@canalesIch möchte noch einmal auf Deinen Beitrag von gestern zurück kommen.
canales schrieb:wenn ich euch richtig verstehe hat der Täter die Tat also minutiös geplant.
Er macht zwei Tage vor der Tag einen Einbruchsversuch, geht dann die Fußspuren wieder zurück. Kommt dann zur Tat am 31.3. in das Gebäude, lockt die Bewohner irgendwie einen nach dem Anderen in den Stadel und erschlägt sie mit einer Reuthaue, von der er weiß, dass sie im Stadel liegt. Anschließend deckt er die Opfer ab und zieht die Dachplatten hoch, verweilt wegen der Kuhlen noch einige Zeit im Heu. Er stellt eine Kreuzhacke als vermeintl. Tatwerkzeug bereit. Selbst noch einen Tag nach der Auffindung bindet er ein Heuseil an einen Balken um die Ermittler zu täuschen.
Ich muß sagen, alle Achtung, der Mann hat vermutlich seinen Beruf verfehlt.
Die Darstellung, am Vormittag des 30.03. wären Fusspuren von
zwei Männern im Schnee sichtbar gewesen,
die hin aber nicht wieder zurück führten, stammen ausnahmslos von Schlittenbauer.
Dieser sagte am 05.04.1922 aus:
"Bemerken möchte ich noch, daß mir der verlebte Gruber am Donnerstag den 30. März vorm. gegen 11 Uhr auf dem Felde zugerufen hat, dass er vergangene Nacht von Einbrechern heimgesucht worden sei. Er habe die Spuren im Neuschnee bemerkt u. verfolgt, habe aber dabei
keine Spur die vom Haus weggeführt hätte, gefunden; dagegen habe er bemerkt, daß an der Türe des Motorhauses der Verschluss aufgerissen sei. Die
Einbrecher (2) wären auch im Motorhaus gewesen, hätten aber nichts mitgenommen. Ferner sagte Gruber, dass an der Türe zur Futterkammer Eindrücke von Brechwerkzeugen ersichtlich sind."
Diese Darstellung findet sich prompt auch im Tatortbefundbericht der Münchener Polizei vom 06.04.1922 wieder:
"Weiter ist zu erwähnen, dass in der Nacht zum Donnerstag den 30.3.22 im Anwesen der Verlebten von
2 Männern ein Einbruch verübt worden ist. Es ist nach Angabe des Andreas Gruber das Motorhäuschen erbrochen, jedoch nichts entwendet worden. Im Neuschnee waren Fusspuren von
2 Männern ersichtlich, die zum Anwesen führten,
es war angeblich keine Spur vorhanden, welche vom Anwesen weggeführt hätte. (Angaben des Schlittenbauer).
Am Mittwoch den 29.3. nachm. sollen neben dem Walde des Anwesens der Ermordeten
2 Burschen im Alter von 18 und 22 Jahren bemerkt worden sein. Sie sollen luckiartiges Aussehen haben. Eine genaue Beschreibung konnte ich nicht beibringen. Die Gend. Hohenwart hat davon Kenntnis und wird weitere Feststellungen hierüber einleiten."
Unter Hinzuziehung der Aussage des Kaspar Stegmair von Gröbern, die nicht erhalten geblieben ist, sowie der ebenfalls nicht erhalten gebliebenen Tatortskizze von OAR Wissner schildert STA Pielmaier am 06.11.1926 den Sachverhalt wie folgt:
"Nach den Erhebungen hat der Austrägler Andreas Gruber am 30. März 1922, ein Donnerstag, vormittags noch mit dem in der Nähe ackernden Landwirt Lorenz Schlittenbauer von Gröbern und später mit dem Landwirt Kaspar Stegmeier von Gröbern gesprochen und ihnen mitgeteilt, daß bei ihm in der Nacht nach den in leichtem über Nacht gefallenen Schnee ersichtlichen Spuren ein Einbruch versucht worden sein soll, wobei die Diebe in die Motorenhütte eingedrungen sein sollen, da sich in dieser noch Schneespuren fanden. Da aber die Motorhütte nur einen Zugang von außen und keinen Zugang zu den übrigen Räumen des Anwesens hat, konnten die Diebe von da aus nicht in das Anwesen gelangen und sollen ihr Heil dann an der äußeren Futterkammertüre, das ist an der äußeren Türe der Raum, der an die Motorenhütte und den Stadel stößt, versucht haben!"
Nach dieser Darstellung ist es keineswegs sicher, dass es sich um zwei Einbrecher gehandelt hat und ob die Einbrecher nun tatsächlich ins Gebäude, d.h. zur Futterkammer vordringen konnten. Die Spuren, die angeblich zum Gebäude hin, aber nicht mehr von diesem wegführten, erwähnt Pielmaier überhaupt nicht mehr.
M.E. hat Schlittenbauers Darstellung von den mysteriösen Schneespuren massgeblich dazu beigetragen, dass die Ermittler den Einbruchsversuch vom 29.03./30.03. lange Zeit als den Weg der Täter ins Gebäude fehldeuteten.
Es ist doch völlig absurd anzunehmen, fremde Raubmörder hätten sich fast zwei Tage vor der eigentlichen Tat im Gebäude versteckt halten können, obwohl sie die Bewohner zuvor in auffälligster Art und Weise vorgewarnt haben.
Ich sehe bei dem Einbruchsversuch keinen direkten Zusammenhang mit dem Mordfall, wohl aber eine gute Gelegenheit für den Hauptverdächtigen Schlittenbauer, die Ermittler frühzeitig auf eine falsche Fährte zu locken.
Unter Umständen hat Schlittenbauer selbst den Sachverhalt (unfreiwillig) aufgeklärt, als er 1924 auf die Schneespuren angesprochen, im Wirtshaus des Thomas Schwaiger verlauten liess, "da bin ich vorwärts rein und arschlings wieder raus" (Aussage W. Bley 1930).
Man kann darüber nachdenken, ob der Einbruchsversuch den Täter zur eigentlichen Tat und späteren Verschleierungsaktionen inspiriert haben könnte.