Schon um 1981 haben Forscher das koordinierte Verhalten in Bienenschwärmen oder in Ameisenvölkern in mathematische Formeln gefasst. Seit Beginn der 1990er Jahre lösen sog. Ameisen-Algorithmen tatsächlich Probleme, an welchen die menschliche Intelligenz gescheitert ist. Das klingt auf die erste Ohrmuschel beeindruckend.
Aber diese Erfolge wurden bloss bei komplexen logistischen Problemen erzielt, was nicht erstaunt, stammen doch die der Natur abgeschauten Lösungen zumeist aus der Futterbeschaffung oder Vorratshaltung von Ameisen.
Was die ferne Zukunft anlangt (z.B. "Robotik-Zeitalter" mit Programmen, die im Evolutionsprozess erzeugt werden, ohne jeden menschlichen Programmierer), so wird es Möglichkeiten geben, die wir uns heute schwer vorstellen können (nicht vorzustellen wagen).
Bleiben wir in der Gegenwart und bei der Frage der Verbrechensaufklärung, so hat
monstra in meinen Augen das beste und wichtigste Argument geboten, als er nämlich auf die Produktivitätshemmnisse und Reibungsverluste aufgrund kognitiver, fachlicher, methodischer und menschlicher Unterschiede hinwies.
monstra schrieb:
"Nur Teilnehmer, die auf einem ähnlichen Niveau sind, was Ausbildung, Kenntnisstand und Motivation anbelangt, und die sich gegenseitig vertrauen, Arbeit aufteilen, konstruktiv kommunizieren und einer gewissen Grunddisziplin verpflichtet sind, die können auch gemeinsam Arbeitsergebnisse erreichen. Also die klassische Teamarbeit, der Austausch von Wissenschaftlern oder von Handwerkern."
sowie:
"Im Kriminalfall-Bereich tummeln sich aber viel zu viele Leute, die völlig unterschiedliche Herangehensweisen, Hintergründe und Motivationen haben."
Ein berühmtes historisches Beispiel für das Problem "allzu heterogenes Team" ist die Entzifferung der Enigma im Bletchley Park. Beim Aufbau des Teams rekrutierte man zu Beginn allzu euphorisch allerlei Knobelfreunde, darunter auch Kreuzworträtsellöser, Schachspieler und Historiker. Aber die Menschen, die man letztlich für die entscheidende Arbeit brauchen konnte, waren dann fast ausschliesslich Mathematiker. Von den verbliebenen zwei englischen Schachspielern war der eine ein ausgebildeter Mathematiker, der andere war vor allem wegen seiner guten Deutschkenntnisse gefragt. Der noch verbliebene Historiker befasste sich bloss mit Mustererkennung im Nachrichtenverkehr und wäre leicht zu ersetzen gewesen. Dies im Gegensatz zu den Mathematikern und Mathematikerinnen, welche die entscheidenden Erkenntnisbausteine herausarbeiteten und zusammensetzten. Ohne ihre Arbeit hätte der 2. Weltkrieg mindestens ein Jahr länger gedauert und hätte dadurch Millionen mehr Opfer gefordert.
Trotzdem glaube ich, dass in der Verbrechensaufklärung ein echtes Potential liegt für die Talente von Amateurdetektiven und -detektivinnen. Hier brauchen wir nicht derart elaborierte Fähigkeiten wie in der Mathematik. Wir brauchen stattdessen gesunden Menschenverstand, Vorstellungskraft, Zähigkeit und vor allem einen wahrhaftigen und wahrheitsliebenden Charakter. Diese Eigenschaften sind wichtig, nicht so sehr die Intelligenz. Darum genügte ein Test auf charakterliche Eignung.
So wie das aber in dem US-Beispiel organisiert wurde, stehen auch mir die Nackenhaare zu Berge.
@Rick_Blaine".. wenn es wirklich drauf ankommt, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht: wem vertraut man am Ende? Dem Wissen der Mediziner vom eigenen Hausarzt über die Fachärzte bis in die Kliniken? Oder fragt man mal schnell im Internet den Schwarm, was man nun am besten tun sollte?"
Für die medizinische Diagnostik gibt es schon seit vielen Jahren sog. wissensverarbeitende Systeme (maschinelles Lernen, automatisches Schlussfolgern), die in manchen engen medizinischen Bereichen akkuratere Diagnosen stellen als die besten Mediziner. Das sind aber keine sog. Ameisen-Algorithmen.