emz schrieb:Warum sollte die KTU weniger sorgfältig Spuren aufgenommen haben, nur weil noch nicht von einem Kapitaldelikt ausgegangen wurde, die Taucher weniger gründlich die Gewässer abgesucht haben? Und da soll nun jeder Stein erneut umgedreht, also alles wiederholt werden?
Es geht nicht um die "weniger sorgfältige" Behandlung von einzelnen Spuren, sondern um den Gesamtaufwand, mit dem überhaupt nach möglichen Spuren gesucht wird. Bei konkretem Verdacht auf ein Kapitaldelikt wird z.B. ein Wohnhaus oder ein Grundstück auf der Basis eines richterlichen Beschlusses durchsucht. Die Polizei schaut sich das an, was sie für aufschlussreich hält. Dabei wird keine Rücksicht auf die Privatsphäre des/der Bewohner genommen, weil alles, was da rumliegt oder -steht Aufschluss über das Verbrechen geben könnte. Man kann nicht sagen : "In der Schublade sind nur private Briefe, da dürfen sie nicht reinschauen."
Eine Hausdurchsuchung ist ein starkes Eindringen in die Privatsphäre, die in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt ist. (Art. 13, Unverletzlichkeit der Wohnung). Eine Verletzung des Grundrechtes ist nur bei begründetem Verdacht oder Gefahr in Verzug gerechtfertigt. Gefahr in Verzug bedeutet in diesem Fall aber nicht, dass jemand AUS der Wohnung verschwunden ist und man dort nach Hinweisen dafür sucht, dass er z.B. in der Wohnung angegriffen wurde, sondern dass die Polizei annimmt, dass sich jemand z.B. in einer medizinischen Notlage in der Wohnung befindet.
Wenn dagegen im Raum steht, dass eine Person freiwillig gegangen ist, ist dieser Einbruch in die Privatsphäre nicht zu rechtfertigen. Weder der Person, die gegangen ist noch den anderen Bewohnern/den Angehörigen gegenüber. Natürlich können die Bewohner der Wohnung die Polizei freiwillig dort nachschauen lassen, aber diese wird eben in bestimmte Bereiche nicht vordringen und wird auch nur oberflächlich nachschauen.
Hinzu kommt, dass in Deutschland jeden Tag 300 Personen als vermisst gemeldet werden, von denen aber der weitaus größte Teil schon innerhalb einer Woche bzw. eines Monats wieder auftaucht. Wenn man da jedesmal eine gründliche Hausdurchsuchung durchführen wollte, wäre das ein riesiger Aufwand, für den man die Zahl der Polizisten (wohlgemerkt Fachkräfte für die Spurensicherung und -auswertung!) vervielfachen müsste. Die Mehrzahl der Ergebnisse könnte man nach wenigen Tagen vernichten, weil die Person wieder da ist.
Im Prinzip halte ich dieses Vorgehen für absolut gerechtfertigt. Natürlich ist es in den Fällen, in denen sich ein Verschwinden im Nachhinein als Verbrechen herausstellt, fatal und tragisch und spielt einem Täter in die Hände.
Aber in den meisten Fällen, in denen die Person wirklich gefährdet ist oder in denen ein Verbrechen vorliegt, wird die Polizei dies durchaus erkennen, schnell reagieren und die nötigen Maßnahmen zur Sicherung von Beweisen einleiten. Die allermeisten Tötungsdelikte werden innerhalb kurzer Zeit erkannt und aufgeklärt.
Dass jemand über so einen langen Zeitraum verschwunden bleibt und es keinerlei Spuren zu geben scheint ist wirklich die große Ausnahme. Und nur von diesen Fällen erfährt man dann auch in der Öffentlichkeit, deshalb ist das Bild, das man hat, natürlich sehr verzerrt.