fischersfritzi schrieb:Ich denke das wird sehr viel davon abhängen, was man an Beweismaterial bei ihm findet. Zum Beispiel auf dem Rechner, auf seinem Smartphone etc
Dazu wird es auch sicherlich mindestens ein psychiatrisches Gutachten zu seiner psychische Gesundheit geben.
An das Motiv "zu Studienzwecken" glaube ich auf keinen Fall, das klingt mir ein bisschen zu sehr konstruiert.
calligraphie schrieb:o viele Motive stehen ja nicht zur Wahl. Und mal ehrlich, ist die Nennung eines Motivs irgendwie maßgeblich in so einem monströsen Fall? Was bringt es, das Motiv zu kennen? Ganz bestimmt keinerlei Erleichterung oder gar Trost für die Opferangehörigen. Kein Motiv der Welt würde sich in irgendeiner Form entlastend für einen mutmaßlichen Täter ( für einen 4 Fach Mord) auswirken. Motiv nicht zu verwechseln mit mentalen Störungen oder wie immer man das nennen möchte.
Ein mutmaßlicher Täter spricht ja eher selten oder ungern über seine Motive ( so er sich zur Tat bekennt). Also wird der Ankläger bzw Staatsanwalt ein Motiv herleiten müssen, aus den Ereignissen und Erkenntnissen im Vorfeld der Tat.
Richtig, was Laien oft überrascht ist eine juristische Binsenweisheit: das Motiv ist kein notwendiges Element in einem Strafverfahren, es sei denn, die Straftat ist über ein Motiv definiert, was aber aus gutem Grund sehr selten ist.
Ein Beispiel: Vor 100 Augenzeugen steht der Theodor plötzlich im Festzelt auf dem Münchner Oktoberfest auf und haut dem neben ihm sitzenden Ottokar mit aller Kraft den Masskrug auf den Schädel, so dass dieser zerbricht und der Ottokar leider verstirbt.
Anschliessend zeigt sich alle Welt vollkommen geschockt, denn den Theodor kennen alle nur als netten, freundlichen und friedliebenden Menschen, der nicht einmal einer Fliege etwas zu Leide tun kann. Theodor schweigt zu der Tat. Der Staatsanwalt hat keine Mühe, das königlich bayerische Gericht zu überzeugen, dass Theodor des Totschlags am Ottokar schuldig ist, denn das ganze Festzelt hat zugesehen. Eine Antwort auf das "warum" aber wird nie gefunden. Theodor stirbt 8 Jahre später im Gefängnis und nimmt diese Antwort mit ins Grab.
Juristisch gesehen ist das einwandfrei. Man muss "nur" nachweisen, dass der Täter die Tat getan hat, nicht aber warum.
Der Täter kann allerdings ein Motiv vorbringen, manchmal mag das helfen, entweder beim Tatbestand oder beim Strafmass, zum Beispiel wenn der Ottokar dem Theodor eine Minute zuvor verraten hat, dass er seit Monaten ein Verhältnis mit Theodors Frau hatte. Das würde eine Tat im Affekt nahelegen.
Kann der Staatsanwalt hingegen beweisen, dass Theodor den Ottokar aus dem Weg schaffen wollte, weil er dadurch freie Bahn bei der Witwe erhoffte, könnte das ein niedriger Beweggrund sein und eine Verurteilung wegen Mordes nahelegen.
Aber die Kenntnis des Motivs ist eben nicht notwendig, um den Theodor zu verurteilen. Soweit das Juristische.
Menschlich gesehen versuchen wir allerdings immer irgendwie auch zu erfahren, warum ein Täter sich so verhalten hat, gerade bei so unfassbar monströsen Taten wie dieser hier. Und eine Jury besteht ebenfalls aus Menschen, die diese Neugier haben. Daher wird ein Staatsanwalt oft versuchen, ein Motiv zu etablieren. Und ein Verteidiger oft versuchen, dieses dann zu widerlegen.