OpLibelle schrieb:Ja, genau das vermute ich hier und ist ja auch naheliegend. Und dann sind wir bei Toschlag.
Allerdings: Um einen häufigen Missverständnis vorzubeugen: Man kann auch einen Mord im Affekt begehen und einenTotschlg kaltblütig planen. Affekt macht aus Mord eben nicht automatisch Totschlag.
Ich darf noch einmal daran erinnern, dass die Tat in Wyoming in den USA geschah und nicht in Deutschland. Daher sind hier die deutschen Definitionen von Mord, Totschlag, Affekt und so weiter vollkommen irrelevant. Ich verstehe nicht ganz, warum das immer wieder vergessen wird. Besonders die deutsche Morddefinition ist relativ einzigartig in der Welt und in den USA nicht anwendbar.
Auch wenn es m.E. noch zu früh ist, sich Gedanken um die strafrechtliche Einordnung dieses Tötungsdeliktes zu machen, da man den Täter noch nicht festgenommen hat, will ich ganz kurz darstellen, worum es geht.
Es ist Praxis der Bundesbehörden, einen solchen Fall an die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates abzugeben, in dem er sich ereignet hat. Diese hat originäre Zuständigkeit und daher kommt das Gesetz von Wyoming zur Anwendung. Es könnte auch Bundesgesetz angewendet werden, aber das halte ich für relativ unwahrscheinlich.
In Wyoming gibt es prinzipiell vier Straftatbestände, die hier zum Tragen kommen könnten:
1. Mord ersten Grades. Dies ist die vorsätzliche und vorgeplante Tötung eines Menschen aus Boswilligkeit oder im Zusammenhang mit bestimmten Straftaten wie Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Raub usw. (Diese werden in Deutschland meist in einer anderen Systematik betrachtet, z.B. als xy "mit Todesfolge..."). Hier wird das unter Mord zusammengefasst. Die Strafe ist die Todesstrafe oder lebenslang.
2. Mord zweiten Grades. Dies ist jede vorsätzliche Tötung eines Menschen, die nicht Mord ersten Grades oder "manslaughter" (übersetzt: Totschlag) ist. Hier muss man sehr aufpassen: die Definition ist der des deutschen "Totschlag" sehr ähnlich, wobei das englische "manslaughter" zwar als Totschlag übersetzt wird, aber nur einen Teil des deutschen Totschlags umfasst. Die Strafe ist mindestens 20 Jahre.
Der Unterschied zwischen beiden ist also die Frage, wann der Vorsatz gefasst wurde, oder ob die Tat im Zusammenhang mit einem anderen Verbrechen begangen wurde. Die Frage ist NICHT die nach "niederen Beweggründen" oder anderen deutschen "Mordmerkmalen," die gibt es in dieser Form hier nicht. Oder anders gesagt: jeder Mord wird hier als eine Tat aus niedrigen Beweggründen (malicious) angesehen.
3. Totschlag im Affekt oder durch grobe Fahrlässigkeit (manslaughter)
Wer einen anderen tötet ohne Mörder zu sein, sondern dies wegen einer verständlichen Provokation durch das Opfer tut, oder grob fahrlässig den Tod verursacht, wird wegen Totschlag bestraft und zwar mit bis zu 20 Jahren.
4. Fahrlässige Tötung
Hier wird bestraft, wer einen anderen ohne Vorsatz und ohne grobe Fahrlässigkeit tötet, und zwar mit maximal einem Jahr, ausser bei einer Tötung im Strassenverkehr unter bestimmten Voraussetzung, dann mit maximal 20 Jahren.
So. Soweit das Gesetz.
Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass Gabby erwürgt wurde. Das legt nahe, dass es sich um eine vorsätzliche Tat handelt, damit kommen also in erster Linie Mord ersten oder zweiten Grades in Betracht. Die weiteren Ermittlungen werden ergeben müssen, welcher Straftatbestand tatsächlich vorliegt, aus den uns bekannten Tatsachen allein kann man darüber noch keine Aussage machen.
Elli84 schrieb:Doch, na klar. Sonst wäre er nicht mehr nur person of interest. Dann würde er tatsächlich als suspect gesucht werden.
Wie oft man das noch lesen muss weiss ich nicht, aber es macht immer noch keinen Sinn. Die Behörden hier verwenden beide Begriffe in der Regel synonym. Es ist zum derzeitigen Zeitpunkt für die Behörden auch völlig egal wie sie BL bezeichnen. Das bringt uns zu diesem Punkt:
Weiter wird immer über den Haftbefehl spekuliert. Auch hier gilt: ein formeller Haftbefehl ist derzeit für die Ermittler nicht sonderlich relevant. Solange sie keine Ahnung haben, wo BL sich aufhält, nutzt ihnen der nichts. Und wenn BL gefunden wird, kann er sofort festgenommen werden, da bereits ein Haftbefehl vorliegt. Und das gibt den Ermittlern dann genug Zeit, ggf. einen Haftbefehl wegen Mordes zu beantragen.
Es ist taktisch aber ganz sinnvoll für den Staatsanwalt, derzeit keinen solchen Haftbefehl zu beantragen: BL wird so oder so festgenommen, wie oben beschrieben, aber bei einem neuen Haftbefehl muss der Staatsanwalt die Gründe dafür offenlegen und daher Ermittlungsergebnisse veröffentlichen, was er vermutlich noch nicht möchte.