Robin76 schrieb:Die Zeugin hörte ja auch verschiedene Sätze, sowohl von Miriam, als auch von Sylvia. Von Marco war nicht die Rede.
Ah, das ist ein guter Hinweis. Manchmal denkt man ja, man hat das ganze Szenario im Kopf und übersieht dann interessante Kleinigkeiten.
Nehmen wir also mal jene ominöse Mühlenteichszene:
Da gibt es also eine Zeugin, die wen sieht? Alle drei oder nur die beiden Frauen?
Was sieht sie eigentlich genau? Stehen die da herum? Laufen sie? Alle in eine Richtung? Wie eine normale Familie bei einem Ausflug? Oder lassen sich schon visuell Anzeichen erkennen, dass hier etwas nicht stimmt? Laufen die beiden Frauen als eine Gruppe und der Mann allein? Kann man visuell erkennen, ob "Streit in der Luft lag" bzw. sich bereits Streit ereignet hatte?
Was hat die Zeugin konkret gesagt, was sie gesehen hat? Weiss da jemand etwas belastbares zu, oder gibt es nur Bild&Co?
Soweit ich mich erinnere, hat die Zeugin gesagt, dass sie die eigentlichen Gesprächsfetzen nur gehört habe, aber in dem Moment die Personen nicht mehr gesehen hat.
Dann fragen wir erst einmal: was hat sie denn gehört, als sie die Personen gesehen hat? Haben die sich unterhalten? Sind sie schweigend nebeneinander hergestapft? Haben sie laut geredet, eventuell gestritten? Angeblich soll ja Sabines Name gefallen sein, mehrfach! Dann muss die Zeugin ja mehr gehört haben. Dann muss sie eigentlich ganz genau wissen, worum es in dem Gespräch ging und vor allem, in welcher Atmosphäre das Gespräch stattfand.
Für unseren Fall hier wären diese Einzelheiten durchaus interessant. Ich verstehe natürlich, dass die Polizei nicht alles berichtet, wobei die Informationspolitik genau dieser Beamten hier sehr merkwürdig ist.
Dann also die wichtigsten "Gesprächsteile," welche die Zeugin aufgeschnappt haben will:
Soweit ich mich erinnere sind das nur zwei Äusserungen:
"Papa lass das!" und "Spinnst Du?" oder so was in der Art.
Auch da wäre natürlich interessant zu wissen, wie das gesagt wurde. Lachend, lustig, fröhlich, ärgerlich, ängstlich, überrascht, in Panik?
Denn das kann nun wirklich einen gewaltigen Unterschied machen: Ein Mädel, das lustig/lachend sagt: "Papa lass das!" kann darauf reagieren, dass er ihr an den Haaren gezogen hat, sie lachend und übermütig in Richtung See geschubst hat, und was weiss ich alles. Alles harmlose Dinge.
Klang der Ausruf verärgert, kann es immer noch ganz harmlos gewesen sein. Meine Teenagertöchter mögen es nicht fotografiert zu werden, ich finde man kann nie genug Familienfotos haben... da kommt schon mal ein entnervtes "Papa lass das" wenn ich mal wieder die Handykamera auf sie richte.
Oder war es ängstlich? Gar in Panik? Machte "Papa" hier etwas, was dem Mädel aus gutem Grund Angst machte?
Und warum sagt die Mutter eigentlich fast nichts? "Spinnst Du?" Ist das alles? War da nichts weiter. Hat der Vater vielleicht das Mädel nassgespritzt und sie rief lass das und Mama denkt an die nassen Klamotten nachher und sagt "spinnst du?" Oder ist sie komplett entgeistert? Ist auch sie in Panik? Ist eher Angst oder Wut in ihrer Stimme? Oder beides oder nichts von Beidem?
Und vor allem, wie ging es weiter? Gerade in dieser dramatischen Szene bricht der Bericht ab. Das ist komplett unrealistisch.
Und vor allem: die ganze Zeit hören wir nichts von "Papa." Nicht ob er lacht, brummt, böse oder aufgedreht ist, wütend oder vielleicht genau das Gegenteil, vor Wut ganz leise spricht usw.
Und dann die merkwürdigen Geräusche, die natürlich von Bild so dargestellt werden, dass jeder -Dramatik an- an zwei Schüsse denken soll.
-Dramatik aus.-
Der ganze Bericht vom Mühlenteich sagt uns rein gar nichts. Wie ich oben deutlich gemacht habe, kann alles mögliche gewesen sein. Wir können ewig spekulieren, was diese Szene, wenn sie sich denn so ereignet hat, und unsere Beteiligten dabei waren, überhaupt zu bedeuten hat.
Nun will ich, um das zu verdeutlichen, mal das Szenario beschreiben, das der geneigte Katastrophenjournalismusfan natürlich sofort vor Auge hat:
Bereits innerlich vor Wut kochend gehen, aus irgendeinem Grund, Vater und Mutter und Kind noch um den See. Und auf einmal, ohne an irgendwelche Zeugen zu denken, und vor allem ohne irgendwas zu sagen, zieht Vater die Pistole und richtet sie auf Mama. Der entfährt nur ein entgeistertes: "Spinnst Du?" Und das Mädel ruft ängstlich: "Papa, lass das!" Ihre letzten Worte. Denn dann fallen zwei Schüsse.
Fein. Das ist ein Szenario, das die Leser des Boulevard in leichtes Gruseln versetzt und befriedigt.
Uns hier aber anscheinend nicht so recht. Und das hat Gründe!
Die Fragen, die man stellen sollte sind diese:
1. Dieses Szenario drängt sich förmlich auf, weil es so von der Presse dargestellt wurde. Und dann noch mit den Meldungen der Hundespuren verbunden so schön passt. Nur: wie war es eigentlich wirklich? Die Fragen, die ich oben alle gestellt habe, müssten erst einmal beantwortet werden, um feststellen zu können, ob dieses Szenario irgendetwas mit der Realität zu tun hat.
2. Wenn hier der Tatort liegt, was hat den Täter dazu bewegt, hier die Tat zu begehen, in Hörweite von Zeugen? Wie gelang es ihm, die Opfer dorthin zu bringen? Nichts in den bisherigen Ermittlungen macht es irgendwie plausibel, dass sich alle drei dort befanden.
3. Die Zeugin ist noch in Hörweite, was macht nun der Täter? Läuft erst mal um den Teich, sagen die Hunde. Und die Leichen? Unter grossem Platsch ins Wasser gefallen sind sie laut Zeugin nicht, denn die hat nichts dergleichen gehört, obwohl sie ja jedes Wort verstanden haben will. Wo blieben sie dann? Einfach auf dem Weg? Und keiner hat's gesehen?
4. Und was dann? Offensichtlich sind die Leichen nicht mehr am Weg. Hat der Täter sie später in den See geworfen, was die Suche der Polizei viel später erst einmal nicht bestätigen kann. Das wäre aber das Naheliegendste gewesen. Vor allem bei einem Täter, der eine Affekttat begangen hat. Aber gut, keine Leichen da. Hat er sie nun abtransportiert? Wie? Wie nah kann man mit dem PKW dorthin kommen? Und was macht eigentlich unsere Zeugin die ganze Zeit?
Ihr kommt sicherlich noch auf viele weitere Fragen.
Aber die, welche mich am meisten hier nun bewegt ist die, die
@Robin76 oben gestellt hat: während der ganzen Zeit kein einziges Wort vom Täter? Das kann ich mir schwer vorstellen.
Oder war am Ende doch alles ganz anders? Wie glaubwürdig ist die Zeugin?