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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.08.2019 um 00:24
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Und weil wir noch vor der Verjährung waren, hatte man auch keine Probleme, das Verbrechen so einzustufen.
Ich glaube nicht, dass man damals bei Mazurek bei der Frage, welcher Straftatbestand des StGB für seine Bestrafung in Betracht kommt, vorrangig an Verjährungsfragen gedacht hat. Man hat halt geprüft, ob der Mann wirklich ein Mörder ist oder aber ein erpresserischer Menschenräuber, bei dem es aus letztlich nicht beabsichtigten Gründen zum Tod der Entführten gekommen ist.
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Und die Sicherheit, dass, wenn später jemand kommt, der das anzweifelt, gesagt bekommt: Ist verjährt.
Wir gesagt glaube ich nicht, dass man bei der Verurteilung von Mazurek im Kopf gehabt, hat, dass später jemand kommt und das anzweifelt, und dass diesem dann gesagt werden kann: Ist verjährt.

Man war damals auf die Frage der individuellen Schuld von Mazurek konzentriert und hat ihm am Ende anhand der bestehenden Indizien bescheinigt, dass er kein Mörder ist.

Warum dass für potentielle andere Täter nicht auch gelten kann/soll/muss, harrt für mich noch einer plausiblen Erklärung.


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30.08.2019 um 06:52
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wir gesagt glaube ich nicht, dass man bei der Verurteilung von Mazurek im Kopf gehabt, hat, dass später jemand kommt und das anzweifelt, und dass diesem dann gesagt werden kann: Ist verjährt.
Das wäre sicherlich verkehrt zu sagen: "Das war der Grund für die Entscheidung der Verbrechenseinstufung." Aber als Nebeneffekt war es willkommen.
Warum ich bei der Einstufung nachhake, obwohl ich ja mitgeteilt habe, dass ich die Entscheidung der StA respektiere: Mich erreichen jetzt vermehrt Zuschriften, dass die Entscheidung bei der vorliegenden Indizienlage eigentlich nicht hinnehmbar ist.
Auch der Hinweis auf die explizite Tötungsabsicht im Erpresserbrief kam von außen.
Ich sammle dann all diese Hinweise, gebe sie an meinen Anwalt weiter oder stelle sie, wie auch jetzt geschehen, hier zur Diskussion.


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30.08.2019 um 22:32
Zitat von AnnaKomneneAnnaKomnene schrieb am 26.08.2019:Man kann einem Kind doch nicht ohne Grund und ohne Ueberwachung im Wald einfach eine Narkose verpassen. Auch bei einer fachgerecht durchgefuehrten Narkose im Krankenhaus und gutem Gesundheitszustand gibt es ein erhebliches Risiko, dass etwas schiefgeht. So etwas macht man nur, wenn es noetig ist.
Da kann ich dir nur zustimmen.

Ein Beispiel: So wirkt Lachgas wenn es unsachgemäß verabreicht wird:
. In Österreich wurde ein chirurgisches Zentrum frisch eröffnet, der Operationstrakt war gewienert, und die Ärzte rieben sich erwartungsfroh die Hände. Der erste Patient sollte ein Krankenpfleger sein. Doch leider hatten Techniker bei der Konstruktion der Räumlichkeiten die Zuleitungen für den Sauerstoff und das Narkosemittel Distickstoffoxid, auch Lachgas genannt, vertauscht. Die Anästhesisten bemerkten die Verwechslung nicht, und so strömte während der Narkoseeinleitung minutenlang nicht Sauerstoff, sondern pures Distickstoffoxid in die Lungen des Patienten. Er erstickte, sein Herz setzte aus, und schließlich starb er.
Das geschah bei einem Erwachsenen. Bei einem zehnjährigen Kind, das noch dazu in einen sauerstoffarmen Raum verfrachtet wird, ist die dazu ausreichende Dosis mit Sicherheit noch geringer.

https://www.zeit.de/2008/02/M-Lachgas

Laut Fachliteratur ist bei der anästhetischen Manipulation mit reinem Lachgas vor allem eine "Messung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration sowie eine automatische Lachgasbeschränkung" wichtig. Beides wurde von den Tätern offenkundig völlig außer acht gelassen.

Hier fällt auf dass die Täter diesem Bereich überhaupt keine Sorgfalt geschenkt haben, obwohl ihnen das zumutbar gewesen wäre. Im Gegensatz zur fast akribischen Beschäftigung mit der Kiste, wofür sie augenscheinlich jede Menge Informationen eingeholt haben (zB Readers Digest, Mackle) haben die sich in Bezug auf die Narkose nicht mal mit den rudimentären Vorschriften beschäftigt, sonst wäre es zu keinem solchen Zwischenfall gekommen. Daraus kann man durchaus schliessen, dass ihnen das nicht so wichtig war nach dem Motto "wird schon nichts passieren".
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Oder wie ist das hier zu verstehen? Wenn ich des Deutschen mächtig bin, handelt es sich hier um eine Tötungsabsicht. Und zwar nicht mal eventualis
Das ist ein guter Punkt. Natürlich wird das Gericht davon ausgegangen sein dass diese Aussage eine übliche Drohung eines Erpressers war und keine Morddrohung; für sich alleine. Aber hier muss man eine Gesamtschau betrachten, mit lauter Mosaiken und davon gibt es mittlerweile einige. Im Kontext mit den anderen Mordmerkmalen die wir schon aufgezählt haben hat das sehr wohl Gewicht, auch wenn es um die "innere Täterseite" geht.

Hier fällt auf, dass gleich zweimal mit Mord gedroht wird, wobei die Formulierung "sonst ist ihre Tochter tot" auf eine gewisse Entschlossenheit hinweist. Das sollte man sich genauer ansehen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.09.2019 um 13:19
Aus meiner Sicht können die Gedanken einiger Juristen und Gutachter als "Alternative Fakten" durchgehen. Zumindest werden Details als Fakten angesehen, die mit der Wirklichkeit nichts gemeinsam zu haben brauchen. Hier im Diskussionsforum würden sie schlicht als Spekulation angesehen. In einigen Fällen ist das ganz offensichtlich und nachweisbar. Leider hat die Verteidigung die Gelegenheiten versäumt, dort einzuhaken.

So wird speziell vom Erpresserbrief behauptet, dass er einige Monate vor der Tat gebastelt wurde. Soweit ich weiß, gab es keinen anderen Hinweis darauf als das zurückliegende Datum der verwendeten Zeitungen. Ich jedenfalls traue mir zu, diesen Brieftext heute aus Zeitungen des letzten Jahres zusammenzukleben.
Unter der Annahme, dass der Brief lange vorher vorbereitet wurde, mag die Ankündigung der Tötung als Routine-Drohung durchgehen. Wenn er jedoch aktuell war, und bekannt war, dass die Polizei aktiv war, lässt sich die Tötungsabsicht nicht vom Tisch wischen.

Klaus P.s Erzählung, wie er angeblich das Loch gegraben habe, wurde vom Gericht als Fakt angesehen, allein weil sie viele Details enthielt. Keines dieser Details wurde jedoch belegt. Real dagegen ist, dass P. sein Loch nicht gefunden hat. Eine Woche unter Vorsichtsmaßnahmen mühsam graben, und dann nicht mehr wiederfinden, das ist für mich völlig undenkbar. Das Gericht hat einen riesen Bock geschossen, indem es das für normal hielt.
Erst während der Zivilverhandlung tauchte der Beleg auf, dass er das Loch an einer Stelle gesucht hatte, die in einer Pressemitteilung an die Medien falsch beschrieben ist.

Werner M. hat ebenfalls eine Geschichte erzählt, die ebenfalls Details enthielt. Nämlich die Geschichte, wie und wo er das Tonbandgerät gekauft hatte. Im Gegensatz zur P.-Geschichte entsprechen zumindest alle Ortsangaben der Wirklichkeit. In diesem Falle wurde auch etwas nicht gefunden. Und zwar der Verkäufer des Tonbandgeräts. In diesem Fall wurde die gesamte Geschichte deshalb als Lüge angesehen.

Wenn wir Urteil und verschiedene Gutachten durcharbeiten, finden wir jede Menge frei erfundene Tatsachenbehauptungen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen bzw. ihr nicht zu entsprechen brauchen. Ich gebe zu, dass die meisten davon die Beweislage kaum verändert hätten, weil nichts wirklich bewiesen war. Sie hätten aber Werner M. in anderem Licht erscheinen lassen.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:In Österreich wurde ein chirurgisches Zentrum frisch eröffnet, ... Doch leider hatten Techniker bei der Konstruktion der Räumlichkeiten die Zuleitungen für den Sauerstoff und das Narkosemittel Distickstoffoxid, auch Lachgas genannt, vertauscht.
Tja, unter diesen Sicherheitsstandards wäre auch der neue Berliner Flughafen in Betrieb gegangen.


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02.09.2019 um 15:15
Zitat von roberndrobernd schrieb:Unter der Annahme, dass der Brief lange vorher vorbereitet wurde, mag die Ankündigung der Tötung als Routine-Drohung durchgehen. Wenn er jedoch aktuell war, und bekannt war, dass die Polizei aktiv war, lässt sich die Tötungsabsicht nicht vom Tisch wischen.
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Morddrohung im Epresserbrief hier eine strafrechtliche Relevanz hat, da so etwas vermutlich bei jeder Entführung mehr oder weniger deutlich im Erpresserbrief steht.

Die Einschätzung der Tat als "erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge" wurde bei der Revision vom BGH nicht moniert. Wie ich verstanden habe, beschäftigt sich dieser aber bei einer Revision sehr wohl mit der Würdigung der Tat (Beispiel):
Der BGH-Senat warf der Strafkammer in Sachsen-Anhalt vor, sich nur unzureichend mit dem Motiv der Täter für das Zurücklassen des Opfers im Wald auseinandergesetzt zu haben. Das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht sei keineswegs vom Tisch.
https://www.ln-online.de/Lokales/Stormarn/Brutaler-Ueberfall-zum-dritten-Mal-vor-Gericht


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.09.2019 um 16:07
Die subjektive Seite (hier Vorsatz nicht nur in Bezug auf die Tötung eines Menschen, sondern darüber hinaus Vorsatz in Bezug auf die Tötung eines Menschen unter Verwirklichung eines oder mehrerer Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 StGB) sowie deren Nachweis durch die Anklagebehörde ist eben sehr wichtig.

Wie aber soll hier die subjektive Seite und damit die individuelle Schuld nachgewiesen werden, wenn man gar keinen konkreten Tatverdächtigen hat? Ich hatte ja schon einmal zu einem Gedankenspiel eingeladen:

Gesetzt den Fall, die StA hätte ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes gegen konkrete Personen, sprich die Schüler aus dem LEH, eingeleitet. Die Beschuldigten werden nun zur Vernehmung geladen. Es wird ihnen eröffnet, dass gegen sie wegen Verdachts des Mordes ermittelt wird. Die Beschuldigten bzw. ihre Verteidiger fragen, um welches Mordmerkmal es geht und durch welche Indizien der entsprechende (bedingte) Vorsatz belegt sein soll. Was könnten die vernehmenden Beamten konkret darauf antworten?


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02.09.2019 um 16:29
Könnte man da nicht mit niedrigen Beweggründen oder Habgier antworten? Eine aus Tätersicht scheinbar notwendige Betäubung des Opfers die absolut unsachgemäß durchgeführt wurde mit der Absicht sich zu bereichern.

Kann da vielleicht auch Heimtücke gelten? Ursula war 10, und aller Wahrscheinlichkeit nach arg- und wehrlos als sie überfallen und mit dem Lachgas konfrontiert wurde.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.09.2019 um 16:49
Zitat von margarethamargaretha schrieb:Könnte man da nicht mit niedrigen Beweggründen oder Habgier antworten? Eine aus Tätersicht scheinbar notwendige Betäubung des Opfers die absolut unsachgemäß durchgeführt wurde mit der Absicht sich zu bereichern.

Kann da vielleicht auch Heimtücke gelten? Ursula war 10, und aller Wahrscheinlichkeit nach arg- und wehrlos als sie überfallen und mit dem Lachgas konfrontiert wurde.
Das wäre schwierig, einerseits wird argumentiert, Herr Mazurek konnte ohne das Tonbandgutachten nicht angeklagt werden, weil die Indizien zu dünn waren, andererseits müsste man jetzt gegen Personen ermitteln, gegen die es so gut wie keine Indizien gibt. Herr Mazurek wurde trotz aller Indizien nicht wegen Mordes angeklagt, mit dem Argument, dafür reichen die Beweise nicht, jetzt müsste man mit den selben Informationen Mord zugrunde legen.


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02.09.2019 um 16:56
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:andererseits müsste man jetzt gegen Personen ermitteln, gegen die es so gut wie keine Indizien gibt.
Das stimmt überhaupt nicht.


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02.09.2019 um 17:17
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:andererseits müsste man jetzt gegen Personen ermitteln, gegen die es so gut wie keine Indizien gibt.
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Das stimmt überhaupt nicht.
Es gibt also Indizien gegen jemanden konkretes? Davon wusste ich bisher nichts. Ich kenne nur den Ermittlungsfehler bezogen auf das Bitumen und die Interpretation der Durchdruckspuren als Wahrscheinlichkeitsbaum. Außerdem eine Zeugin, die sich nicht mehr daran erinnern kann, dass sie mit einem Schüler seinerzeit den gefundenen Draht aufgewickelt hat.


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02.09.2019 um 17:25
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Es gibt also Indizien gegen jemanden konkretes?
Es liegt in der Natur von Beschuldigungen, dass man sie nicht in der Öffentlichkeit preisgibt, wenn man keine Rückendeckung von der Strafverfolgungsbehörde bekommt. Es gilt generell zunächst die Unschuldsvermutung. Deshalb sage ich dazu nichts. Ich kann nur sagen, dass eine Reihe von Indizien vorliegen, die deutlicher sind, als die Indizien, die gegen Mazurek vorliegen.


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02.09.2019 um 17:31
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Es liegt in der Natur von Beschuldigungen, dass man sie nicht in der Öffentlichkeit preisgibt, wenn man keine Rückendeckung von der Strafverfolgungsbehörde bekommt. Es gilt generell zunächst die Unschuldsvermutung. Deshalb sage ich dazu nichts. Ich kann nur sagen, dass eine Reihe von Indizien vorliegen, die deutlicher sind, als die Indizien, die gegen Mazurek vorliegen.
O.k. aber Du hast Dich dazu hier geäußert, warum?. Jetzt steht im Raum: es gibt Indizien gegen konkrete Personen, aber Du willst diese nicht benennen. Darauf kann ich jetzt nichts entgegnen, das ist keine Diskussionsgrundlage.


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02.09.2019 um 17:39
@JosephConrad
Wir diskutieren hier aber schon sehr lange, dass es Indizien gibt, die sich sehr gut mit Schülern in Einklang bringen lassen. Diese Indizien habe ich im Oktober 2018 der StA übergeben und im November 2018 hat mein Anwalt die Indizien konkretisiert. Wir haben nur deswegen niemanden angezeigt, weil wir davon ausgingen, dass die Deutlichkeit die StA zum agieren bringt.
Es hat aber dazu geführt, dass die StA bis März 2019 gar nichts dazu gesagt hat und erst auf massives Nachfragen aus den Medien mehrfach wiederholt, dass sie den Sachverhalt prüfen. Dann haben sie letztens gesagt, dass sie nicht ermitteln können, weil das Verbrechen verjährt ist.


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02.09.2019 um 17:43
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Morddrohung im Epresserbrief hier eine strafrechtliche Relevanz hat, da so etwas vermutlich bei jeder Entführung mehr oder weniger deutlich im Erpresserbrief steht.
Ich neige dazu, das gefühlsmäßig ebenso zu sehen. Objektiv würde ich mich nicht trauen, die Tötungsabsicht auszuschließen, weil es in einigen Fällen tatsächlich so war.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Die Einschätzung der Tat als "erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge" wurde bei der Revision vom BGH nicht moniert.
Mit der Logik einer Revision habe ich ein generelles Problem. In unserem Fall geht es zu 90 % um technische Details. Ich setze voraus, dass die Revisions-Richter nicht in der Lage sind, deren Bedeutung zu erfassen. Sie prüfen dann lediglich formaljuristische Inhalte des Urteils. Was aber ist eine Revision wert, wenn gerade die kritischen bzw. zweifelhaften Interpretationen des Landgerichts außen vor bleiben?
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Außerdem eine Zeugin, die sich nicht mehr daran erinnern kann, dass sie mit einem Schüler seinerzeit den gefundenen Draht aufgewickelt hat.
An dem Draht hängt mehr. Der Schüler behauptet, die Drahtlänge sei kürzer gewesen als die 100-m-Bahn auf dem Sportplatz. Daran sollte er sich gut erinnern können. Die Draht-Gutachter haben die Länge so pedantisch nachgemessen und dokumentiert (Längen mehrerer Teilstücke), dass selbst ich (als ewiger Zeifler) glaube, dass der Draht um die 140 m lang war.
Die Schüler meinen sich auch zu erinnerten, beim ersten Aufwickeln Isolierbandstücke vom Draht abgezogen zu haben, die nicht dem im Transistorradio verwendeten entsprachen (andere Farbe).
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Ich kann nur sagen, dass eine Reihe von Indizien vorliegen, die deutlicher sind, als die Indizien, die gegen Mazurek vorliegen.
Das überrascht mich nicht wirklich. Selbst die ermittelnden Kriminalbeamten hatten erklärt, dass es kaum belastbare Indizien gegen M. gibt.


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02.09.2019 um 17:44
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Wir diskutieren hier aber schon sehr lange, dass es Indizien gibt, die sich sehr gut mit Schülern in Einklang bringen lassen.
Die Aussage, dass sich die Indizien gut mit Schülern in Einklang bringen lassen, belastet niemanden konkret.

Aber Du hattest von Beschuldigungen gesprochen:
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Es liegt in der Natur von Beschuldigungen, dass man sie nicht in der Öffentlichkeit preisgibt, wenn man keine Rückendeckung von der Strafverfolgungsbehörde bekommt. Es gilt generell zunächst die Unschuldsvermutung.



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02.09.2019 um 18:21
Wenn Ursula an Ort und Stelle des Überfalls bewusst und gewollt getötet worden wäre und dann die Erpresserbriefe kamen, kann man ohne Umschweife über Habgier diskutieren.

Nun ist es aber so, dass es die Kiste mit Vorräten gab, mögen die Vorräte auch seltsam anmuten und mag das Belüftungssystem der Kiste versagt haben. Worauf läßt das schließen? Eben, nicht unbedingt auf Tötungsvorsatz. Kiste und Vorräte sind Indizien GEGEN einen Tötungswillen. So hat es das Gericht bei Mazurek gesehen.

Es mag ja auch Indizien FÜR Tötungsvorsatz plus Vorsatz in Bezug auf die Erfüllung mindestens eines Mordmerkmals geben.

Die StA musste halt abwägen, wie belastbar die jeweiligen sich ggf. widersprechenden Indizien in Bezug auf bestimmte in Frage kommende Verdächtige sind. Man kann nicht die Augen davor verschließen, dass es bei dünner Beweislage schwerlich zu einer Anklage gekommen wäre. Ein Ermittlungsverfahren wäre womöglich ziemlich bald eingestellt worden, kaum dass es eröffnet worden wäre. Wir wissen im übrigen nicht, ob und was die Ermittlungsbehörden etwa zu Alibis bestimmter Verdächtiger festgestellt haben.


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02.09.2019 um 18:37
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wir wissen im übrigen nicht, ob und was die Ermittlungsbehörden etwa zu Alibis bestimmter Verdächtiger festgestellt haben.
Die Ermittlungsbehörden haben nicht ermittelt. Das heißt, sie haben auch keine Alibiüberprüfung gemacht. Wie wollen sie das auch nach 38 Jahren?

Sie haben nur abgewogen, ob die vorliegenden Indizien gegen konkrete Personen ausreichen, um sie als staatliches Organ zum Ermitteln zu bringen. Die Kriterien waren dabei nicht die Indizien selbst, sondern die juristischen Rahmenbedingungen. Es gab zwei, die für die StA von Interesse waren:
1. Ist das Verbrechen verjährt oder nicht?
2. Reichen die Indizien aus, um ein einen erfolgreichen WAA zu stellen?

Nach einer Prüfung, die fast ein Jahr gedauert hat, kamen sie zu dem Schluss:
1. Das Verbrechen ist verjährt, weil ein Mordmerkmal aus ihrer Sicht nicht eindeutig herzuleiten ist.
2. Zu einem Wiederaufnahmeverfahren wird es aller Voraussicht nach nicht kommen, weil die Hürden in Deutschland dafür sehr hoch sind.

Das war der Grund, warum sie sich dagegen entscheiden haben, zu ermitteln.


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03.09.2019 um 07:51
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Die Ermittlungsbehörden haben nicht ermittelt. Das heißt, sie haben auch keine Alibiüberprüfung gemacht. Wie wollen sie das auch nach 38 Jahren?
Weißt du das sicher, dass sie keine solche Überprüfung gemacht haben? Und auch nach 38 Jahren könnte das möglich sein. Es war Ende der Ferien, vielleicht waren die Schüler verreist gewesen und erst zum ersten Schultag nach den Ferien zurückgekommen.
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Es gab zwei, die für die StA von Interesse waren:
1. Ist das Verbrechen verjährt oder nicht?
2. Reichen die Indizien aus, um ein einen erfolgreichen WAA zu stellen?
Nein, entschuldige, das ist definitiv falsch. Natürlich hat die StA NICHT geprüft, ob sie für Mazurek einen erfolgreichen WA-Antrag stellen soll. Das war hier überhaupt nicht ihre gesetzliche Aufgabe (auch wenn manche ihr liebend gerne diese Aufgabe zuweisen wollen).

Die StA hat geprüft, ob es hinreichende Verdachtsmomente gibt, die in Richtung der einzig nicht verjährten Straftat Mord hindeuten und ob deswegen ein Ermittlungsverfahren eröffnet werden soll/muss/kann.

Mir ist natürlich klar, dass sich viele als „Nebeneffekt“ eines solchen Ermittlungsverfahrens sehr eine Entlastung für Mazurek erhofft haben, mit der dessen Verteidiger dann gegebenenfalls einen WA-Antrag hätte stellen können. Vielleicht wären bei einem Ermittlungsverfahren auch solche Momente herausgesprungen, die die Verteidigung von M. hätte nutzen können.

Aber noch einmal: Es war hier NICHT gesetzliche Aufgabe der StA, quasi als eingeschalteter staatlicher Dienstleiter bei der Entlastung Mazureks zu helfen. Es war vielmehr ihre Aufgabe, zu untersuchen, ob es zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die einzig noch verfolgbare (da nicht verjährte) Straftat Mord vorliegen, wobei diese Ermittlungen sich natürlich nicht (mehr) gegen den rechtskräftig verurteilten M. gerichtet hätten, sondern gegen in Frage kommende andere Personen.
Strafprozeßordnung (StPO)
§ 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz

(1) ......
(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.
Es ist also falsch, wenn man annimmt, die StA habe hier gewissermaßen in Vorbereitung eines WA-Verfahrens für Mazurek ermitteln müssen. Das musste sie nicht. Sie musste allein nach § 152 Abs. 2 StPO handeln.


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03.09.2019 um 08:03
Nachtrag: Bei ihren Prüfungen hat die StA nicht auch nur aus den Augenwinkeln auf Mazurek geschaut. Das musste sie auch nicht, weil sie ja anderes zu untersuchen hatte, auf das Mazurek und seine Verurteilung gar keinen Einfluss hatten (bis auf die Tatsache eben, dass man M als potentiellen Täter bei Mordermittlungen von Anfang an hätte außen vor lassen können).

Wie beim Zivilverfahren muss man unterscheiden, was gesetzliche Aufgabe des Zivilgerichts und der StA einerseits und der eigene Wunsch bzw. Anspruch an das Zivilgericht und die StA andererseits sind. Beide sind offenbar nicht deckungsgleich.


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03.09.2019 um 10:17
Zitat von AndanteAndante schrieb:Weißt du das sicher, dass sie keine solche Überprüfung gemacht haben? Und auch nach 38 Jahren könnte das möglich sein. Es war Ende der Ferien, vielleicht waren die Schüler verreist gewesen und erst zum ersten Schultag nach den Ferien zurückgekommen.
Ja, das weiß ich sicher. Das stand in dem Schreiben an meinen RA so drin.
Der 15.09.81 war der Anreisetag der LEH-Schüler. Alle mussten zwischen Nachmittag und Abend da sein. Hier fand dann die Zimmerverteilung und Eintragung in Arbeitsgruppen, Wahlfächer und ähnliches statt. Das heißt, dass auch die Externen, die jeden Tag nach hause fuhren, am 15.09. irgendwann da sein mussten.


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