Neugier und Tratscherei dürften für ein Krimiforum konstitutiv sein. Ich denke da braucht sich hier keiner über den anderen zu erheben.
Es ist aber nun etwas ganz anderes, wenn diese Neigungen benutzt werden, indem man Insider-Informationen zu einem bestimmten Zeitpunkt in die grosse Öffentlichkeit bringt. Wer da Denk- oder Kritikverbote erteilen möchte, wird seinen Grund dafür haben.
Auch wenn es hier ein paar Leute gibt, die mit aller Macht versuchen, die Anklagebehörde als den ausschliesslichen und unfehlbaren Hort von Wahrheit, Rechtschaffenheit und Unparteilichkeit zu protegieren:
Polizei und StA haben sich - vor allem medial - nicht nur mit Ruhm bekleckert, ein paar Beispiele zur Erinnerung:
- 11. August: Beschlagnahme der Werkstattcomputer ohne Handschuhe
Beitrag von Trimalchio (Seite 729)- 21. August: Gezielte Fixierung der Öffentlichket auf Madsens Luken-Unfallversion (Pressemitteilung: "Unfall an Bord des U-Boots")
http://www.mynewsdesk.com/dk/koebenhavns-politi/pressreleases/ulykke-ombord-paa-ubaaden-2114877 (Archiv-Version vom 15.02.2018)- vor 22. August: Die Durchsuchung des U-Boots erfolgt z.T. ohne Handschuhe
Beitrag von Clark (Seite 50)- 22. August: Vor sicheren Erkenntnissen öffentliche Herstellung eines Zusammenhangs zwischen Torsofund und Ubootfall,
Beitrag von Trimalchio (Seite 56)der Polizeisprecher sieht sich nach Kritik durch die Verteidigung zu einer öffentlichen Entschuldigung veranlasst
Beitrag von VanillaSkye (Seite 56)- 23. August: Lancierung von "Entlüftungsstichen"
Beitrag von GermanMerlin (Seite 874)- 31. Oktober: (Gezielt?) falsche Zusammenfassung der 36-Seiten-Erklärung Madsens, die erst auf massive Kritik der Verteidigung hin eingestanden wird. Die Polizei räumt am 1.11. "Ungenauigkeiten" ein und versucht die Kritik an der Falschdarstellung öffentlich als "Präzisierung" hinzustellen, obwohl es ganz offensichtlich eine Richtigstellung war: Das was von der Polizei behauptet wurde, stand so nicht darin.
Beitrag von Trimalchio (Seite 677)- 23. Dezember: PR-Artikel für StA Jakob Buch-Jepsen. Der in einem Tötungsdelikt ermittelnde Staatsanwalt lässt sich noch vor Anklageerhebung interviewen und äussert sich dabei zur Ermittlung
Beitrag von Andante (Seite 874)- 16. Januar: Die zunächst Anfang Dezember vollmundig als so gut wie fertige und für noch vor Weihnachten angekündigte Anklage wird erst über drei Wochen später eingereicht.
- 16. Januar: U-Boot-Verschrottungs-Nebelkerze in der offiziellen Mitteilung zur Anklage. Völlig absurde Eröffnung eines Nebenkriegsschauplatzes: Wer nicht an den Esel herankommt, schlägt den Sack.
Beitrag von Trimalchio (Seite 914)Es braucht hier keine zusätzlichen Gerüchte aus Kopenhagen, auch keinen Hinweis auf die Uminterpretation der Obduktionsergebnisse: Jedes der vorgenannten Vorkommnisse für sich mag vernachlässigbar dem normalen Behördenvorgehen geschuldet sein, in dem eben auch mal kleinere Fehler vorkommen. In der Summe zeichnet sich dem neutralen Betrachter das Bild einer Behörde, die eben
nicht (oh Wunder!) fehlerfrei und schon garnicht frei von Eigeninteressen arbeitet (na sowas!), sondern sich eine kritische Begleitung durch die Öffentlichkeit immer wieder konkret verdient hat.
Die hier von interessierter Seite eingeforderte unkritische Gefolgschaft gegenüber der Anklage scheint mehr auf unbedingten Verurteilungswillen oder auf falsch verstandenen Korpsgeist (?) gegründet.
Sich Blindstellen gegenüber den Zwängen und Interessen der Behörden erscheint mir kein guter Ratschlag für Menschen mit konstruktiv-kritischer Distanz zu staatlichem Tun. Und eine fast schon pathologische Fixierung auf die Anklage und der wiederholte Versuch, Kritik an ihr zu tabuisieren, scheint mir das Vertrauen in die Institutionen eher zu untergraben als zu festigen.