monstra schrieb:Ein sehr typisches, autoritäres und schwaches Argument. Immer zu hören, wenn Institutionen, Behörden, Organisationen abschließende Entscheidungen getroffen haben.
Damit kann man jede Kritik daran abkanzeln. Dabei ist es im demokratischen Rechtsstaat weder unvernünftig noch anmaßend, die Entscheidungen eines Ministeriums für nicht überzeugend zu halten, auch wenn dort monatelang hunderte hochqualifizierter Juristen oder Experten Aktenberge bewältigt und Anhörungsrunden geführt haben. Natürlich ist als Externer, als Nichtexperte eine eigene Überzeugung zum Ergebnis legitim. Ja sogar notwendig.
Ich habe die Bemerkung vom
@Ram13 nicht als Autoritätsargument verstanden. Ich denke, der User meint etwas anderes.
Natürlich kann man sich als Staatsbürger über alles staatliche Handeln eine Meinung bilden. Das gilt für Behörden, Gerichte, Parlamente. Man sollte aber immer im Kopf haben, aufgrund welcher Basis man das tut.
Verfügt man zB nur über Presseberichte, ist es nicht leicht, sich etwa über komplexere Gesetzgebungsvorhaben und den Inhalt völkerrechtliche Verträge (zB das Brexit-Abkommen) zu informieren. Da haben dann die Abgeordneten, die über so was beschließen, wenn es hier in Kraft treten soll, leichter, weil sie eben die entsprechenden Texte, Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, Stellungnahmen der beteiligten Institutionen und Organisationen haben. Die Grundlage für eine Meinungsbildung ist da nun mal weitaus breiter als die des Medienkonsumenten.
Genau so ist es mit Gerichtsverfahren. Die Richter haben objektiv gesehen den breiteren Überblick über die Sache. Nicht weil sie klüger sind als der Rest der Bevölkerung, sondern weil sie aus den Akten und aus dem Gang der Verhandlung weitaus mehr Informationen als alle anderen haben.
Nicht mal wer als Zuhörer - sehr selten - an wirklich jedem Verhandlungstag von Anfang bis Ende hinten im Saal sitzt, bekommt so viel mit. Das geht los damit, dass die Zuhörer etwa Zeugen nur von hinten sehen und daher deren Körpersprache nicht miterleben, und endet damit, dass sie nicht sehen, worüber gesprochen wird, wenn die Prozessbeteiligten am Richtertisch ein Original (Foto, Zeichnung, Dokument) betrachten. Wird für bestimmte Teile der Verhandlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen, ist auch das etwas, was Zuhörern nicht zugänglich ist. Mehr Aktenkenntnis als das Gericht haben Zuhörer unbestritten ebenfalls nicht.
Daher weist
@Ram13 zu Recht darauf hin, dass Menschen, die alle Einzelheiten eines Falles, eines Gesetzgebungsvorhabens, einer behördlichen Entscheidung kennen und das Ganze dann beurteilen und darüber entscheiden, wegen der breiteren Informationsbasis eher zu zutreffenden Erkenntnissen kommen können als der Medienkonsument. Mit „Autorität“ hat das nichts zu tun, sondern eben mit mehr Wissen über Einzelheiten, insbesondere entscheidende Einzelheiten.
Natürlich sind sehr viele Informationen über etwas noch keine Garantie für eine richtige Entscheidung. Abgeordnete können schlechte Gesetze beschließen, Behörden nicht hilfreiche Corona-Maßnahmen anordnen, Gerichte sich irren, wir alle als Verbraucher das Falsche kaufen (obwohl wir uns im Internet stunden- und tagelang zum Artikel informiert haben). Aber die Gefahr, sich falsch zu entscheiden, ist bei fehlenden Informationen weitaus größer.