Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
02.05.2018 um 19:06Hier möchte ich Euch mal eine für mich, zumindest nach den mir bekannten Umständen des Falls, einigermaßen plausible Erklärung des Tathergangs und zur Motivation des Täters vorstellen:
Der Haupttäter steckt schon länger in Geldnöten bzw. träumt vom "großen Los", mit dem zumindest seine materiellen Probleme gelöst zu sein scheinen. Er probiert verschiedene Wege aus, um an Geld zu kommen: Macht sich selbstständig, z. B. einen Laden auf, nebenher ein paar mehr oder weniger krumme Geschäfte. Er ist vielseitig handwerklich und technisch begabt und interessiert sich auch für Kriminalistik. Da er sich damit auskennt, hört er den Polizeifunk ab und bekommt so zumindest einen gewissen Einblick in die tägliche Polizeiarbeit.
Sehr wahrscheinlich hat er nicht sofort an eine Entführung gedacht, sondern zunächst verschiedene andere legale, halblegale und schließlich illegale Wege erwogen, um aus seiner misslichen Lage herauszukommen. Dabei spielt er verschiedene Szenarien durch und verwirft sie wieder, bis er irgendwann auf die Idee mit der Entführung kommt. Auch diese setzt er nicht sofort geradlinig und konsequent um, er ist ja schließlich kein Profi, sondern ein Amateur, der seinen Plan erst Stück für Stück ausdenken, prüfen, zum Teil verwerfen und wieder neu überdenken muss.
Deshalb auch die vielen, bei rein logischer Betrachtung, Ungereimtheiten bei der Tatausführung. Sein Plan ist vielleicht noch gar nicht so perfekt, wie er ihn eigentlich ausführen wollte, aber aus irgendeinem Grund drängt plötzlich die Zeit und er muss die Entscheidung fällen: Jetzt oder nie.
Er glaubt, irgendwie wird es schon funktionieren und falls nicht, wird ihm schon etwas einfallen, so wie er sich bisher auch immer im Leben irgendwie durchgewurstelt hat. Da er nicht alles alleine machen kann, benötigt er mindestens einen Helfer, den bzw. die er aber nicht komplett einweiht bzw. so auswählt, dass er diese(n) im Falle eines Falles als unglaubwürdig diskreditieren kann.
Ein weiterer Aspekt, den der Täter berücksichtigen musste und der hier m. E. bisher noch gar nicht diskutiert wurde, ist: Der Täter hatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen örtlichen Bezug, was aber für ihn ein weiteres Problem aufwirft: Selbst wenn die Tat für ihn erfolgreich verlaufen wäre und er das Lösegeld bekommen hätte, kann er es ja nicht einfach plötzlich ausgeben, da das vor Ort sofort auffallen würde. Also muss sein Plan sein, nach der Tat unter einem idealerweise schon längere Zeit vorher bekannten und damit möglichst unverdächtigen Vorwand weit weg zu ziehen, an einen Ort, wo ihn keiner kennt und er nicht auffällt, weil dort niemand weiß, dass er vorher kein Geld hatte. Was eignet sich dafür besser als ein großes, aber nicht luxuriöses Boot, mit dem man weit weg ans Meer ziehen kann und den Leuten am alten Wohnort zu erzählen, man lebe jetzt seinen schon lange öffentlich gehegten Traum vom bescheidenen Leben am Meer mit einem alten Fischkutter. Der alte Fischkutter kann dann nach einer gewissen Sicherheits-Zeitspanne durch ein komfortableres Boot ersetzt werden, auf Nachfragen kann man ja von zwischenzeitlich erfolgreichen Geschäften erzählen.
Nur geht sein Plan schief: Das Opfer stirbt unerwartet gleich zu Beginn der Entführung, die Eltern schalten sofort die Polizei ein, weil sie von einer Entführung zunächst gar nichts wissen, das Gebiet, in dem das Opfer versteckt ist, wird sehr schnell von der Polizei durchsucht und mit dem Lösegeld klappt es auch nicht. Er gerät zusammen mit anderen in Verdacht, aber man kann ihm nichts wirklich nachweisen. Er zieht weg, schließlich ans Meer, dahin wo er auch bei gelungenem Plan gegangen wäre. Allmählich wächst Gras über die Sache, er fühlt sich wieder sicherer. Er sieht sich auch selbst vor seinem Gewissen nicht als Mörder, denn der Tod des Opfers war ja gar nicht geplant, sondern ein bedauerlicher "Betriebsunfall". Dumm nur, dass die Ermittlungsbehörden nicht lockerlassen, ihn abhören und schließlich kurz vor der Verjährung seine Räumlichkeiten durchsuchen und ein Tonbandgerät finden, mit dem wahrscheinlich (!) die Vorlage für die Erpresseranrufe hergestellt wurden. Es kommt zum Prozess, er wird verurteilt, obwohl er sich für den Tod des Opfers nicht verantwortlich fühlt, das war ja nicht gewollt, aber das kann er vor Gericht natürlich schlecht zugeben.
Natürlich bleiben bei einem reinen Indizienprozess immer Restzweifel, das ist ja nicht nur in diesem Fall so, jedes Indiz für sich alleine ist immer anzweifelbar, aber in der Gesamtschau hat es für das Gericht zur Verurteilung gereicht.
Wenn ich ehrlich bin, war ich am Anfang auch skeptisch, was das Urteil angeht, aber je mehr ich mir die Bemühungen von WM, seinem Anwalt und seiner Unterstützer betrachte, umso kritischer sehe ich mittlerweile die Rolle von WM. Für mich spricht schon sehr viel dafür, dass er mit der Entführung zu tun hatte, wenn er auch vermutlich Komplizen hatte.
Geradezu absurd finde ich die Versuche, jetzt noch NATO-Stay-Behind-Agenten, Wehrsportgruppen oder Schüler (!) des nahe gelegenen Internats als Täter ins Spiel zu bringen. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die bulgarische Organhändler-Mafia und Außerirdische...
Der Haupttäter steckt schon länger in Geldnöten bzw. träumt vom "großen Los", mit dem zumindest seine materiellen Probleme gelöst zu sein scheinen. Er probiert verschiedene Wege aus, um an Geld zu kommen: Macht sich selbstständig, z. B. einen Laden auf, nebenher ein paar mehr oder weniger krumme Geschäfte. Er ist vielseitig handwerklich und technisch begabt und interessiert sich auch für Kriminalistik. Da er sich damit auskennt, hört er den Polizeifunk ab und bekommt so zumindest einen gewissen Einblick in die tägliche Polizeiarbeit.
Sehr wahrscheinlich hat er nicht sofort an eine Entführung gedacht, sondern zunächst verschiedene andere legale, halblegale und schließlich illegale Wege erwogen, um aus seiner misslichen Lage herauszukommen. Dabei spielt er verschiedene Szenarien durch und verwirft sie wieder, bis er irgendwann auf die Idee mit der Entführung kommt. Auch diese setzt er nicht sofort geradlinig und konsequent um, er ist ja schließlich kein Profi, sondern ein Amateur, der seinen Plan erst Stück für Stück ausdenken, prüfen, zum Teil verwerfen und wieder neu überdenken muss.
Deshalb auch die vielen, bei rein logischer Betrachtung, Ungereimtheiten bei der Tatausführung. Sein Plan ist vielleicht noch gar nicht so perfekt, wie er ihn eigentlich ausführen wollte, aber aus irgendeinem Grund drängt plötzlich die Zeit und er muss die Entscheidung fällen: Jetzt oder nie.
Er glaubt, irgendwie wird es schon funktionieren und falls nicht, wird ihm schon etwas einfallen, so wie er sich bisher auch immer im Leben irgendwie durchgewurstelt hat. Da er nicht alles alleine machen kann, benötigt er mindestens einen Helfer, den bzw. die er aber nicht komplett einweiht bzw. so auswählt, dass er diese(n) im Falle eines Falles als unglaubwürdig diskreditieren kann.
Ein weiterer Aspekt, den der Täter berücksichtigen musste und der hier m. E. bisher noch gar nicht diskutiert wurde, ist: Der Täter hatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen örtlichen Bezug, was aber für ihn ein weiteres Problem aufwirft: Selbst wenn die Tat für ihn erfolgreich verlaufen wäre und er das Lösegeld bekommen hätte, kann er es ja nicht einfach plötzlich ausgeben, da das vor Ort sofort auffallen würde. Also muss sein Plan sein, nach der Tat unter einem idealerweise schon längere Zeit vorher bekannten und damit möglichst unverdächtigen Vorwand weit weg zu ziehen, an einen Ort, wo ihn keiner kennt und er nicht auffällt, weil dort niemand weiß, dass er vorher kein Geld hatte. Was eignet sich dafür besser als ein großes, aber nicht luxuriöses Boot, mit dem man weit weg ans Meer ziehen kann und den Leuten am alten Wohnort zu erzählen, man lebe jetzt seinen schon lange öffentlich gehegten Traum vom bescheidenen Leben am Meer mit einem alten Fischkutter. Der alte Fischkutter kann dann nach einer gewissen Sicherheits-Zeitspanne durch ein komfortableres Boot ersetzt werden, auf Nachfragen kann man ja von zwischenzeitlich erfolgreichen Geschäften erzählen.
Nur geht sein Plan schief: Das Opfer stirbt unerwartet gleich zu Beginn der Entführung, die Eltern schalten sofort die Polizei ein, weil sie von einer Entführung zunächst gar nichts wissen, das Gebiet, in dem das Opfer versteckt ist, wird sehr schnell von der Polizei durchsucht und mit dem Lösegeld klappt es auch nicht. Er gerät zusammen mit anderen in Verdacht, aber man kann ihm nichts wirklich nachweisen. Er zieht weg, schließlich ans Meer, dahin wo er auch bei gelungenem Plan gegangen wäre. Allmählich wächst Gras über die Sache, er fühlt sich wieder sicherer. Er sieht sich auch selbst vor seinem Gewissen nicht als Mörder, denn der Tod des Opfers war ja gar nicht geplant, sondern ein bedauerlicher "Betriebsunfall". Dumm nur, dass die Ermittlungsbehörden nicht lockerlassen, ihn abhören und schließlich kurz vor der Verjährung seine Räumlichkeiten durchsuchen und ein Tonbandgerät finden, mit dem wahrscheinlich (!) die Vorlage für die Erpresseranrufe hergestellt wurden. Es kommt zum Prozess, er wird verurteilt, obwohl er sich für den Tod des Opfers nicht verantwortlich fühlt, das war ja nicht gewollt, aber das kann er vor Gericht natürlich schlecht zugeben.
Natürlich bleiben bei einem reinen Indizienprozess immer Restzweifel, das ist ja nicht nur in diesem Fall so, jedes Indiz für sich alleine ist immer anzweifelbar, aber in der Gesamtschau hat es für das Gericht zur Verurteilung gereicht.
Wenn ich ehrlich bin, war ich am Anfang auch skeptisch, was das Urteil angeht, aber je mehr ich mir die Bemühungen von WM, seinem Anwalt und seiner Unterstützer betrachte, umso kritischer sehe ich mittlerweile die Rolle von WM. Für mich spricht schon sehr viel dafür, dass er mit der Entführung zu tun hatte, wenn er auch vermutlich Komplizen hatte.
Geradezu absurd finde ich die Versuche, jetzt noch NATO-Stay-Behind-Agenten, Wehrsportgruppen oder Schüler (!) des nahe gelegenen Internats als Täter ins Spiel zu bringen. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die bulgarische Organhändler-Mafia und Außerirdische...