MissMary schrieb:Die Frage ist, was XY in diesem Fall bringen könnte (außer jeder Menge Pseudoerinnerungen).
Das ist eine sehr gute Frage, die sich viele, die "Aktenzeichen XY, sofort!" rufen offensichtlich nicht so recht stellen (in diesem Fall wie auch in vielen anderen).
Gehen wir doch mal ganz pragmatisch vor und überlegen, wie so ein Film aussehen könnte:
Man wird also BA zeigen, wie sie sich von ihrer Familie verabschiedet, zum Hahn fährt, dort ihre Sachen ins Apartment räumt, ihre Arbeit an der Wetterstation aufnimmt, dann wird ihr Bruder kommen, ins Apartment schauen, die herumstehenden Sachen sehen, ins Büro gehen, mit BA plaudern und sie wird dann rausgehen nachdem ihr Bruder übernommen hat.
Außerdem kann man den Film noch mit persönlichen Aspekten garnieren, indem man BA zeigt wie sie wandert oder strickt, man erzählt irgendwie noch von den Enkelkindern ("Bald hat die Oma mehr Zeit mit Dir zu spielen, freust Du Dich?").
Dann Schnitt, evtl. noch eine Szene mit der Familie, wie sie sich Sorgen macht und schließlich der klassische Pilzsammler mit seinem eben so klassischen Fund.
So weit, so traurig aber eben auch so banal.
Und dann kommen die offenen Fragen, die der Reihe nach abgespult werden: Wer hat sie wann wo auf dem Gelände des Flughafens oder in Lautzenhausen gesehen, wer hat gesehen wie das Auto abgestellt wurde und wann? Dann zeigt man noch die im Wald gefunden Gegenstände (Klappbox, Handschuhe...) und fragt, wer etwas dazu sagen kann, ob die BA gehört haben oder nicht.
So, und nun? Was kann dann passieren? Dass jemand aus Hamburg, München, Berlin anruft, der noch nie etwas von dem Mord gehört hat, aber sich natürlich spontan noch ganz genau erinnert, dass er diese Frau am Morgen des 4. April 2015 um 10.55 Uhr noch in der Eingangshalle gesehen hat. In Begleitung eines Mannes, den er natürlich so genau beschreiben kann, dass es möglich ist, ein Phantombild zu zeichnen.
Ja, kann man erwarten. Wird aber realistischerweise nicht passieren.
Etwas anderes wäre es z. B. wenn BA irgendwie viele, nicht mehr so ganz überschaubare Kontakte überall hin gehabt hätte. Dann wäre es sinnvoll, sich an ein breit gestreutes Publikum zu wenden, damit dann evtl. wirklich jemand aus Hamburg, München, Berlin anruft, der sie gekannt hat, zu dem der Kontakt aber abgebrochen war und der vielleicht gar nicht wusste, was mit ihr passiert ist. Und der dann im Idealfall weitere Leute benennen kann, die ebenfalls mit ihr Kontakt hatten, die aber auch nichts von ihrem traurigen Schicksal wissen.
Oder wenn es irgendeinen Tatverdächtigen gäbe, nach dem bzw. dessen Auto man fragen könnte.
Dann wäre das wirklich lohnenswert und wahrscheinlich auch längst passiert.
Aber ganz offensichtlich war es nach dem was wir wissen ja eben so, dass BAs Leben in "geordneten Bahnen" (wie Eduard Zimmermann gesagt hätte) abgelaufen ist. Ganz offensichtlich überhaupt keine Spuren, die auf ein "dunkles Geheimnis" hindeuten, dass sie "mit sich herumgetragen hat" (wieder im Stil von Ede formuliert).
Also auch keine Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendeine außenstehende Person meldet, die mehr über diese "verborgene Seite" sagen kann. Und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass jetzt plötzlich ein Zeuge aus Hamburg, München, Berlin auftritt, der am besagten Tag vor fast zehn Jahren spontan im Wald von Lautzenhausen spazieren gegangen ist und sich nun daran erinnert, dass da doch so ein Mann mit einem Plastikpaket....
Man muss sich ganz klar fragen, ob der zu erwartende Erfolg den Aufwand rechtfertigt, auch im Hinblick auf andere Fälle die mehr Erfolg versprechen. Das ist nun mal keine Unterhaltungssendung, die irgendwelche Kriminalfälle nachspielt damit das Publikum sich schaudernd auf dem Sofa zurechtkuschelt und auf den Mörder wartet.