Srensen schrieb:Zumindest in Deutschland werden Haftprüfungen häufig mit dem Argument abgelehnt, bei der erwartbaren hohen Bestrafung (in diesem Fall eine mehrjährige Freiheitsstrafe ohne Bewährung) könnte sich der Verdächtige ins Ausland absetzen, sprich: Genau der Haftgrund der U-Haft käme als Ablehnungsgrund für die Haftprüfung in Frage.
Normalerweise werden bei einer Haftprüfung ja zwei Dinge geprüft:
1. ob die vom Staatsanwalt vorgelegten Beweise und Indizien ausreichen, um einen Tatverdacht zu begründen.
und
2. ob ausreichende Gründe für die Anordnung einer U-Haft bestehen.
Wenn ich zwei Stangen Zigaretten geklaut habe und das ganze auf Video aufgezeichnet wurde, dann besteht natürlich ein dringender Verdacht gegen mich, dass ich einen Diebstahl begangen habe. Das würde aber sicher noch keine U-Haft rechtfertigen. Dazu müsste es sich zum einen um ein deutlich schwerwiegenderes Straftat handeln UND zum anderen müsste einer der drei Haftgründe Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Tatbegehungsgefahr bestehen.
In Deutschland ist es normalerweise so, dass bei einem dringenden Tatverdacht wegen Totschlag oder Mordes in Anbetracht der dafür zu erwartenden hohen Haftstrafen eine Fluchtgefahr gesehen wird. Selbst wenn jemand eine feste Arbeit, eine Wohnung und eine gute Einbindung in sein soziales Umfeld hat, könnte er angesichts einer drohenden sehr langen Haftstrafe eine Flucht vorziehen.
Bei Florian A. wurden Verdunkelungsgefahr - hier wurde konkret die Beeinflussung von Zeugen in der Presse genannt - und Tatbegehungsgefahr genannt, wobei so weit ich informiert bin, nicht öffentlich benannt wurde, um welche Taten es sich dabei handelt.
Eine Haftbeschwerde wird ja an das übergeordnete Beschwerdegericht gerichtet. Zumindest in Deutschland ist es dabei so, dass dieses Beschwerdegericht dabei die Begründung für den Tatverdacht gar nicht oder zumindest nur sehr eingeschränkt überprüft, weil dies ja bedeuten würde, dass sich das Gericht mit den Ermittlungsakten und -ergebnissen sehr aufwendig auseinander setzen müsste.
D.h. das Beschwerdegericht prüft vor allem ob eine Inhaftierung notwendig, sinnvoll und angemessen ist und auch die dafür vorgebrachten Begründungen, hier also, ob Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr vorliegt.
Was viele hier leider übersehen, ist, dass Florian A. wegen eines
dringenden, nicht nur wegen eines hinreichenden Tatverdachts inhaftiert wurde. Die Staatsanwaltschaft muss dem Richter also Indizien und Beweise vorgelegt haben, die darauf hindeuten, das Florian A. mit hoher Wahrscheinlichkeit die ihm zur Last gelegten Taten begangen hat. Für einen hinreichenden Tatverdacht würde es reichen, dass der Richter nach Stand der Akten eine mind. 50%ige Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sieht, für einen dringenden Tatverdacht müssen die dem Richter vorgelegten belastenden Indizien und Beweise aber um einiges eindeutiger und schwerwiegender sein, so dass er zu dem Schluss gekommen ist, dass Florian A. mit hoher Wahrscheinlichkeit die ihm vorgeworfenen Taten begangen hat.
In allen Pressemeldungen war von einem
dringenden Tatverdacht die Rede, ich gehe deshalb mal davon aus, dass dies auch so stimmt. Zumal solche Berichte zumindest bei größeren Redaktionen ja in der Regel von spezialisierten Gerichts- und Polizeireportern geschrieben werden, die also mit solchen kleinen, aber sehr bedeutenden Unterschieden in der Wortwahl gut vertraut sind.
Das, was ich hier geschrieben habe, bezieht sich v.a. auf das deutsche Rechtssystem. Ich kenne mich im Österreichischen Rechtssystem nicht so gut aus, insofern bin ich nicht 100% sicher, ob das 1 zu 1 auf Österreich übertragbar ist. Es wäre interessant, wenn dazu jemand, der sich da besser aus kennt, mal seine Meinung schreiben würde.