Vermisstenfall Lars Mittank
26.07.2020 um 13:42
Der Grund, warum mich dieser Fall besonders beschäftigt, ist eigentlich der, dass ich kurze Zeit nach Lars ebenfalls am Goldstrand war. Ich habe 2014 mein Abitur gemacht und da unsere Abikasse nicht mehr allzu voll war, musste etwas Günstiges her und die Abschlussfahrt des Jahrgangs ging nach Bulgarien. Das war mein erstes und zugegeben auch mein letztes Mal dort, ich würde dort freiwillig nicht mehr hinreisen.
Lars war damals natürlich Thema und fast jeder aus der Gruppe und auch aus anderen Schülergruppen fragte einen, ob man von dem Deutschen gehört hätte, der verschwunden ist. Natürlich hatte jeder eine Story auf Lager, von einer wilden bulgarischen Mafia, von Drogendealern und die aktbekannten Urban Legends zum Thema Organhandel (nein, ich möchte keinesfalls dazu aufrufen, diese äußerst schwachsinnige Theorie wieder zu diskutieren!) wurden auch wieder heraus gekramt. Es kennen sicher alle die Geschichten, bei denen Partygängern angeblich Spritzen in die Arme gerammt werden, die entweder sofort süchtig machende Substanzen oder HIV infiziertes Blut enthalten oder in denen junge Männer morgens in heruntergekommenen Hotels aufwachen und feststellen, dass sie in einer Badewanne voller Eis liegen und eine Narbe auf der rechten oder linken Seite haben, da man ihnen eine Niere entfernt hat. Und jeder kennt natürlich jemanden, der jemanden kennt, dessen Schwippschwager einen Freund hat, dem das passiert ist. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendjemand wirklich glaubte, ihn finden zu können oder dass besonders nach ihm Ausschau gehalten wurde, zumindest von den Partygängern nicht. Nach meiner Auffassung war das im Empfinden der Leute einfach ein missglückter Partyurlaub.
Die Vermutungen, die ich (wohlgemerkt 2014, kurz nach seinem Verschwinden) mit Abstand am häufigsten gehört habe, beinhalteten aber fast alle den Konsum von Drogen, ob bewusst oder unbewusst, mit anschließendem Horror Trip und einer unglücklichen Verkettung von Ereignissen. Ich weiß nicht, ob Lars Drogen genommen haben könnte, ohne, dass man an seinen Habseligkeiten spuren davon hätte finden müssen, da stellt sich eben die Frage, ob nur der Besitz und das Mitführen der Drogen nachgewiesen werden können oder auch der bloße "von der Hand in den Mund" Konsum.
Ich empfinde es so, als ob die Stimmung bei Lars bereits vor Abreise der Freunde kippte, etwa zum Zeitpunkt der angeblichen Schlägerei mit den Bayern Fans und dass die Geschichte rund um Lars sich ab da immer weiter zuspitzte und einfach einen unglücklichen Verlauf nahm. Ich denke, dass er nach Verlassen des Flughafengebäudes nicht mehr lange gelebt hat und deshalb bis heute jede Spur von ihm fehlt. Warum er beim Arzt plötzlich den Entschluss fasste, sich aus dem Staub zu machen und ob dieser Entschluss bei klarem Verstand gefällt wurde oder nicht, weiß wohl nur Lars und ich fürchte leider, dass er diese Information mit ins Grab genommen hat. Selbst wenn er eine Kurzschlussreaktion hatte und aufgrund dieser den freiwilligen Ausstieg gewählt hat, glaube ich nicht, dass er mit einem gerissenen Trommelfell und ohne sein gesamtes Hab und Gut und nennenswerte Mengen Bargeld lange durchgehalten hat.
Die Informationen, die von der FLM Seite gegeben werden, sehe ich auch nicht unbedingt als brauchbar an. Die Seite ist in der Vergangenheit schon öfter dadurch aufgefallen, sich widersprechende Informationen herauszugeben und Dinge, die vor Jahren in Interviews genau so gesagt wurden, plötzlich zu verneinen. Allein zum Antibiotikum wurden mWn vier verschiedene Versionen verbreitet. Wohingegen die Ermittlungsbehörden sich grundsätzlich eher bedeckt halten. Und von Informationen, die von irgendwelchen Detekteien zusammen gesammelt wurden, die dafür bezahlt werden, dass sie der Mutter die Informationen liefern, die sie haben will, halte ich auch nicht wirklich viel. Deren Theorien werden auch gedreht und gewendet, wie es gerade passt. Komischerweise hört man auch von den Freunden, die nunmal als Einzige dabei waren und wissen, wie Lars sich vor Ort verhalten hat und wie die Tage im Einzelnen abgelaufen sind, so gut wie gar nichts.