@Origami82falstaff schrieb:Es handelt sich hier ja aber um ein Gutachten der Verteidigung und man kann davon ausgehen dass der Auftrag war zu zeigen, dass unter ganz bestimmten Umständen auch ein Sturzgeschehen in Frage käme - und diesen Auftrag hat er erfüllt. Gutachten der Verteidigung sind immer rein an den Interessen des Angeklagten ausgerichtet und das geht auch vollkommen in Ordnung. Nur sollte man sowas dann eben auch in der Beurteilung berücksichtigen. Dass ein Ablauf rein physikalisch möglich ist, heißt noch nicht dass er auch wahrscheinlich ist. Und dem Gutachten der Verteidigung stehen halt Gutachten des Gerichts gegenüber, die wesentlich ergebnisoffener und unparteiischer sind. Es sei denn man unterstellt den Richtern eine Verurteilungslust und den Gutachtern eine entsprechende Beeinflussbarkeit.
Das es ein Gutachten der Verteidigung ist, ist klar. Das ist auch aktuell nicht anders möglich, weil der Staat aktuell nicht mehr tätig wird.
Die Wahrscheinlichkeit muss nicht wirklich betrachtet werden, da der Gutachter im eigentlichen Verfahren behauptet hat, dass es so nicht möglich sei. Und wahrscheinlich ist hier nicht notwendig, weil wahrscheinlich grundsätzlich bei solchen Fällen nicht möglich ist. Ein "Wahrscheinlich" zu verlangen, hätte zur Folge, dass man letztlich jeden tödlichen Badewannensturz als Tötungsdelikt angesehen werden könnte, das hätte mit einem Rechtsstaat nicht das geringste zu tun..
Im übrigen hatte die Verteidigung im Gerichtsverfahren schon ein Gutachten dieses Lehrstuhls beantragt. Das Gericht behauptete, dass das nicht sinnvoll sei, da zu wenig Anfangspunkte bekannt sei. Das bedeutet, dass man zu wenig Anfangstatsachen hat, in welcher Weise das Opfer in die Wanne gestürzt sei. In Wirklichkeit war das einen vollkommen krude Begründung des Gerichts. Es gab damit zu, dass die Zahl der Möglichkeiten ins unendliche gehen. In Wirklichkeit entscheidend ist aber die Endposition und die durch den Bewegungsablauf möglichen erscheinenden Verletzungen. Das unter diesen Umständen ein Mensch mit einem zumindest im Vergleich zu dem beantragten Lehrstuhl nur rudimentären Wissen diese Komplexität einfach mal erfassen kann, ist schon eine sehr erstaunliche Ansicht.
https://www.sueddeutsche.de/bayern/untersuchung-im-landtag-tod-in-der-badewanne-computersimulation-soll-aufklaeren-1.4070826Es mag sein, dass das Gericht damals die hohen Kosten gescheut hatte, die da auf den Staat zugekommen wären. Nun ist es ein Forschungsauftrag daraus geworden und hat ein Ergebnis erzielt. Was würde das Gericht heute sagen? Dieser Ablehnungsgrund hätte jedenfalls niemals gereicht, schon damals war es schon fraglich und beruhte höchstwahrscheinlich nur auf der Angst vor den hohen Kosten.