Nachdem ich beruflich über Jahrzehnte Handschriften von Menschen zwischen ca. 18 und 30 Jahren vor der Nase hatte, besteht für mich überhaupt kein Zweifel daran, daß die auf dem Meldezettel eingetragene Adresse
Rue de la Stationlautet, und zwar in einer typischen
deutschen Frauenhandschrift geschrieben. Typisch ist der runde Schwung der Buchstaben, das kugelrunde "o" und das unmittelbar angeklebte "n" mit seinem "falschen" Innenbogen. In der Schule lernt man das "n" natürlich mit einem Innenbogen, der einen Buckel hat, keine Kuhle. Auch das schwungvolle Verknüpfen des "t" mit dem "i" durch einen vom t-Strich weitergeführten Abwärtsbogen ist typisch. Ich sehe regelrecht die Schreibbewegung vor mir, bei der nach dem abwärts geführten i-Strich fast im selben Augenblick der i-Punkt über den i-Strich getupft oder gehackt wird (zu sehen direkt unterhalb der Ziffer "8") - den übrigens niemand erklären kann, der hier aus der spezifischen Schreibweise von "ti" ein "h" herauslesen möchte.
Das "n" in Verlaine sieht ganz anders aus als das in "Station" - aber das liegt m.E. daran, daß beim Ortsnamen bewußt jeder Buchstabe einzeln gesetzt (Bliockschrift) und daher schulmäßiger geschrieben wurde als im mehr schreibschriftartigen Straßennamen.
Noch auf etwas anderes möchte ich aufmerksam machen: Die Schreibweise des "t", bei der nach dem abwärts gezogenen t-Strich von dessen Basis aus nicht abgesetzt wird, sondern eine sichtbare Verbindung von dort in die Höhe des dann nach rechts gezogenen t-Querstrichs hergestellt wird, ist nach meiner Kenntnis
typisch für den deutschsprachigen Raum. Bei dem ersten "t" im Wort "Station" ist hier vor Anbringen des Querstrichs sogar eine regelrechte Schleife zu sehen, ausgeprägter noch als es in der alten deutschen Handschrift ("Kurrentschrift") vorkommt. Bei dem zweiten "t" in "Station" wird gar kein richtiger Querstrich angebracht (der linke Teil fehlt vollständig), sondern innerhalb des abwärts geführten "t"-Strichs wieder ein Stück hochgefahren und von dort aus einfach durch den schon erwähnten Abwärtsbogen der i-Strich angehängt.
Die Schulausgangsschriften in der Schweiz, in Österreich und in der DDR enthielten das "t" mit einem neu angesetzten kleinen Bogen im Inneren des von den beiden t-Strichen (Aufstrich und Standbein) gebildeten spitzen Winkels. In Westdeutschland wurde dagegen das "t" überwiegend ohne Aufstrich und kleinen Bogen geschrieben, wie ein schlichtes Kreuz (mit kurzem Querbalken). Aber auch in Westdeutschland war/ist die Verbindung Fußpunkts des abwärts geführten t-Strichs zu dem t-Querstrich in ausgeschriebenen Handschriften Erwachsener häufig anzutreffen.
https://de.wikipedia.org/wiki/AusgangsschriftIch selbst benutze auch gern dieses "t" aus der deutschen Kurrentschrift - und habe es wiederholt erleben müssen, daß Ausländer aus dem nichtdeutschen Raum in manchen Fällen Schwierigkeiten hatten, das entsprechende Wort zu lesen. Dasselbe gilt übrigens auch für die Schreibweise der Ziffer "7": Ebenso wie die Plaza-Frau pflege ich der "7" in der Mitte einen Querstrich zu geben. Engländer und Amerikaner haben mir dazu nicht nur einmal gesagt, daß das dadurch für sie eher wie eine "4" aussieht (während unsere Art, die Zahl 1 mit einem Aufstrich einzuleiten, die Gefahr mit sich bringt, daß man das für eine "7" hält - jedenfalls, wenn der Aufstrich nicht gaaanz kurz ist).