Die Hypothese, dass er sich in Ängste um sein Ohr hineinsteigerte (unter welche ICD-10-Diagnose das auch fallen mag), bringt für mich alles unter einen Hut und löst alle Widersprüche auf:
Sein gesamtes merkwürdiges Verhalten, das Gefühl einiger Beobachter des Falls, er wollte noch dableiben (wollte er auch, aber nur, weil Fliegen für ihn in dem Moment schlimmer war), das Hinauszögern einer Entscheidung und die Zuspitzung der Krisen nach den Arztbesuchen, die Zeichen, das Land verlassen zu wollen und die Rückzieher, die Panikattacken und die Entspannung, den anhaltenden Kontakt zu seiner Mutter, der ihn nicht genervt hat, sondern ihm vielmehr Halt gab.
Mysteryhexe22 schrieb:Aber es ist fernliegend, das er nicht danach sofort noch ins KH fuhr sondern lieber mit seinen Freunden chillte, wenn er sich solche Sorgen machte.
Nein. Nicht, wenn seine Freunde seine übertriebene Panik nicht mitbekommen sollten.
Darum erwähnte er ja auch immer wieder den Vorwand mit dem für die Arbeit im Kraftwerk wichtigen Gehör:
inci2 schrieb am 08.06.2015:Am letzten Nachmittag machte Lars sich Sorgen, daß er durch die Verletzung vielleicht größere Schäden beim Flug erleiden könnte. Sein Gehör sei sehr wichtig für seinen Beruf, sagte er immer wieder.
Es ging ihm um sein Ohr, das ergibt sich klar aus dem, was er sagt und was er macht. Sein Ohr war kein Vorwand, sondern der wahre Grund seines zunehmend seltsamen Verhaltens.
Vor dem Arztbesuch im Flughafen war er gefasst, im Arztzimmer überkam ihn die Angst jedoch wieder:
Obsi schrieb am 13.09.2020:Ja, ich kann mich erinnern und zwar sehr gut. Während der ganzen Zeit fiel uns sein Verhalten, seine Reaktionen auf. Er war unruhig. Er war definitiv unruhig.
Das passt sehr gut zu Angst um sein Ohr in Verbindung mit dem, was der Arzt sagte, in Verbindung mit dem Formular und dann noch mit der Frau, die aussieht wie eine Flugbegleiterin.
Weniger gut passt es zu einer Verärgerung über seine Mutter.
lucyvanpelt schrieb:Also ehrlich gesagt,diesen Satz wuerde ich in der Beurteilung komplett aussen vor lassen. Er wurde nur in diesem RTL Bericht dem FH Arzt unterstellt.
Für mich steht der Satz "Ich will nicht sterben" nach wie vor im Raum, aber da er mit der Toilettenausrede kollidiert (beides gleichzeitig passt nicht) , würde ich diesen Satz in Verbindung mit der Patientenaufklärung sehen und die Toilettentschuldigung mit dem Abgang nach dem Reinschauen der Flughafenangestellten.
schlumsi schrieb:Vom Arzt hat er sich grünes Licht für den Flug erhofft - also dass dieser seine Ängste komplett zerstreut und ihn beruhigt (was auch die Intention der Mutter war, als sie Lars riet, zum FHarzt zu gehen).
Der Arzt kann Lars' Angst jedoch nicht auflösen, im Gegenteil:
Ja, so passt der Ablauf. Er hat sich etwas vom Arzt erhofft und das Gegenteil ist eingetreten. Und auch hier ist die Verbindung zu Ohrerkrankung und Angst sehr viel naheliegender als irgendwelche Bescheinigungen für den Ausstiegsplan.
Adefeu schrieb:Das könnte auch erklären, dass er die ersten Meter auffallend schnell läuft. Sobald er den FH verlassen hat, joggt er nur noch
Richtig, auch das passt.
alex36m schrieb:Warum ging LM nicht schon vor 9.21 zum Arzt?
Ich denke, er hatte sich vorher überlegt, mit dem WU-Geld ein Taxi zu nehmen, wenn die Auslandskrankenversicherung den Transport nicht übernimmt.
Da es nicht zu einem Rückruf kam, vermutlich weil der Akku leer war, hat er umdisponiert. Er hat sich ausgeruht, war wieder entspannt und ist zum Arzt gegangen, wo er dann alles andere als beruhigt wurde.