@Heike75 Heike75 schrieb:Das habe ich gelesen, wir reden aber von Ende Oktober 1919, das läuft wohl nicht mehr unter "bis ins Jahr 1919 hinein", da war 1919 schon fast vorbei.
1. Der Vergleich wurde ausweislich des Berichts von Pielmayer am 30.9.1919 geschlossen, das ist nicht Ende Oktober.
2. Ist die Formulierung „bis in das Jahr 1919 hinein“ vage genug, um auch Fälle aus dem September dieses Jahres zu erfassen. Da ist 1919 auch nicht schon „fast“ vorbei, immerhin noch ein Vierteljahr bis Silvester.
3. Wenn es um die Inflationsperioden geht, ist Ende September 1919 übrigens nach wie vor ein guter Stichtag: Die Preise sind natürlich weiter gestiegen, aber nicht so viel stärker, dass man hier hätte aus der Sicht von 1923 einen anderen Maßstab anlegen müssen als 1918 (siehe die Bemerkung unten). Und das ergibt sich letztlich auch genau so aus dem Urteil.
Und, die "Inflationsgeschichte" wird von Pielmayer explizit erwähnt :
"Damit erklärt sich auch die bei der im Jahre 1919 schon bestehenden Geldentwertung auffallend niedrige Abfindungssumme von 1800 Papiermark.
Pielmayer sagt doch damit ganz klar, dass die Geldentwertung zu dem Zeitpunkt, also 1919, schon ein Thema in Sachen Unterhaltzahlung war.
Pielmayer sagt damit keineswegs, dass die Geldentwertung „ein Thema in Sachen Unterhaltszahlung“ war. Vielmehr führt Pielmayer die Inflation nur an, um den konkreten Wert von 1800 Mark für einen Bericht der nach der Hyperinflation und nach der Währungsreform – nämlich 1926 – fertiggestellt wurde, etwas zu relativieren, dh um seine Behauptung, die Summe sei auffallend niedrig gewesen, zu stützen. 1800 Mark waren 1926 eine andere Summe als 1914 und 1919. Das ergibt sich schon aus der Formulierung „bei der im Jahre 1919 schon bestehenden Geldentwertung“. Das „bei der“ ist hier der entscheidende Punkt. Damit schließt Pielmayer nicht aus, dass es 1918 auch schon eine Geldentwertung gab.
Unabhängig davon aber unterliegst Du, was die Inflation anbelangt, gewissen Fehlvorstellungen. Die Inflation begann nicht 1919. Die erste Steigerung der Inflationsrate begann mit dem Krieg, dh ab 1915. Mit dem nahenden Kriegsende nahm die Inflation dann drastisch zu. Diese Periode beginnt bereits 1918. Grund dafür waren zunächst – noch bevor die Reparationen des Versailler Vertrages eine Rolle spielen konnten – die Schulden des Deutschen Reiches, die zur Finanzierung des Krieges gemacht wurden. Die Inflation entwickelte sich aber erst ab 1920 zur sogenannten Hyperinflation – mit nochmal einem deutlichen Sprung 1922 und dann das „große Finale“ 1923. Um das ganze nochmal an einem ganz konkreten Beispiel zu verdeutlichen. Am 30.9.1918 und am 30.9.1919 kostete das Porto für einen Brief jeweils 0,15 Mark. Am 1.10.1919 wurde das Porto auf 0,20 Mark erhöht. Am. 1.1.1922 kostete das Porto 2,00 Mark, am 1.7.1922 3,00 Mark und am 1.10.1922 6,00 Mark. Dasselbe gilt auch für den Wert der Goldmark. 1914 kostete 1 GM noch 1 Mark. Am 31.1.1918 kostete 1 GM bereits 2 Mark. Am 31.1.1919 kostete sie schon 4 Mark. Und am 31.1.1922 kostete sie 200 Mark, im Oktober 1922 1.000 Mark. Ich denke damit sollte der gravierende Unterschied zwischen der schon 1918 (!) und 1919 bestehenden Teuerungsrate und der von 1922 klar aufgezeigt sein. Die Entwicklung zur Hyperinflation 1922/23 war mE für Bauern (und nicht nur für diese) damals überhaupt nicht absehbar. Ganz im Gegenteil: Im August 1919 war die neue Verfassung in Kraft getreten, der Friedensvertrag von Versailles war gerade drei Monate alt und sollte zum Jahreswechsel in Kraft treten. Mithin standen die Zeichen auf Neuanfang, Frieden und Stabilisierung – zumindest theoretisch. Hier jetzt davon auszugehen, dass man zu diesem Zeitpunkt mit der sich exponentiell steigernden Inflationsrate von 1922 rechnen musste, ist mE nicht haltbar.
Heike75 schrieb:Das spielt doch keine Rolle... in erster Instanz kam die Mutter / der Vormund zum Ziel. Warum? Weil die Geldentwertung bei den "Verhandlungen" nicht berücksichtigt wurde. Oder?
Da das erst-instanzliche Urteil nicht zitiert wird, kann ich dazu nichts sagen. Jedenfalls wird die weiter fortgeschrittene Inflation eine Rolle gespielt haben. Nur nochmal zur Erinnerung: 1918 gab es schon Inflation und zwar eine nicht völlig unerhebliche im Vergleich zu den Vorjahren – aber eben auch nicht so gravierend wie das, was ab 1922 passierte. Sicherlich hat man in dem Vertrag damals die Inflation von 1922 weder vorgesehen noch berücksichtigt. Das gilt mE aber auch für den Vergleich 1919.
Heike75 schrieb:Zum §169:
Natürlich kommt der Lenz auch in Frage... so wie er es schildert, standen die Chancen 50% zu 50%...
Viktoria gibt also den Lenz als Vater an, obwohl sie genau weiss, dass ihr eigener Vater auch in Frage kommt? Damit täucht sie nicht und handelt auch nicht unter Vorsatz?
Aber definitiv!
Nein. Täuschung ist die Erregung eines Irrtums. Hier hat aber der LS selber ausgesagt, dass die Vik ihm gegenüber den A.Gr. als potentiellen Vater erwähnt hat. In seiner Vernehmung vom 30.3.1931 sagte LS aus: „Sie erwiderte darauf:“Das ist eben das bessere, daß ich sagen kann, Vater Du bist auch dabei [als potentieller Vater des Josef], sonst täte er mich erschlagen“. (zitiert nach:
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1931-03-30_Schlittenbauer_Lorenz) Also nochmal: wo hat die Vik den LS da getäuscht? Er wusste, dass er nicht allein als Vater in Betracht kommt. Das hatte sie ihm gesagt. Das entsprach alles den Tatsachen.
Heike75 schrieb:Das ist in meinen Augen vollkommen richtig! Sie war ja nie beim AG, von daher ist die Diskussion eher nebensächlich - aber trotzdem sehr interessant!
Möglich, dass sie nie beim AG war. Es gibt aber zumindest eine Aussage, nach der sie nach Schrobenhausen gefahren sei, um „reinen Tisch zu machen“. Angesichts dieser Aussage und der zeitlich passenden Veröffentlichung des Urteils in der Zeitung halt ich es für mindestens ebenso möglich, dass sie tatsächlich einen Anwalt oder das AG in Schrobenhausen aufgesucht hat, um sich unverbindlich zu informieren.
Heike75 schrieb:Vik. war wahrscheinlich froh, dass sie mit einem "blauen" Augen davon kam. Sie hätte wohl kaum den ganzen "Brei" erneut angerührt...
Das ist reine Spekulation. Ich sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Verhalten wahrscheinlicher macht als eine Klage gegen LS. Wenn ich mir das von Hauser zitierte Reichstagsprotokoll anschaue, dann waren 3000 Mark das Minimum an Abfindung vor der Geldentwertung. Damit sind die 1800 Mark bei bereits laufender Geldentwertung deutlich zu wenig gewesen. Und jetzt kommt noch hinzu, dass die Vik das Geld dafür selber aufgebracht, also gar nichts von LS erhalten hat. Auf der anderen Seite hatte der LS Vik und ihren Vater angezeigt gehabt. Die Anzeige zwar wieder zurückgenommen, aber kurz darauf erneut gestellt und gegen sie ausgesagt. Und das obwohl er ja durchaus unbestritten in den Genuss des Geschlechtsverkehrs mit der Vik gekommen ist, das hat er ja selbst zugegeben. Auf der anderen Seite stammt der Hinweis auf einen etwaigen Verkehr der Vik mit ihrem Vater nur von LS, der es wiederum nur von der Vik gehört hatte. Und dann haben wir da noch eine drastisch zunehmende Inflation, die das Leben nicht leichter macht und die Aussicht auf zumindest etwas „Nachschlag“. Das macht es in meinen Augen mindestens ebenso plausibel, dass sie darauf aus war, diese Klage zu erheben.
Heike75 schrieb:Das ist doch alles richtig und gut. Es kann doch aber nicht mit HK gleich gesetzt werden, so nach dem Motto: "Die Summe bei Vik./Gruber und LS war geringer, also hätten sie was bekommen..." Nein, denn hier muss ich fragen, wie diese ganze Sache verhandelt wurde. Die Summe wurde vom Gericht festgelegt (genau genommen zwei Mal) und bei "uns" haben die Parteien sich ohne zutun des Gerichtes eine Vereinbarung getroffen. Wie kann ich denn hier Vergleiche anstellen?
Zunächst einmal ist diese Bemerkung meinerseits aus dem Zusammenhang gerissen. Es war ein Baustein in einer ganzen Reihe weiterer Gründe, warum ich glaube, dass eine Klage nicht völlig chancenlos gewesen wäre. Zum Vergleich des Sachverhalts des von mir zitierten Urteils mit dem Sachverhalt von Hinterkaifeck: Diese Sachverhalte sind natürlich vergleichbar. Ich verstehe ehrlich gesagt auch gar nicht, wo Du hier den spezifischen Unterschied sehen willst. Die ursprünglich Summe in dem RG-Fall – die 10.000 Mark – wurden auch dort von einem Vormundschaftsgericht genehmigt. Anders geht das nicht, § 1714 Abs. 1 BGB. Im Fall Hinterkaifeck waren die Beteiligten sicherlich auch schon zuvor über die konkrete Summe übereingekommen, vorbehaltlich einer Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Das ergibt sich doch auch daraus, dass LS die passende Summe zur Verfügung gestellt wurde, um die Abfindung dann gleich beim Gerichtstermin zu begleichen. Dieser Gerichtstermin beim Vormundschaftsgericht diente allein der notwendigen Genehmigung, § 1714 Abs. 1 BGB und der Erledigung der sonstigen Formalien wie der Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung und eventuell der Bestellung des A.Gr. Als Vormund des Josef. In beiden Fällen hatten also die Vormundschaftsgerichte die Abfindungsvergleiche genehmigt. In beiden Fällen hatte wohl zuvor ein zivilrechtlicher Prozess über den Unterhalt nicht stattgefunden. Insofern gleichen sich die Fälle. Sie unterscheiden sich aber, was die inhaltliche Vereinbarung angeht.
Im RG-Fall hatte der Vater bereits Leistungen erbracht. Man kann annehmen, dass er seit sechs Jahren eine Rente entrichtet hatte. Dann hat er als Abfindung 10.000 Mark gezahlt. Angesichts der von Hauser beigebrachten Quelle lag das zumindest vor der Geldentwertung am oberen Rand für Abfindungen. Sas sieht das RG auch so. Hinzukommt hier aber noch, dass bereits gut ein Drittel der unterhaltspflichtigen Zeit geleistet worden war, mithin die Abfindung deutlich über das, was der Vater noch hätte an Unterhalt monatlich leisten müssen, hinaus ging. Darum ging das Gericht auch davon aus, dass es sich nicht um eine schlichte Kapitalisierung der Rente handelte. Und schließlich wird das Gericht auch häufig von praktischen Erwägungen geleitet. Hier hatte das Kind wirklich „reichlich“ bekommen, also sah man keinen Grund, den Vater nochmals zur Kasse zu bitten.
Im Fall Hinterkaifeck hatte der Vater aber zu wenig gezahlt, nämlich nur 1800 Mark (und die eigentlich nicht selber), was nach Hausers Quelle unter der typischen Untergrenze von 3000 Mark vor Beginn der Teuerung lag. Und das Kind war gerade erst geboren, hatte also theoretisch noch sechzehn Jahre Unterhalt vor sich. Wie Hausers Quelle schon angab, hatten Amtsgerichte in Berlin in solchen krassen Fällen (und wahrscheinlich auch weniger krassen Fällen) nach dem die Inflation dermaßen zu galoppieren begann, Aufwertungsansprüche gewährt. Es ist daher nicht völlig von der Hand zu weisen – auch unter Berücksichtigung der Einschränkungen, die das RG selber in dem besagten Urteil vornimmt – dass im Falle Hinterkaifeck das Gericht anders erkannt hätte.
Heike75 schrieb:Ohne Grund sicher nicht... und ich sehe keinen Grund, der so "mir nix - Dir nix" daher gebracht werden kann...
Die Gründe hatte ich bereits in meinem anderen Beitrag angegeben:
Beitrag von DerGreif (Seite 1.823) Ich verzichte hier auf eine Wiederholung. Dem sind ja keine juristisch relevanten Argumente von Dir entgegengesetzt worden.
Das ist natürlich kein „Quatsch“:
1. Dieses Zitat ist mal wieder aus dem Zusammenhang gerissen. Ich wollte mit der Aufzählung der Paragraphen lediglich auf die Fülle von Normen hinweisen, die das BGB bietet und die dazu führen das Verträge von Anfang von Gesetzes wegen und ohne Zutun der Beteiligten Parteien nichtig sind, weil Du relativ kategorisch eine solche Möglichkeit mit der Formulierung
Heike75 schrieb:„Das in Wahrheit kein Geld geflossen ist?
Schön, selbst schuld! Ich kann doch nicht einen Deal vorschlagen/akzeptieren und diesen 2 Jahre später mit dem Argument "In Wahrheit haben wir uns den Lenz gekauft, haben das Geld aus eigener Tasche bezahlt, nun haben wir es uns anders überlegt und wollen Geld sehen.“
ausgeschlossen hast. § 138 Abs. 1 BGB war also insofern nur ein Beispiel.
2. Ein Vormundschaftsgericht kann auch Fehler machen, und Dinge genehmigen, die es nicht hätte genehmigen dürfen. Es gibt Rechtsprechung zur Amtshaftung von Vormundschaftsgerichten wegen einer unzulässigen Genehmigung. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, hat das RG diese Möglichkeit auch am Rande erwähnt. Eine Kommentarstelle zu § 1714 Abs. 2 BGB gibt ausdrücklich an, dass auch ein vom Vormundschaftsgericht genehmigter Vergleich zur Abfindung nichtig ist, wenn er eben unentgeltlich erfolgt ist.
3. Das Vormundschaftsgericht kannte im vorliegenden Fall gar nicht alle entscheidungsrelevanten Tatsachen, nämlich dass die Vik letztlich die Abfindung selber bezahlt hat, dh das von LS gar keine Gegenleistung für den Unterhaltsverzicht erfolgt ist.
Ich möchte von Dir wissen, wo dieses "Rechtsgeschäft" gegen ein gesetzliches Verbot verstossen hat.
[...]
Hallo? Der Lenz hat doch 1800 Mark bezahlt, wie kann hier §1714 greifen, der von einem Verzicht spricht?
Nochmal im Detail. Hier ist zwischen zwei Rechtsgeschäften zu unterscheiden: Der vormundschaftsgerichtlich genehmigte Vergleich über die Abfindung und die Überlassung der 1800 Mark von Vik an LS zur Begleichung dieser Abfindungsschuld.
Das erstere Rechtsgeschäft könnte auch schon wegen § 1714 Abs. 2 BGB nichtig sein, weil der LS eben keine eigene Gegenleistung erbracht hat. Aber selbst wenn man hier rigoros auf die formale Trennung der beiden Rechtsgeschäfte abstellt, dann ist jedenfalls die schuldrechtliche Überlassung der 1800 Mark zur Erfüllung des Abfindungsanspruchs als Umgehungsgeschäft gem. § 134 BGB iVm § 1714 Abs. 2 BGB nichtig. Damit hätte dann die Vik zumindest einen Rückzahlungsanspruch in dieser Höhe, wahrscheinlich aber eher mit inflationsbedingtem Aufschlag. Je nach Konstruktion, ich hatte es schon ausführlich dargelegt, nämlich wenn das alles direkt über einen Vertreter des Josef lief, käme auch wieder eine direkte Nichtigkeit des Abfindungsvergleichs nach § 1714 Abs. 2 BGB in Betracht. Und schließlich würde ich auch eine Nichtigkeit des Abfindungsvergleichs unter Umständen wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 oder 2 BGB in Betracht ziehen. Die Abfindungssumme erscheint doch in einem erheblichen Missverhältnis zu dem zu stehen, was Josef als Unterhalt erwartet hätte und was üblicherweise als Untergrenze für eine Abfindung angesehen wurde.
Heike75 schrieb:Was dieser § mit der Sache zu tun hat, würde ich auch gern wissen.
Höre hier damit auf, die von Dir genannten § zu zitieren, weil die irgendwie keinen Bezug zu unserem Thema haben?
Die hatten insofern einen Bezug zum Thema, als sie die generelle Aussage Deinerseits, dass man „selbst schuld“ ist, wenn man so einen Deal macht und dieser dann nicht zwei Jahre später von einem Gericht überprüft werden könne, widerlegt. Sie alle haben zum Inhalt, dass Vereinbarungen, die von Privaten getroffen wurden, von Gesetzes wegen nichtig sind, obwohl die Parteien sie zunächst so gewollt hatten.
Heike75 schrieb:Danke, dass Du die anderen Beispiele (Frau zieht um, Aufteilung ungerecht wegen Inflation...) gebracht hast, aber sie haben für unseren Fall keinen Nährwert.
Sie dienten zum einen auch als Beispiel für die Möglichkeit einer Nichtigkeit von Gesetzes wegen. Zum anderen unterfütterte das Beispiel mit der Auseinandersetzung die Möglichkeit inflationsbedingter Aufwertungsansprüche auch wenn bereits eindeutige und beiderseits erfüllte Vereinbarungen vorliegen.
Heike75 schrieb:Zum § 169:
Wenn ich heute ein Kind bekomme und weiss, dass zwei Männer als Vater in Frage kommen, zum VG gehe und meinen "Wunschpapi" angebe, weil der mehr Kohle hat als Anwärter Nr. 2 oder ich in den Bau wandern würde, wenn ich den anderen in Frage kommenden Vater angebe, habe ich dann getäuscht oder nicht? War es Vorsatz?
Der LS hat vor dem Vormundschaftsgericht doch selber die Vaterschaft anerkannt, § 1718 BGB, und zwar in Kenntnis aller Begleitumstände, siehe LS Aussage im von mir zitierten Beitrag. Wer also sollte hier nochmal getäuscht worden sein? Die zuständige Behörde, bei der die Vik den LS als Vater angab sicher auch nicht allein deshalb, weil die Vik dabei zum Ziel haben musste, dass der LS das Kind für sein eigenes hält. Das war aber schon deshalb nicht möglich, weil die Vik nach LS eigener Aussage ihn bereits während der Schwangerschaft über alle Umstände aufgeklärt hatte. Wie gesagt, dem LS konnte die Vik mittels Täuschung gar kein Kind unterschieben und hat das auch nicht getan. Der LS hat ja gerade die Vaterschaft zunächst abgelehnt. Und das Vaterschaftsanerkenntnis beruhte ja auf Geldleistungen der Vik (wieder nach der Aussage des LS) und auf dem Heiratsversprechen, also nicht darauf, dass der LS durch eine Täuschung der Vik davon überzeugt wurde, tatsächlich der Vater zu sein. Bleibt noch generell die Veränderung des Personenstandes, halte ich aber auch für fraglich. Immerhin konnte die Vik ja selber davon überzeugt gewesen sein, dass der LS der Vater ist.
Und vor allem wie sollte denn ein § 169 StGB noch bewiesen werden? Der LS hatte die Vaterschaft anerkannt. Der A.Gr. war freigesprochen worden, damit auch wegen Inzest nicht mehr anzuklagen. Für ein Verfahren nach § 169 StGB ergibt sich damit eine wirklich schlechte Beweislage. Der einzige Zeuge für eine etwaige Vaterschaft eines anderen, nämlich des A.Gr., hatte sich ja bereits in einem strafrechtlichen Verfahren in genau diesem Zusammenhang diskreditiert. Im Übrigen halte ich es sogar für wahrscheinlicher dass der LS tatsächlich der Vater war und nicht der A.Gr. Dass wir 1918 noch immer einen regelmäßigen Inzest hatten, erscheint mir vergleichsweise weniger wahrscheinlich.