiss hat das dem/den Täter/n in die Hände gespielt, denn das Unrechtsbewusstsein war nicht so groß, falls diese/r aus der näheren Umgebung kam. Das mag auch LS zu dem Satz verleitet haben mit dem Herrgott, der da seine rechte Hand am rechten Fleck hatte.


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