@o.uschiIch habe mal etwas zum Thema Heuseil zusammengestellt.Vielleicht wird Dir damit einiges klarer:
"In der Scheunendurchfahrt in der Nähe des Scheunentores hing oben an einem Querbalken befestigt ein daumendickes Heuseil herab."
Oberamtsrichter Wießner erwähnte dies in seinem Augenscheins-Protokoll vom 5.4.1922:
„Auf der Planskizze ist im Stadel, nahe beim nördlichen Scheunentor ein rotes Kreuz eingezeichnet. Dort hing vom Dachboden herunter bis auf den Fußboden ein etwa fingerdickes Seil, das oben so fest angeknüpft war, dass sich eine erwachsene männliche Person an ihm herunter lassen konnte.“
Das herabhängende Heuseil gewinnt vor allem an Bedeutung, wenn man es im Zusammenhang mit den Aussagen der Auffindungszeugen und den Angaben im Auffindungsprotokoll sieht, dass alle Türen des Anwesens bis auf das Westtor/ Hoftor in dessen Nähe das Seil hing von innen verschlossen waren, so dass das Seil dem Täter die einzige Fluchtmöglichkeit bot.
Unmittelbar nach der Tat wurde dieser Zusammenhang von den Ermittlern offensichtlich gar nicht erfasst, denn im Rahmen der ersten Vernehmungen vom 5.4.1922 wurden die Auffindungszeugen Schlittenbauer, Pöll und Sigl zum Heuseil nicht befragt.
Staatsanwalt Renner muss im Mai 1922 das Seil jedoch eindeutig den Tätern als Fluchtmittel zugeordnet haben, denn er hat das Seil mit nach Nürnberg genommen, um es dort den Hellseherinnen zusammen mit den Schädelkalotten der Opfer vorzulegen.
Das Interesse am Heuseil wurde wohl aber richtig erst im Laufe der Zeit durch die „Schlüsselgeschichten“ geweckt, die unter anderem auch Gegenstand der Sühnetermine zwischen Sigl und Schl. im Jahr 1926 waren.
Der Zeuge Sigl hatte Schl. vorgeworfen, er habe bei Auffindung der Leichen den Haustürschlüssel im Sack gehabt und damit die Haustür an der Südseite des Hauses geöffnet. Gruber hatte nämlich Sigls Schwiegervater Kaspar Stegmaier gegenüber am Vortag der Tat darüber geklagt, dass er seinen Haustürschlüssel vermisse. Hieraus hat Sigl, der Schl. vehement verdächtigte der Mörder von Hinterkaifeck zu sein, den Schluss gezogen, dass Schl. den Schlüssel schon vor der Tat an sich genommen hat und ihn bis zur Auffindung der Leichen immer bei sich hatte.
Schl. hingegen hatte sich darauf berufen, dass er die Haustür deshalb öffnen konnte, weil der Schlüssel innen im Schloss steckte. Das Gegenteil konnte Sigl nicht beweisen, denn er stand draußen im Hof als Schl. die Haustür öffnete. Aus diesem Grund konnte nicht beweisen werden, dass Schl. den Schlüssel bei sich hatte. Ein Verdacht gegen Schl. konnte somit hiermit nicht begründet werden.
Der Polizeibeamte Riedmayr hat sich dennoch als Nachfolger von Kriminaloberinspektor Reingruber erstmals über den steckenden Haustürschlüssel Gedanken gemacht, weil es ja auch ein außerordentlicher Zufall war, dass der einzige Haustürschlüssel einen Tag vor der Tat verschwunden war und dann nach der Tat wieder im Schloss steckte.
Während der Vernehmung am 30.3.1931 befragte Riedmayr Lorenz Schlittenbauer daher auch zu der verschlossenen Haustür und wie er sich erkläre, dass der Täter das verschlossene Anwesen verlassen konnte.
Lorenz Schl. gab eine auf den ersten Blick plausible Antwort, warum das Seil seiner Meinung nach dort hing:
„Im Wagenhaus ist ein Seil von oben herunter gehängt, und ich glaube, dass die Mörder oben im Heuboden bis zur Wagenremise gegangen sind. Man konnte nämlich oben durchgehen und sich dann an diesem Seil heruntergelassen haben.“
Bei näherem Hinterfragen ist diese Antwort jedoch nicht sehr plausibel, denn ein Täter, der Zugang zum Haustürschlüssel hat, verlässt das Anwesen nicht, in dem er sich vom Heuboden über ein Seil hangelt und damit Unbequemlichkeiten und Verletzungsgefahren auf sich nimmt, wenn ein Haustürschlüssel vorhanden ist, mit dem er die Haustüre von innen aufschließen kann, dann bequem und schnell das Anwesen verlassen kann bevor er die Tür von außen abschließt.
Vernünftiger aus Sicht eines Täters, der nicht mehr an den Tatort zurückkehrt, wäre es doch vielmehr gewesen, wenn er den Schlüssel an sich nimmt und ihn dann irgendwo während der Flucht entsorgt.
Es drängt sich daher der Gedanke auf, dass das Heuseil allein deshalb platziert wurde, um eine Erklärung dafür zu schaffen, wie ein Täter das verschlossene Anwesen verlassen konnte und wie er zur Ausführung der Tat überhaupt ins Anwesen gelangen konnte, zumal es an Türen und Toren keine Einbruchsspuren gab und die menschenscheuen Opfer Fremde in den Abendstunden nichts ins Haus gelassen hätten.