Andante schrieb:Das weiß niemand. Insofern ist es auch müßig, zu spekulieren über das „Was wäre, wenn“.
Aber genau das wird hier doch immer wieder getan. Siehe z.B. Ohrenstöpsel.
Andante schrieb: Nach der Beschreibung im Urteil waren die Tolls nicht gerade eine normale Familie, die man sich unbedingt als Nachbarn gewünscht hätte.
Stimmt. Und was Herrn Toll betrifft, kannst du das auf Babenhausen ausweiten.
Andante schrieb:Nicht nachvollziehbar ist, was den Tolls dann angetan wurde.
Wann immer ein Tötungsdelikt in den Medien steht, stelle ich mir die Frage nach dem Warum. Eine Antwort bekommt man aber nur, wenn der Täter auspackt und vollumfänglich gesteht und wahrheitsgemäß über seine Motivation spricht. Ob man dessen Motiv dann nachvollziehen kann, ist eine individuelle Frage. Manchmal kann ich's, meistens aber nicht. Falsch ist es ohne Zweifel!
Jemand hatte offensichtlich ein gehöriges Motiv für die Tat in Babenhausen. Kann auch ein AD zum Mörder werden? Ich sage: ja. Das denke ich aber grundsätzlich von jedem Menschen.
Andante schrieb:Andersrum. Es kann doch nicht sein, dass der davonkommt, der durchgehend seine Unschuld beteuert, obwohl alle Indiziengegen ihn sprechen. Dann wären wir dabei, dass nur noch das Geständnis als alleiniger Beweis zählt. Derjenige, der gesteht, wäre schön doof, und nur die Leugner kämen durch? Das wäre ja wohl kaum rechtsstaatlich, und würde sich das rumsprechen, gäbe es überhaupt keine Geständigen mehr, sondern nur noch Indizienprozesse.
Ach was. Geständnisse sind nur dann etwas wert, wenn die überprüfbar und plausibel sind. Also stimmen. Du weißt doch selbst, dass es Menschen gibt, die eine Tat gestehen die sie nicht begangen haben. Ein Geständnis werte ich als Pünktchen auf dem i. Mehr aber nicht. Für den Täter ist es jedenfalls nützlich wenn es um die Frage nach dem Strafmaß geht. Wer gesteht, bekommt eventuell einen Rabatt. Mir sind handfeste Beweise lieber, weil die sehr viel weniger Fragen offen lassen als eine reine Indizienkette.
Andante schrieb:Die weitere Frage wäre, was wir dann noch als rechtserhebliche Indizien zulassen. Zeugenaussagen gar nicht mehr, auch zum Alibi, weil zu irrtumsbehaftet? Sachverständige auch nicht mehr, da zuuntuverlässig? Also letztlich nur noch DNA am Tatort ja oder nein, egal, wie die dahingekommen sein mag? Kann ja wohl nicht sein.
Zeugenaussagen... es gibt relativ viel Material über diese Thematik zum nachlesen. Für mich ein nicht unkompliziertes Thema. Am einfachsten ist ein Zeuge zu bewerten, wenn er zur Aufklärung eines Falles beitragen konnte.
:)Sachverständige? Da wird's dann schon um einiges heikler. Ich meine aber, dass z.B. technische Gutachten leichter zu überprüfen sind als psychiatrische.
DNS oder andere Spuren wie Finger- oder Fußabdrücke sollten ebenfalls nicht per se zu einer Verurteilung führen. Nehmen wir mal an, am Tatort in Babenhausen wäre DNS von AD gefunden worden und nehmen wir mal an, dass diese Hausbesichtigung vier Wochen vor der Tat stattfand. Was wäre deine Schlussfolgerung? Dass AD dann auf jeden Fall der Mörder war? Meine nicht. Wenn dazu aber noch die Tatwaffe im Hause Darsow gefunden würde, vielleicht auch die Munition dazu, dann wird's schon enger! Und wenn die Spusi einen Schuhabdruck in einer Blutlache sichern kann, der genau zu seinen Tretern passt, dann wäre ich mal auf seine Erklärung gespannt!
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich weder auf Zeugen oder Sachverständige verzichten würde. Die RichterInnen können unmöglich über alles Bescheid wissen und da braucht es Expertise. Es sind ja längst nicht alle Gutachten falsch und auch nicht alle Zeugenaussagen Müll.
Andante schrieb:Zurück zum Fall AD: was mir bei der Diskussion ganz gewaltig gegen den Strich geht, ist,dass ausschließlich das Gericht verantwortlich gemacht wird für mögliche taktische Fehler des Angeklagten, seiner Verteidigung, des Gesetzgebers in bezug auf geeignete Beweismittel (noch läßt der Gesetzgeber halt den Zeugenbeweis zu,und daran muss sich das Gericht halten, es macht ja nicht die Gesetze, es muss sie anwenden, Gewaltenteilung usw., klar).
Mir geht hier auch so manches gegen den Strich
:) Ist offensichtlich normal und auch nicht zu vermeiden. Nicht immer
:)Also ich mache das Gericht nicht dafür verantwortlich, dass AD's Verteidigung nicht gerade optimal war. Da kann die Kammer doch nichts dafür. Zudem muss man auch zugeben: wäre AD nicht verurteilt worden, würde kein Hahn nach seiner Verteidigung krähen.
Ich mache auch nicht den Richter oder den StA für die Gesetzlage verantwortlich. Auch nicht dafür, dass sie ihre Möglichkeiten ausschöpfen. Es kommt einzig und alleine darauf an, dass jeden von denen bewusst ist, welche Verantwortung sie eigentlich haben und wenn ich mir die Fälle der bekannten Justizopfer anschaue, dann kann hier niemand bezweifeln, dass manchmal etwas schwer in die Hose gehen kann. Ob das oft geschieht oder eher weniger, darauf kommt es mir nicht an. Jedes Justizopfer ist eines zu viel. Basta. Es würde bestimmt Gegenmaßnahmen geben, aber die will wohl niemand haben.
Andante schrieb:Sehe ich anders. In der heutigen Gesellschaft ist die Opferrolle zwar eine der beliebtesten. Sie entbindet so schön von Eigenverantwortung. Larmoyanz aber hilft in den meisten Fällen nicht weiter.
Mit diesem Satz wäre ich vorsichtig. Ich weiß aber was bzw. wen du meinst
:Y:Natürlich gibt es Täter die plötzlich Opfer sein sollen. Killt ein Flüchtling seine Ex, war er traumatisiert oder psychisch krank. Ein Serienmörder ist von Haus verprügelt oder sonst wie missbraucht worden. Es gab ja Anzeichen, die niemand deuten konnte oder wollte. Solche Stereotypen eben. Manchmal stimmen diese Ursachen für einen Kurzschluss, manchmal eben nicht. Ein Straftäter kann also sehr wohl auch Opfer sein. Ob die Opferrolle eine beliebte Rolle ist, weiß ich nicht. Wer ist schon gerne ein Opfer?